Unabhängigkeit adé?

Der Chef des Euro-Rettungsfonds sucht sein Heil in Peking

Nach dem Euro-Krisengipfel richten sich nun alle Augen auf China. Die chinesischen Staatsfonds sollen helfen, den Euro-Rettungsschirm EFSF zu stärken. EFSF-Chef Regling ist dafür eigens nach Peking gereist, auch Frankreichs Präsident Sarkozy antichambriert im Reich der Mitte. Gelingt das finanzpolitische Manöver, so wird die Eurozone von China abhängig – auch die EZB wäre in ihren Entscheidungen nicht mehr frei.

Wer sitzt am längeren Hebel, Merkel oder Sarkozy? Diese Frage habe ich letzte Woche in diesem Blog aufgeworfen. Die Antwort ist nach dem Krisengipfel klar: Merkel hat sich mit ihrem Modell für den Finanzhebel durchgesetzt. Der EFSF soll nun Staatsfonds aus aller Welt anzapfen, um seine „Feuerkraft“ zu erhöhen und Krisenländer wie Italien vor neuen spekulativen Attacken zu schützen. 

Bisher kümmert sich darum die EZB, indem sie italienische Staatsanleihen kauft. Sarkozy wollte erreichen, dass der EFSF künftig wie eine Bank funktioniert, und sich in letzter Instanz bei der EZB Geld besorgen kann – was eine quasi unbegrenzte Feuerkraft bedeutet hätte. Die Eurozone hätte sich also unabhängig von Märkten und Mächten verteidigen können. Merkel lehnte ab – und setzte sich durch.

Offiziell wird dies in Berlin mit Sorgen um die Unabhängigkeit der EZB begründet. Doch in der Praxis führt dies nun dazu, dass Italien und die EFSF-Garanten, allen voran Deutschland, vom Goodwill der Chinesen, Kataris und anderer politisch zweifelhafter Potentaten abhängig werden. Auch die EZB bleibt davon nicht unberührt: Kommt nicht genug Geld aus fremden Staatsfonds zusammen, muss sie doch wieder selbst intervenieren.

In Frankreich hat diese strategische Wende heftigen Widerspruch ausgelöst. Die Sozialisten protestieren, manche sprechen von einem „Pakt mit dem Teufel“. Auch Währungskommissar Rehn warnt: „Letztlich würde es bedeuten, dass Chinesen, Brasilianer und Russen indirekt einen Platz am Tisch der Euro-Zone bekämen. Eine solche Entscheidung hätte eine nicht zu unterschätzende strategische Bedeutung“, zitiert ihn Spiegel online.

Doch die Große Koalition in Deutschland, die Merkels Pläne im Bundestag absegnete, schweigt. Dabei ist dies bereits das zweite Mal, dass die Kanzlerin die Eurozone in eine strategische Abhängigkeit führt. Schon 2010, zu Beginn der Griechenland-Krise, setzte sie durch, dass der IWF an der Stützung Athens beteiligt wird – gegen den Widerstand der EZB und Sarkozys.

Im Sommer haben Bedenken des IWF dazu geführt, dass Griechenland fast pleite gegangen wäre. Nun stellen die Chinesen Bedingungen, wie die Zeit meldet. Vermutlich werden sie verlangen, dass die EU keine Kritik mehr an ihrer Wirtschaftspolitik übt und versuchen, ihre Währung künstlich unterbewertet zu halten.

 Wenn das so weiter geht, endet die “Rettung” des Euro mit einem strategischen Waterloo für Europa…

 

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