Ein Trump-Moment in Straßburg
Ein bisschen ist es wie bei den US-Republikanern: Erst gab es zu viele Kandidaten, dann verlor die Partei die Kontrolle – und schließlich setzte sich der Außenseiter durch. Er heißt Tajani und ist Berlusconi-Spezi.
Am Dienstag wurde er von der konservativen EVP, der auch CDU/CSU angehören, zum Kandidaten für die Nachfolge von Parlamentspräsident Schulz nominiert. Eine Ironie des Schicksals.
Denn Schulz war durch einen Wortwechsel mit Berlusconi im EP bekannt geworden. Nun soll ausgerechnet ein Berlusconi-Kumpel dem SPD-Genossen nachfolgen. Das Votum kam überraschend.
Es ist ein Trump-Moment, und das zur denkbar schlechtesten Zeit. Schließlich ist Tajanis Heimat Italien gerade in Turbulenzen, die EU steckt in der Dauerkrise, das EP in der Führungskrise.
Für Sozialdemokraten, Linke und Liberale ist Tajani nicht wählbar. Durchsetzen könnte er sich nur, wenn er sich von Rechtspopulisten vom Schlage Le Pens und Wilders dulden lässt.
Wir dürfen gespannt sein, ob Kanzlerin Merkel das mitmacht. Immerhin hat sie Tajani beim CDU-Parteitag in Essen empfangen. Ob sie heimlich ein neues Rechtsbündnis vorbereitet?
Siehe auch: Schulz hinterlässt einen Scherbenhaufen
Alexander
14. Dezember 2016 @ 11:01
Bei SPON wird übrigens spekuliert, ob sich durch die Kandidatur des Berlusconi-Parteigenossen nicht eine Mehrheit in der EVP für ein Ende der Sparpolitik abzeichnet (“letztlich ein Kandidat Südeuropas”).
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Als mittlerweile regelmäßiger Leser dieses Blogs hätte ich einen Wunsch: Besteht vielleicht die Möglichkeit, eine Funktion zu schaffen, die es erlauben würde, die Kommentare bestimmter Leute dauerhaft auszublenden? So, wie es jetzt ist, versuche ich den Blick auf den Kommentarbereich eher zu vermeiden …
Oudejans
14. Dezember 2016 @ 10:36
“Ob sie heimlich ein neues Rechtsbündnis vorbereitet?”
Dies wäre die logische Schlußfolgerung, wenn eine Physikerin stur, ja scheinbar autistisch eine Politik verfolgte, die eine neue Rechtspartei aufpilzen ließe.
Meine Vermutung geht immer mehr dahin, daß Kreise in diesem Land die als gegen Deutschland gerichtet verstandene EU umzudrehen versuchen.
Die AfD (wie auch die Morgenröte) wären aus dieser Sicht Kollateralnutzen.
Herzliches Einvernehmen mit der italienischen Rechten schiene da als traditionsreiche Option.
Wenn andererseits nicht einmal genügend technischer Sachverstand zur Verfügung steht, um sich russischer Cyber-, aber auch Hackerangriffe zu erwehren, die die Gesellschaft derer, die schon länger hier sind, zu spalten im Begriffe stehen – dann ist es vielleicht doch nicht so weit her mit dem Weltplan der Prof. Sauer.
S.B.
14. Dezember 2016 @ 09:40
“Wir dürfen gespannt sein, ob Kanzlerin Merkel das mitmacht. Immerhin hat sie Tajani beim CDU-Parteitag in Essen empfangen. Ob sie heimlich ein neues Rechtsbündnis vorbereitet?”
Merkel und ein neues Rechtsbündnis – wie soll das denn gehen? Die Frau kuschelt mit Linken und Grünen so heftig, dass vom ehemaligen CDU-Schwarz nur noch ein tiefes SED-Rot übrig geblieben ist.
ebo
14. Dezember 2016 @ 09:50
@S.B. Sorry, Sie sind farbenblind.
S.B.
14. Dezember 2016 @ 09:58
@ebo: Allein aus dem Umstand, dass politisch überall nur noch Rot zu sehen ist, kann man nicht auf (meine) Farbenblindheit schließen. Das würde noch weitere politische Farben voraussetzen. 😉
DerDicke
15. Dezember 2016 @ 06:37
Passt schon.
Aussetzung der Wehrpflicht, offene Grenzen, Atomausstieg,… – so etwas hätte sich nicht mal eine Rot / Grün Regierung getraut wenn sie an der Macht gewesen wäre (so wenig wie die Schwarzen sich getraut hätten H-IV zu beschließen). Scheinbar wird es toleriert wenn Regierungen Entscheidungen treffen, die Diametral entgegengesetzt zum Willen ihrer Wähler stehen.
Das kommt raus wenn sich alle um die “Mitte” streiten. Die Genossen fahren voll auf TTIP ab und scheren sich einen Dreck um die Arbeitslosen, Arbeiter und Angestellten die sie mit ihren Reformen in die Altersarmut getrieben haben, die Ex-Konservativen überholen die Grünen und die Grünen selbst haben mit Kretschmann einen Erz-Konservativen Ministerpräsidenten (die Grünen außerhalb BW kümmern sich nur noch um Quote, Gendering und Political Correctnes und sind kaum mehr ernstzunehmen).
Letztendlich kann man keine dieser Parteien mehr wählen, sie sind alle “entkernt” und stehen für absolute Beliebigkeit. Wo sind bei der CDU noch Personen die für konservative Werte stehen und konservative Programmpunkte? Jeder der es versuchen würde bekommt doch sofort die Nazi-Keule auf den Kopf gehauen, für Meinungen und Äußerungen die vor 25 Jahren absoluter Konsens waren (Grenzschutz, Abschiebung ausländischer Straftäter,…).
Als Ergebnis bekommt man mit der AfD jetzt einen Wolf im Schafspelz, eine vermeintliche Alternative für die Konservativen Wählergruppen – die laut Schätzungen die Mehrheit der Bevölkerung stellen (die Mehrheit der Bürger ist Wertkonservativ, auch wenn sie sich selbst anders sehen).