Die Komplott-These (Update)

Machen US-Medien gezielt Stimmung gegen den Euro?

Seit den Attacken gegen Italien, Spanien und Frankreich ist die These eines Komplotts gegen den Euro wieder en vogue. Zuletzt sprach die Chefin des französischen Arbeitgeberverbands Medef, L. Parisot, von einem „orchestrierten Vorgehen“ gegen die Währungsgemeinschaft – vor allem die US-Medien schürten Vorurteile. Ähnlich denken offenbar viele Leser dieses Blogs: Mehr als jeder Dritte glaubt, dass die USA den Euro regieren!

Dies ergab meine am Montag gestartete Umfrage. Rund 37 Prozent der bisher fast 200 Teilnehmer sehen die USA am Ruder. An zweiter Stelle kommt Deutsche-Bank-Chef Ackermann (19 Prozent), an dritter Stelle stehen die Märkte (16 Prozent). Die „offiziellen“ Euro-Chefs Trichet, Juncker und Rehn sind mit sieben, zwei und weniger als ein Prozent weit abgeschlagen. Auf die USA und die Märkte entfallen zusammen mehr Stimmen als auf die gesamte EU-Riege (aktuelle Details lassen sich unten abrufen, die Umfrage läuft noch bis Ende September).

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam jetzt der ARD-Deutschlandtrend. Letztlich, so glauben 74 Prozent, entschieden über die Zukunft des Euro nicht Politiker, sondern die Finanzmärkte. Überraschend sei das nicht, heißt es auf der Website der ARD: Schließlich hätten spekulative Attacken gegen den Euro die Politik im Sommer in Atem gehalten. 

Allerdings lässt sich nicht nachweisen, ob es sich tatsächlich um ein „Komplott“ handelt, oder ob die Märkte einfach nur dem Herdentrieb folgen. Zwar gibt es immer wieder Hinweise auf ein gezieltes Vorgehen der Hedgefonds, so erst gestern wieder bei „Spiegel online“. Eine Untersuchung des US-Justizministeriums verlief jedoch vor einem Jahr im Sande. Damals hatten sich Hedgefonds-Manager in einem New Yorker Restaurant getroffen und angeblich ein gezieltes Vorgehen gegen den Euro verabredet. Beweisen ließ sich dies aber nicht.

Auch die Französin Parisot konnte ihre jüngsten Vorwürfe nicht belegen. ‚Seien wir nicht naiv“, sagte sie dem Pariser Figaro. „Europa wurde angegriffen, nicht etwa weil es schwach, sondern weil es stark ist.“ Das sei „eine Art psychologische Kriegsführung“. Aber Medienkampagnen lassen sich meist ebenso wenig auf einen „Drahtzieher“ zurückführen wie Mobbing-Attacken. Parisot musste sich denn auch reichlich Kritik gefallen lassen.

Eins lässt sich allerdings mit Bestimmtheit sagen: Dass die spekulativen Attacken ausgerechnet Griechenland, Italien, Spanien und Portugal treffen, und nicht etwa Österreich oder Belgien, ist kein Zufall. Schließlich waren die so genannten „PIGS“ schon vor zwei Jahren (also vor Ausbruch der Krise) von angelsächsischen Analysten aufs Korn genommen worden. Seither werden die designierten Opfer systematisch attackiert – so lange, bis sie fallen.

Dass es zuletzt auch Frankreich erwischte, hatte sogar tatsächlich mit den USA zu tun. Denn deren „Triple A“-Rating wankt – und so kamen neunmalschlaue (oder besonders perfide) Analysten auf die Idee, sich auch einmal die anderen „Triple A“-Kandidaten näher anzuschauen. Frankreich gilt dabei als schwächstes Glied in der Spitzenriege.

Daraus allerdings gleich die Behauptung zu machen, Frankreich sei ein „Pleitekandidat“, ist schon sehr weit hergeholt…

 

Nachtrag 7.9.11

Brasiliens Ex-Präsident Lula glaubt offenbar auch an ein Komplott der USA gegen den Euro. „Es ist nicht fair, dass Portugal, Griechenland und Spanien sowie andere kleinere Länder für die Krise zahlen, die von der nordamerikanischen Bankenspekulation verursacht wurde“, so Lula laut BoerseGo.

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