2 Comments

  1. Klaus Draeger
    11. Oktober 2021 @ 17:55

    Zu ‘Polen stürzt Europa in eine Verfassungskrise’:

    Hat das Bundesverfassungsgericht (BVerG) in Deutschland dies nicht auch mehrmals versucht? Erinnert sei an seine Historie der ‘Solange-Urteile’. Der Tenor stets: solange die EU nicht in den Kern der vom Grundgesetz garantierten Bereiche eingreift, sei der Vorrang des EU-Rechts zu akzeptieren. Und eigentlich bei jedem Punkt, der bei diesbezüglichen Beschwerden aufkam, ist das BVerG stets zurück gerudert (obwohl die Mehrheit der RichterInnen zuvor ganz anders argumentierten).

    Ein kleines Beispiel dazu hier:
    https://www.zeitschrift-marxistische-erneuerung.de/article/3069.bundesverfassungsgericht-kontra-europaeische-zentralbank-vom-tiger-zum-bettvorleger.html

    Das BVerG steht in der deutsch-konservativen ordoliberalen Tradition. Das polnische Verfassungsgericht in der Tradition des polnischen Staatsverständnisses der Zwischenkriegszeit (WWI – WW II; des Pilsudski Regimes).

    Bei beiden geht es im es im Kern darum, ob die nationalstaatliche Verfassung Vorrang vor dem EU-Recht hat oder nicht, welche Eingriffe zu tolerieren sind oder nicht. Ich habe keine Sympathie für die national-konservative Regierung Polens, ihren politischen Kurs und was sie so macht.
    Insofern: gleicher Maßstab für alle – oder nicht?
    Politisch & ökonomisch driftet die EU weiter auseinander – trotz gegenteiliger Behauptungen. Dass Polen die EU in eine Verfassungskrise stürzen würde, ist nur ein Ausdruck dieser schon längeren Entwicklung. Wie sich das entwickelt – schauen wir mal …

    • ebo
      11. Oktober 2021 @ 18:20

      Aus linker Perspektive müsste man nun natürlich auf die Marktfixierung des EuGH hinweisen. Das höchste EU-Gericht urteilt regelmäßig auf der Basis des Binnenmarkts und der Marktfreiheiten – und oft gegen soziale Rechte und Freiheiten. Insofern gibt es keine allzu großen Unterschiede zum Bundesverfassungsgericht – außer bei der Finanzverfassung und beim Euro, wo Luxemburg zur EU und zur EZB hält und Karlsruhe zu Deutschland und zur Bundesbank. Unvereinbar ist das nicht. Da ist das Urteil aus Warschau von ganz anderem Kaliber…