Die Fehler der Euro-Retter

Das trio infernale hat sich doch noch geeinigt – mehr oder weniger

Nun haben sie es also doch noch geschafft, ein Paket zur Euro-Rettung zu schnüren. Die 17 Euro-Chefs haben einen 50prozentigen Schuldenschnitt in Griechenland beschlossen, sie wollen die Banken rekapitalisieren und den Rettungsschirm EFSF stärken (eine gute Zusammenfassung findet sich im BlickLog). Wie der EFSF-Hebel genau funktionieren und wer ihn finanzieren soll, ist aber auch nach dem tagelangen Gipfel-Marathon immer noch offen. Außerdem beruht der Rettungsplan auf vielen falschen Annahmen.

Schon die Diagnose der Krise ist fehlerhaft: Es geht nicht, wie die Fixierung auf Griechenland und Italien nahelegt, um nationalstaatliche Schuldenprobleme, die nun ein für allemal gelöst werden könnten. Die Schuldenkrise beruht in Wahrheit auf einem Strukturproblem der Eurozone, in dem einige Länder wie Deutschland immer höhere Leistungsbilanz-Überschüsse produzieren, und andere – wie Griechenland – immer mehr Defizite. 

Der Euro leidet unter massiven wirtschaftlichen Ungleichgewichten. Ein Schuldenschnitt reicht da nicht aus, zumal die Roßkur des Kürzens und Privatisierens die Lage in Athen weiter verschlimmert. Eine erfolgversprechende Therapie müsste vielmehr versuchen, etwas gegen Defizite UND Überschüsse in Euroland zu tun, und Athen endlich wieder Wachstumsimpulse zu geben.

Doch dazu hat der Gipfel nichts beschlossen. Statt dessen hat man wieder einmal Zeit gekauft – bis zum nächsten Gipfel. Die Gefahr, dass die Krise sich zwischendurch ausweitet und Länder wie Itaien oder spanien erfasst, ist längst nicht gebannt, wie auch M. Schieritz warnt – dabei war das dochdas wichtigste Ziel des Gipfel-Theaters. 

Völlig verfehlt ist schließlich die Methode, mit der der Euro gerettet werden soll. Zwischenstaatliche Vereinbarungen, die in immer neuen Gipfeln von Experten in Hinterzimmern ausgehandelt werden, brauchen nicht nur viel zu viel Zeit, bis sie endlich zustande kommen. Es dauert auch viel zu lange, bis sie umgesetzt werden, wie die Ergebnisse des letzten Krisengipfels von Ende Juli zeigen. Sie sind sang- und klanglos im Papierkorb verschwunden – die Realität ist längst über sie hinweggegangen.

Auch das deutsch-französische Führungsduo hat sich überlebt. Merkel hat Sarkozy an die Wand gespielt, Italiens Regierungschef Berlusconi gedemütigt und Ratspräsident Van Rompuy zum Statisten gemacht. Der deutsch-französische “Motor” wurde, nicht zuletzt durch das Bundestags-Votum, durch ein Modell made in Germany ersetzt – es ist nur eine Frage der Zeit, wann die anderen EU-Staaten aufmucken. Großbritannien hat sich schon laut geräuspert.

Natürlich wird es auch künftig nicht ohne Berlin und Paris gehen. Doch Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy sollten endlich aufhören, anderen Staaten die Hilfskonditionen zu diktieren. Wohin das führt, hat man in Irland, Portugal und jetzt wieder in Italien gesehen: zum Sturz der Regierungen. Auch in den Geberländern wächst das Mißtrauen, wie die Unzufriedenheit in Deutschland zeigt. 

Die Eurozone braucht eine demokratisch legitimierte Regierung, die nicht nur an Stabilität und Strafen denkt, oder die „Rettung“ führt in den Untergang des sozialen und demokratischen Rechtsstaats in Europa. Als nächstes wollen Merkel und Sarkozy offenbar die EU-Verträge ändern. Das wäre doch eine gute Gelegenheit, endlich ein wenig Demokratie zu wagen… 

 

 

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