Der “Aufschwung” verpufft
Der Aufschwung in der Eurozone ist schon wieder vorbei. Im 2. Quartal wuchs die Wirtschaft gerade mal um schlappe 0,3 Prozent, Deutschland war mit 0,4 Prozent kaum besser.
Positiv sticht ausgerechnet Griechenland heraus, mit 0,8 Prozent. Negativ schlägt Finnland zu Buche, wo die Wirtschaft weiter schrumpft. War das nicht mal ein Euro-Musterland, Herr Rehn?
Mau präsentieren sich auch Frankreich und Italien; allerdings war Frankreich im Q1 gut gewachsen. Insgesamt reicht es nicht, um noch von einem Aufschwung in Euroland zu sprechen.
Und das, obwohl die EZB die Geldpresse angeworfen hat, der Euro schwächelt und die Energiepreise fallen. Deutschland hat laut IWF sogar die niedrigsten Kapitalpreise; hier müsste es eigentlich brummen.
A propos IWF: In einer kaum beachteten Studie im Juli hat der Fonds im Juli davor gewarnt, dass das Wachstum in Euroland zu schwach bleibt – und eine Stimulierung der Nachfrage gefordert!
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Andres Müller
19. August 2015 @ 10:42
Wie ich schon seit vielen Monaten befürchte, fällt die Weltwirtschaft bereits in einen neuen Krisenzyklus. Voraussagen konnte ich das nicht mit Sicherheit, denn dann hätte ich Politikern weltweit vorauseilend böse Absichten unterstellen müssen, sprich Sozialdumping vom Feinsten und rücksichtslosen Krieg um die letzten goldenen Krümel der Exportwirtschaft.
Bei gegenwärtiger Beobachtung der politischen Lage ist aber leider anzunehmen, dass sich nichts am eingeschlagenen Weg ändert -der in die globale Katastrophe führt. Es gibt nicht mehr genügend kommerziell lohnenswerte Arbeit für Alle auf dieser Welt! das sollten sich die Politiker mit fetter Kreide hinter die Ohren schreiben -und das führt auch nur dann zur Katastrophe wenn man das Gegenteil macht als nach alternativen Beschäftigungsmodellen zu suchen. Wenn man gleichzeitig die sozialen Dienste abbaut, ist man auf bestem Weg über Weimar Verhältnisse zurück in die Zukunft zu marschieren.
Direkt vor Europas Grenzen beginnen sich die Landschaften bereits jetzt in eine Art “Mad Max”- Territorium zu transformieren, die grösste Fluchtbewegung aller Zeiten könnte über Afrika und Europa hereinbrechen. Und weil die Politiker die Bevölkerung seit Jahren auf gnadenlose soziale Härte trimmten, wird es zum Krieg kommen zwischen human gebliebenen Menschen und solchen Individuen die jegliche sozialen Hilfen als “Gutmenschentum” abtun und die auch sonst nichts aus der Zeit der Machtergreifung von “Nationalsozialisten” gelernt haben.
Peter Nemschak
15. August 2015 @ 08:47
@Hinterfrager Ich gehe davon aus, dass die kommunizierten Zahlen “real” sind, d.h. nach Berücksichtigung von deflationären Preiseffekten. Vielleicht haben Sie genauere Zahlen von der griechischen Statistikbehörde.
Hinterfrager
15. August 2015 @ 11:46
Ich war nie gut in Mathe, aber eine Regel habe ich dann doch kapiert. Angewandt auf die Volkswirtschaft resultiert aus einem nominalen Plus (BIP) subtrahiert um den Preisauftrieb im Idealfall immer noch ein reales Plus. Ein nominales BIP-Plus verrechnet mit negativen Preisen steigert das reale BIP-Plus. Und ein nominales BIP-Minus (Abschwung) in Kombination mit negativen Preisen (Deflation) ergibt unterm Strich was? Bingo: ein reales BIP-Plus! Minus mal Minus ergibt gewissermaßen Plus.
