Das Parlament meldet sich zurück – und verwirrt

Das Europaparlament hat sich mit der Forderung nach “Recovery-Bonds” zurückgemeldet. Doch der scheinbar weit reichende Plan ist eine Mogelpackung – viel weiter als die EU-Kommission gehen die Abgeordneten nicht.

Das Europaparlament verlangt im Kampf gegen die Coronakrise sogenannte Recovery-Bonds – also europäische Anleihen, die durch den EU-Haushalt abgesichert sind. Damit sollen künftige Investitionen finanziert, aber nicht bestehende Schulden vergemeinschaftet werden.

Auf den ersten Blick ähnelt der Beschluss den umstrittenen Corona-Bonds, die neun EU-Staaten verlangt haben, jedoch auf erbitterten Widerstand in Deutschland und in den Niederlanden stoßen. Parlamentschef Sassoli spricht von gemeinsamer Schuldenaufnahme.

Doch CDU/CSU widersprechen vehement: Der Beschluß sei eine Absage an an Euro-Bonds und gemeinsame Schulden. Ähnlich interpretieren es die Grünen. Nur die Sozialdemokraten meinen, Corona-Bonds und Recovery-Bonds seien dasselbe – die Verwirrung ist komplett.

Der Teufel liegt wie immer im Detail. Gemeint ist nämlich nicht, dass alle Euroländer gemeinsam Anleihen am Kapitalmarkt begeben. Vielmehr soll die EU-Kommission tätig werden. Sie soll mit Hilfe von Garantien aus dem EU-Budget selbst Geld am Markt aufnehmen.

Der Recovery Fund hinge damit auf Gedeih und Verderb von der EU-Kommission und ihrer deutschen Chefin von der Leyen ab – und vom künftigen EU-Budget. Dort stehen jedoch genau dieselben auf der Bremse wie bei den Corona-Bonds: Deutschland und die Niederlande.

Das Ganze könnte sich also als Mogelpackung erweisen. Genau wird man es erst wissen, wenn die EU-Kommission ihre vagen Pläne konkretisiert. Doch die will vorher noch mit den Staats- und Regierungschefs sprechen, die sich am Donnerstag zum Videogipfel treffen.

Anders gesagt: Das letzte Wort haben Kanzlerin Merkel & Co., danach kommt die EU-Kommission, und das Parlament spielt die dritte Geige…

Siehe auch “Das Parlament meldet sich ab”