Debattieren Sie über alles – aber nicht über die Schuldenregel!

Die EU-Kommission hat die Diskussion über eine Reform des Stabilitätspakts eröffnet. Doch Entscheidungen werden mit Rücksicht auf Deutschland auf die lange Bank geschoben. Und ein zentrales Thema spart Brüssel ganz aus.

Eigentlich sollte die Debatte schon vor einem Jahr beginnen. Doch dann kam Corona – und der Stabilitätspakt mußte ausgesetzt werden. Er war – anders, als man gern in Berlin erzählt – nicht flexibel genug, um noch zu funktionieren.

Nun hat die EU-Kommission neun Fragen veröffentlicht, die das geneigte Publikum diskutieren soll. Erfreulich ist, dass schon die erste Frage die “makroökonomischen Ungleichgewichte” angeht.

Damit ist nämlich auch Deutschland angesprochen, das seit Jahren exorbitante Überschüsse erzielt und so seine Europartner unter Druck setzt.

Weniger erfreulich ist, dass die Brüsseler Behörde von falschen Voraussetzungen ausgeht.

Nach den durch die Pandemie ausgelösten Turbulenzen ist Europa nun auf dem Weg in ruhigeres Fahrwasser”, erklärte Wirtschaftskommissar Dombrovskis. “Dank unserer koordinierten und entschlossenen Reaktion hat Europa die Wachstumserwartungen nun übertroffen.

Das stimmt hinten und vorne nicht. Die EU ist wegen Inflation, Energie- und Lieferkettenkrise auf dem Weg in gefährliches Fahrwasser. Und in Deutschland wurden die Wachstumserwartungen gerade nach unten korrigiert.

Völlig unverständlich ist zudem, dass die Kommission nicht über die uralte Maastricht-Schuldenregel von 60 Prozent diskutieren will. Dabei liegt der Schuldenstand in vielen EU-Ländern weit über 100 Prozent!

Ihn wieder auf 60 Prozent drücken zu wollen, heißt, eine harte Austeritätspolitik zu fordern. Doch das will derzeit niemand in Europa.

Der designierte neue deutsche Kanzler Scholz hat einen harten Sparkurs sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Andererseits will er am Stabilitätspakt festhalten.

Was gilt denn nun? Ist das Ganze wirklich eine ergebnisoffene Debatte – oder eine Hinhaltetaktik, um unangenehme Entscheidungen so lange aufzuschieben, bis Berlin wieder eine Regierung hat?

Siehe auch “Die ungedeckten Schecks der Ampel”