Das letztere Szenario hat Yanis Varoufakis im obigen Video (etwa bei Min. 16:30) richtigerweise als “große Depression” bezeichnet. Welche wir in Griechenland nach wie vor sehen: fallende Wirtschaftsleistung in absoluten Zahlen bei noch stärker fallenden Preisen. Können Sie bei Eurostat nachlesen. Übrigens: mich würden mal die realen BIP-Zahlen Deutschlands der frühen dreißiger Jahre interessieren – da sind die Preise bestimmt auch schneller gefallen als die Wirtschaftsleistung…
Hinterfrager
14. August 2015 @ 14:14
0,8 Prozent reales BIP-“Wachstum” in Griechenland – bei offiziell über zwei Prozent Deflation? Könnte die eine Zahl womöglich direkt etwas mit der anderen zu tun haben? Warum sich viele Politiker, Marktbeobachter und auch der Journalisten-Mainstream ein ums andere Mal durch eine unreflektierte Kommunikation statistischer Daten aufs Kreuz legen lassen, klärt jemand auf, der es wirklich wissen muss. Und zwar noch einmal ganz langsam und mit Bezug zu absoluten Zahlen aus dem “Erfolgsjahr” 2014 – Yanis Varoufakis (ca. ab Minute 16):
https://www.youtube.com/watch?v=9_8gKX5w8ko#t=930
Peter Nemschak
14. August 2015 @ 15:49
Das für das 2.Quartal erwähnte Wachstum ist nicht unplausibel, da viele Griechen in Erwartung von Schwierigkeiten bei den Banken ihr Geld abgehoben und ausgegeben haben – ein Einmaleffekt.
Hinterfrager
14. August 2015 @ 17:08
@ Peter Nemschak
Bitte noch einmal genauer nachdenken: So wie nominale BIP-Zahlen in der Regel inflationsbereinigt werden müssen (bei steigenden Preisen), sollten “reale” (falsch-positive) BIP-Zahlen, die ausschließlich durch ein anhaltend deflationäres Umfeld zustandegekommen sind (also bei fallenden Preisen), zumindest angemessen kommuniziert werden, oder?
GS
15. August 2015 @ 09:41
In der Tat. Das nominale BIP in Griechenland wird weiter gesunken sein.
Und 0,4 % in Deutschland sind gut. Man darf nicht vergessen, welch fatale Dynamik Deutschland bei der Bevölkerung im Erwerbstätigenalter hat. Wenn wir da im Trend ein Wirtschaftswachstum von 0,4 % je Quartal erreichen könnten, wäre das fantastisch.
Also, ebo, GR gut und D schlecht – es ist genau anders herum.
ebo
15. August 2015 @ 09:45
@ GS Krieg ist Frieden, alles klar
Andres Müller
19. August 2015 @ 12:06
Wie es wirklich um Griechenland wirklich bestellt ist hat man auf Queerschüsse vor Kurzem so zusammen gefasst:
“Der Juni 2015 markiert beim Industrieoutput den tiefsten Stand seit September 1978. Im Jahr 1978 betrugen die griechischen Staatsschulden vergleichsweise niedliche 7,3 Mrd. Euro bzw. 22,1% des nominalen BIPs! Ende 2014 waren es 177,1% des nominalen BIPs bzw. 317,1 Mrd. Euro!”
http://www.querschuesse.de/griechenland-industrieproduktion-juni-2015/
Das Land ist noch immer auf dem Weg in den Abgrund. Die Geschehnisse ausserhalb der EU, zum Beispiel in den Emerging Markets und in China, dürften sich auch nicht stützend auf die griechischen Exporte auswirken, während der Binnenmarkt durch die Sparmassnahmen kaum positive Entwicklungen zulassen werden.
Peter Nemschak
14. August 2015 @ 12:28
Bei diesem Umfeld nicht überraschend. Die weltwirtschaftliche Dynamik hat mit Ausnahme der USA deutlich nachgelassen, An politischen Krisenherden besteht auch kein Mangel. Man merkt das hohe Gewicht Chinas an der Weltwirtschaft, die Verschuldung Europas wirkt bremsend. Es gibt auf der ganzen keine Musterländer. Die kapitalistische Wirtschaft unterliegt Zyklen.