Endlich eine Frau? – May sitzt in der Falle
Mischen die Liberalen den lahmen Europawahlkampf auf? Heute wollen sie die EU-Wettbewerbskommissarin Vestager nominieren. Endlich mal eine Frau, die reale Chancen hat, Jean-Claude Juncker zu beerben. – Kaum noch Chancen hat hingegen Theresa May: Sie sitzt in der Brexit-Falle, der EU-Gipfel will noch mehr Daumenschrauben anziehen. Und dann ist da noch ein hoffnungsloser Fall.
Nein, sie ist keine Spitzenkandidatin im klassischen Sinn. Die europäischen Liberalen wollen Margrete Vestager vielmehr als Mitglied eines Kompetenzteams für die Europawahl aufstellen.
Offiziell nominiert werden soll die Wettbewerbskommissarin am Donnerstag von den europäischen Staats- und Regierungschefs aus den liberalen Parteien (ALDE). Es wäre ein starkes Signal.
Denn damit bietet sich erstmals die Möglichkeit, eine Frau zur nächsten Kommissionschefin zu machen. Noch dazu eine, die bewiesen hat, dass sie sich durchsetzen kann.
Erst am Mittwoch verhängte sie eine neue Milliardenstrafe gegen Google – wegen Missbrauchs der Stellung im Anzeigenmarkt im Internet. Das bewegt Märkte und Regierungen.
Vestager hat alles, was der deutsche Spitzenkandidat Manfred Weber nicht hat: Macht, Regierungserfahrung, intime Kenntnis der EU-Kommission und ihrer Prozeduren. Sie kann es.
Bis vor kurzem galt sie deshalb auch als Favoritin von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Doch seit sie die Fusion Siemens-Alstom untersagt hat, ist sie in Paris in Ungnade gefallen.
Könnte sie trotzdem Kommissionspräsidentin werden? Das hängt von Sozialdemokraten und Grünen ab. Sie müßten Weber blockieren und ihre Stimmen der Liberalen geben. Auch einige EVPler würden wohl gebraucht.
Bei den Grünen deutet sich schon ein Sinneswandel an. So erklärte der Sprecher der deutschen Grünen, Sven Giegold, dass er zunehmen Zweifel an Webers Eignung habe. Ähnliches hört man in Berlin.
Doch die Sozialdemokraten halten sich bedeckt – schließlich haben sie einen eigenen Spitzenkandidaten: EU-Kommissionsvize Frans Timmermans. Damit sie Vestager wählen, müßte sie eine soziale Ader zeigen.
So oder so ist die Kandidatur ein Game-Changer. Auch die FDP, die bei ALDE mitarbeitet, kommt wieder ins Spiel. Demgegenüber geraten CDU-Chefin AKK und CSU-Mann Weber in die Defensive…
Watchlist
- Was sagt der EU-Gipfel zum Brexit? Die britische Premierministerin Theresa May hat einen Aufschub bis 30. Juni gefordert. Doch Gipfelchef Donald Tusk will ihn nur gewähren, wenn London den EU-Austrittsvertrag ratifiziert. Und Frankreich will nur eine Verlängerung bis zur Europawahl Ende Mai zulassen. May sitzt in der Falle – sie muß etwas liefern, das sie nicht liefern kann. Es sei denn, die EU bewegt sich doch noch…
Siehe auch “Gefangen in Hotel California”
Was fehlt
- Die Aussetzung der EVP-Mitgliedschaft für Fidesz, die Regierungspartei von Viktor Orban. Das bedeute, dass die Fidesz nicht mehr an Parteitreffen teilnehmen dürfe, keine Stimmrechte mehr habe und keine Kandidaten nominieren dürfe, sagte EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber. Doch Orban stellte es ganz anders dar: Er habe die EVP vor den “Linken” gerettet – und werde nun Weber im Wahlkampf unterstützen. Ohje…
Siehe auch “AKK vs. Orban – wer hat das letzte Wort?”
Kleopatra
22. März 2019 @ 11:26
Als erstes müsste der Europäische Rat Vestager nominieren. Das wäre die spannendere Frage. Da dürfte zum Beispiel ein Bewerber, der sich mit dem französischen Präsidenten überworfen hat, schlechte Karten haben. Und wenn er dann auch noch im Konflikt mit Deutschland steht… Nein, in dieser Situation und nach dieser Entscheidung kann Vestager nichts sein als eine Zählkandidatin.
ebo
22. März 2019 @ 12:35
Abwarten. Das eigentliche Problem ist Dänemark, das Vestager (noch) nicht nominieren will. Aber das kann sich nach der Wahl noch ändern
Holly01
21. März 2019 @ 10:11
Ich schätze May tritt nach dem 29.03. zurück und dann gibt es im UK Neuwahlen.
Sollte die Verlängerung also so ausfallen, das das UK einerseits an der Wahl nicht teilnimmt, aber andererseits der Austritt nicht wirklich statt findet, dann hat der Brexit endlich den maximalen Schaden entwickelt.
Ich denke das sollte auch von Anfang an so sein. Eine maximale Dauer des Wirrwarrs und dann ein richtiger Knaller, der der EU zeigt, was das UK so drauf hat.
Das wäre wirklich das I-Tüpfelchen.
EU Wahl vor dem EuGH. EU völlig handlungsunfähig.
Wahlweise weil die UK Abgeordneten nicht gewählt wurden oder weil sie gewählt wurden, je nach Konstellation.
Die Franzosen scheinen das Problem zumindest zu sehen …
vlg