“Deutschland raus aus dem Euro”
Wochenlang hat uns Finanzminister Schäuble angelogen. Nein, der IWF fordere keinen Schuldenschnitt, erklärte er noch im Juni. Nun wendet sich der IWF gegen Berlin und Schäubles Ammenmärchen.
IWF-Chefin Lagarde droht damit, das neue Griechenland-Programm zu Fall zu bringen, wenn die Schuldentragfähigkeit nicht wiederhergestellt wird. Das wäre das Aus für den deutschen Deal.
Der ehemalige Leiter der IWF-Abteilung für Europa, A. Mody, geht noch weiter: Nicht Griechenland, sondern Deutschland solle die Eurozone verlassen. Sein Kalkül laut n-tv:
In diesem Szenario, glaubt der Wirtschaftswissenschaftler, würde der Wert des Euro rapide sinken. Dies wiederum würde die wirtschaftlich angeschlagenen Länder in der Euro-Peripherie wie Griechenland, Portugal und Italien auf einen Schlag wettbewerbsfähiger machen.
Aber auch für Deutschland hätte die Rückkehr zur D-Mark Vorteile. Sein Argument: Die D-Mark wäre im Vergleich zum Euro mehr wert – und Deutschland könnte mit derselben Geldmenge mehr Produkte und Dienstleistungen in der verbleibenden Eurozone und dem Rest der Welt einkaufen als bisher.
Klingt logisch, wäre aber natürlich nicht durchsetzbar. Die deutsche Exportindustrie ist dagegen, Schäuble natürlich auch. Aber der Vorschlag zeigt, wie lieb man ihn mittlerweile beim IWF hat…
Mehr zum IWF und Griechenland hier
Johannes
20. Juli 2015 @ 17:01
NSA Amerika und Frankreich wären ganz klar gegen einen Austritt Deutschlands, also wird es auch keine Austritt geben, alleine schon um die Gefühle in Frankreich nicht zu verletzten.
Frankreich hat den Euro zur Bedingung für die Wiedervereinigung gemacht, ich glaube kaum, das die jetzt Deutschland aus dem Euro lassen werden, wer soll dann die Schulden der anderen übernehmen, Frankreich???
Alles geht weiter wie bisher und die kleinen Bürger in DE und GR zahlen die Zeche für die Euro-Fans, EU-Fans, Bankster und Reiche.
Carlo
20. Juli 2015 @ 17:31
Sie wären ganz klar gegen den Austritt. Nicht weil Gefühle von Frankreich verletzt werden könnten, sondern weil die EU und Euro auch amerikanische Produkte sind. Ich schrieb “auch”, da die Kinder viele Väter hatten. Die Euro-Idee ist viel älter als viele annehmen.
“A memo from the European section, dated June 11, 1965, advises the vice-president of the European Economic Community, Robert Marjolin, to pursue monetary union by stealth.”
Aus: Euro-federalists financed by US spy chiefs
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/1356047/Euro-federalists-financed-by-US-spy-chiefs.html
Erik Hess
20. Juli 2015 @ 11:12
Guten Morgen, das Deutschland raus muss sage ich scon seit JAHREN.
Deutschland ist “Das Schwarze Loch Europas”, und droht mit der Zeit alles zu verschlingen. Anscheinend ist eine “Feindliche Übernahme” Europa billiger als ein Krieg.
S.B.
21. Juli 2015 @ 16:23
@Erik Hess: D wollte den Euro nicht und hat ihn von FR im Gegenzug für dei deutsche Einheit aufgezwungen bekommen. Jetzt, wo D im Euro ist, soll es an allem Elend in der Eurozone Schuld sein. Eine echt verquere Logik. Hut ab!
ebo
21. Juli 2015 @ 16:31
S.B. Nö, ganz einfach: Weil D den Euro nicht wollte, konnte es seine Bedingungen diktieren – von der unabhängigen EZB bis zum Namen der Währung und zum Stabilitätspakt. Es hiße immer: entweder ihr schluckt das, oder wir machen nicht (mehr) mit. So geht es bis heute, siehe GR
Carlo
21. Juli 2015 @ 16:55
Es muss in Deutschland Leute gegeben haben, die den Euro wollten. Sonst wäre er nicht da. Dass er eigentlich schon eine alte Idee ist und nicht erst zur Vereinigung auf den Tisch kam, schrieb ich ein paar Beiträge weiter unten.
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/1356047/Euro-federalists-financed-by-US-spy-chiefs.html
Im Übrigen funktioniert der Euro so, wie er konzipiert war. Dafür sogar ausgesprochen gut. Nutzen für die breite Masse war nie geplant. Griechenland ist nur ein sichtbarer, neben vielen unsichtbaren, Kollateralschaden. Leider sterben dort Menschen und die vielbeschworenen “europäischen Werte” werden beerdigt.
