Die Crux mit Junckers Masterplan

Niemand kennt den „Masterplan“, über den Kanzlerin Merkel mit Innenminister Seehofer streitet. Aber wir kennen den Entwurf von EU-Kommissionschef Juncker für seinen Merkel-, pardon: Asylgipfel. Er liest sich wie ein Seehofer-Papier.

So geht es los:

Faced with the various challenges of migration, we underline our full respect of the right to asylum and the fundamental values enshrined in international and European law, including the principle of non-refoulement. At the same time, it is crucial to further reduce illegal migration to Europe as well as secondary movements within the European Union.

Also ein Lippenbekenntnis zum Asylrecht – und dann gleich die Keule gegen „illegale“ Migration (früher hieß es „irreguläre“) und den „Asyltourismus“ („secondary movements“).

„Es gibt kein Recht, sich den Mitgliedstaat frei auszusuchen, in dem man Asyl beantragt“, heißt es weiter. „Wir werden einen flexiblen gemeinsamen Rücknahmemechanismus nahe an den Binnengrenzen einrichten.“

Das ist so ziemlich genau das, was Seehofer fordert. Der will registrierte Migranten zwar direkt an der Grenze abweisen – aber „nahe an den Binnengrenzen“ ist immerhin nah dran, zumal auch Bahnhöfe kontrolliert werden sollen.

Aus dem Hause Juncker kommt also ein Papier, das auf die Forderungen eines einzelnen Innenministers (Seehofer) eingeht, um einer Regierungschefin (Merkel) zu helfen. Ein in der EU-Geschichte ziemlich einmaliger Vorgang.

Doch auch Junckers Masterplan hat einen Haken.

Er führt nämlich – genau wir Seehofers Vorstoß – zu einem Domino-Effekt. Wenn Deutschland Flüchtlinge an der Grenze zurückweist, werde Österreich dasselbe tun, kündigte Kanzler Kern an.

Genau diesen Domino-Effekt wollen Merkel und Juncker doch verhindern! Oder vielleicht nicht? Geht es am Ende doch nur darum, der CDU-Chefin zu Hilfe zu eilen – und dem Seehofer-Plan als „europäische Lösung zu verkaufen“?

Nein, heißt es in der EU-Kommisson, unser Plan geht viel weiter. Stimmt. Er enthält auch Sammelstellen für Flüchtlinge außerhalb der EU – und eine massive Aufstockung von Grenzschutz und Küstenwache.

Nur zur gerechten Lastenteilung bei den Flüchtlingen, wie sie vor allem Italien fordert, enthält er nichts. Innenminister Salvini droht deshalb bereits damit, den Gipfel platzen zu lassen.

Vielleicht wäre es einfacher gewesen, wenn Juncker gleich mit Seehofer und Salvini gesprochen hätte? Dann könnte man sich das ganze Gipfel-Theater sparen…