S.B.
22. Juli 2015 @ 08:41
@ebo: Man hat eben nie alles. In dem Fall hat es u.a. FR getroffen, welches der deutschen Einheit nur gegen Abschaffung der DM zustimmen wollte. FR hat sich damit selbst ein Bein gestellt, denn es hat den Austausch eines funktionsfähigen Währungsmechanismus gegen einen nicht funktionsfähigen erzwungen. Das war nicht wirklich intelligent! Zumal es VOR der Euroeinführung vielfache Stimmen von echten Experten gab, die das jetztige Szenario genauestens vorhergesagt hatten.
@Carlos: Ja, in D gab es sicher einflussreiche Leute, die den Euro auch haben wollten. Diese sitzen in der Finanz- und Exportindustrie. Und in deren Sinne funktioniert der Euro tatsächlich. Für die Menschen funktioniert er nicht. Das sehe ich ganz genauso wie Sie.
Alexander
19. Juli 2015 @ 19:06
@Nemschak: Zu viele Spitalbetten in GR schreiben sie? Ist das jetzt eine von ihnen erfundene Behauptung, oder haben sie geheime Quellen?
Im Jahre 2007 gab es in DLand auf 1000 Einwohner 8,2 Krankenbetten, in GR. 4,2. Seit 2010 hat man in GR. 350 Polikliniken schliessen müssen, das Budget des Gesundheitsministeriums wurde seitdem um 40% verringert, etwa 26.000 im Gesundheitswesen beschäftigte Personen wurden entlassen, davon 9.100 Ärzten gekündigt. Der anerkannte Journalist Harald Schumann berichtete (Macht ohne Kontrolle, die Troika, siehe youtube), dass 40% der griechischen Krankenhäuser schliessen mussten. Griechenland muss übrigens per Boot zahlreiche kleine Inseln versorgen, das erhöht die Kosten erheblich. Ferner, die Daten oben stammt übrigens von der deutschen Ärztezeitung. http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gesundheitspolitik_international/article/856377/krise-spitzt-350-polikliniken-griechenland-geschlossen.html
Sie machen sich wieder einmal lächerlich Herr Nemschal, denn was sie schreiben entspricht nicht der Wahrheit. Die Fakten sprechen gegen sie. Wieder einmal.
Auch hier nachzulesen: http://www.griechenlandsolikiel.de/griechisches_gesundheitssystem.pdf
Alexander
19. Juli 2015 @ 18:19
@Wili: Sie haben mit der Umfrage manipuliert und versucht ein falsches Bild zu zimmern. So einfach ist das. Schon erstaunlich, dass sie hier zuerst über angeblich faule Griechen berichten und dann ohne zu erröten umschwenken. Und in Bezug auf die Produktivität können sie sich auch besser informieren: es gibt genügend Statistiken darüber, dass die Produktivität 1999-2008 in Griechenland erheblich stärker gewachsen ist als in Deutschland und die Investitionsgüter ebenfalls. Wie war das möglich, warum dann diese Krise? Tja, offensichtlich verstehen sie vieles nicht. Aber da kommt ihnen das Tomatenargument genau richtig in ihrem simplifizierten Kindergarten-Ekonomiemodell. Das die Griechen (die wenigen, die im Realsektor noch Arbeit haben) seit der Krise noch fleißiger sein müssen, liegt auf der Hand, die Situation auf dem liberalisierten Arbeitsmarkt lässt dies zu, viele erhalten gar keinen Lohn. Was die Schwarzarbeit betrifft ist diese nach den “EU-Hilfspaketen” um 30% (lt. Finanzministerium GR) angestiegen. Kein Wunder bei der Arbeitslosigkeit (fast 30% ohne Arbeitslosengeld nach 1 Jahr, 60% Jugendarbeitslose), die durch die angeordnete radikale Kürzungspolitik im rezessivem Umfeld entstanden ist. Kein Wunder nach dem logisch folgenden BIP-Einbruch, der größer ist als zu Ende Weimars (Arbeitslosigkeit in DLAnd war damals 90%. Man musste über die Runden kommen, irgendwie verständlich, oder sind sie anderer Meinung? Und nun zu ihrem vermeintlichen Killerargument, der Gleichsetzung mit den Nazis. Der wirtschaftliche Niedergang in der Zeit von Weimar hat Hitler an die Macht gespült, der Europa in Schutt und Asche gelegt hat mit aber Dutzenden Millionen Toten. Der wirtschaftliche Zusammenbruch Griechenlands seit 2008 ist am BIP gemessen noch eine Schippe größer als Weimar. Und sie wundern sich nun, dass in GR Extremismus, Hass und Verzweiflung aufkommen? Schon mal was von gesellschaftspolitischen Folgen einer Wirtschaftskrise gehört? Man stößt ein Volk über die Klippe und fragt sich dann öffentlich, warum die nun in den Abgrund fallen und dabei sogar schreien? Geht es noch zynischer? Die Wirtschaftspolitik der Troika seit 2010 in Griechenland war grottenfalsch berichtet mittlerweile sogar der neoliberale IWF und übrigens die gesamte verbleibende anglo-amerikanische Welt (die dt. Presse (fast) ausgenommen). Irgendwas läuft also falsch – aber wie sie schreiben vermutlich wegen den Tomaten … (wo immer die auch sitzen und entscheiden mögen).
Alexander
19. Juli 2015 @ 19:10
In meinem Text ist leider ein Tippfehler: die Arbeitslosigkeit in der weimarer Wirtschaftskrise war <20% (und nicht 90%), also erheblich niedriger als in GR heute.
Willi
19. Juli 2015 @ 21:28
@Alexander: “Was die Schwarzarbeit betrifft, ist diese nach den EU-Hilfspaketen um 30% angestiegen.” Auch wird wieder suggeriert, dass immer die EU , und damit letztlich die Deutschland an der Schwarzarbeit schuld ist. (Besser also keine Hilfspakete mehr, dass senkt dann die Schwarzarbeit?) Es geht offenbar einigen hier nicht in den Kopf, dass die gesamte Wirtschaft auch schon vorher auf Steuervermeidung geeicht war. Die Schattenwirtschaft blieb auch unmittelbar nach Euro-Einführung auf dem Niveau von 30%, obwohl die Wirtschaft doch boomte, allerdings wurde nicht investiert, sondern konsumiert – ist auch daran wieder die EU oder Deutschland schuld? An den jahrzehntelangen Minieinkommen.in den Steuerklärungen der Selbständigen und Freiberufler – auch EU schuld?
Hätten nicht griechische Wirtschaftsforschungsinstitute warnen müssen? die kritische Presse? Die Gewerkschaften?,War es nicht zu allererst ein innergriechisches Problem, auf die Fehlentwicklungen des Strohfeuerbooms ab 2002 hinzuweisen? Tragen hier immer nur andere, die EU, Deutschland, Herr Schäuble die Allein-Schuld?
ich habe sehr wohl Verständnis für Griechen in Not aber kein Verständnis dafür, dass landauf landab Merkel und Schäuble, deren Politik ich ablehne, als NAZIs dargestellt werden oder mit Hitler verglichen werden, und zwar von Parlamentariern, von Politikern, von Ministern! Es scheint allerdings mittlerweile ein linker Konsens zu sein, Nicht-Linken vieles Elend in die Schuhe zu schieben: so wurde ja auch in Dresden der Mord an einem Asylbewerber vorschnell der Pegida-Bewegung in die Schuhe geschoben, obwohl der Täter zu einer Gruppe gehört, deren Staatsangehörigkeit tunlichst verschwiegen wird. Auf eine Entschuldigung für die Vorverurteilung wartet man noch heute vergeblich.
Ähnliche Fälle gibt es dutzendfach.
Auch für die vielen Fälle, wo Deutsche in Griechenland nicht mehr bedient werden oder beschimpft werden, hat man hier sicherlich großes Verständnis- ist halt so. Wenn Deutsche Opfer von Rassismus werden, schweigt die Masse. Doch allein der (falsche) Verdacht, ein Deutscher könnte in Dresden einen Asylbewerber umgebracht haben, trifft auf großes Verständnis und tagelange Medienaufmerksamkeit .
Deswegen ist es hier auch halb so schlimm, wenn griechische Politiker (nicht einfache Bürger!) pauschal Deutsche mit Hitler oder Terroristen gleichsetzen. Es gibt eben offenbar guten oder zumindest akzeptablen, hoffähigen (=antideutschen) und schlechten (von Deutschen ausgehenden) Rassismus. Dieses Denkmuster trifft man übrigens auch im neuen Buch von Frankreichs KP-Chef Melenchon: Dort rechnet er in dem Buch “Bismarckhering” nicht etwa mit dem neoliberalen Modell ab, sondern mit dem “deutschen”! So bereitet eine neue radikale Linke, die zeitweise auch mit rechten Parteien kooperiert, den Boden für eine neue antideutsche Kampagne auf EU-Ebene.
Mal sehen wann es die ersten Toten und Verletzen gibt, die uns die Presse dann natürlich verschweigen oder herunterspielen wird.
So verspielt man jedenfalls jede Sympathie für ein Volk in Not wie das griechische. .