Das Europaparlament will mitretten (Update)

Der EU-Liberalenchef fordert Eurobonds – ob Herr Rösler das weiß?

Die Eurokrise hat die Märkte gestärkt und die Demokratie geschwächt. Besonders deutlich zeigt sich dies im Europaparlament: Die Straßburger Kammer, die im Lissabon-Vertrag gestärkt worden war, ist durch die Kungelei der 17 Eurostaaten an den Rand gedrängt worden. Vor allem bei den geplanten Rettungsaktionen für Griechenland & Co. haben die MEPs – ähnlich wie bisher die deutschen MdBs – nichts zu melden. Nun fordern sie mehr Mitsprache – und segnen das so genannte „Sixpack“ ab, das der EU mehr Budgetdiziplin, aber wohl auch weniger Wachstum bescheren dürfte.

Mit dem monatelang heftig umstrittenen Paket soll die Einhaltung der Euro-Stabilitätskriterien – Obergrenzen für Haushaltsdefizite und Staatsverschuldung – besser als bisher kontrolliert werden. Unter anderem sind Strafen von 0,1 Prozent der Wirtschaftsleistung geplant, wenn die EU-Vorgaben mißachtet werden. Bis zuletzt war umstritten, ob es automatische Sanktionen für Defizitsünder geben würde. Deutschland war dafür, Frankreich dagegen.

Jetzt einigte man sich mit dem Europaparlament auf einen Kompromiß, wie der Fachdienst PS Europe meldet. Obwohl die Details noch nicht bekannt wurden, sprechen die Konservativen im Parlament von einem „Quantensprung“ in der Finanz- und Sparpolitik. Die Sozialdemokraten warnen hingegen vor einem einseitigen Sparkurs. “Wirtschaftspolitische Steuerung muss mehr sein als das Anziehen haushaltspolitischer Daumenschrauben”, so der SPD-Abgeordnete U. Bullmann.

Immerhin sollen nun nicht nur die so genannten “Defizitsünder”, sondern auch Länder mit Leistungsbilanzüberschüssen in die Überwachung einbezogen werden. “Insbesondere Deutschland wird nun gefordert sein, durch Mindestlöhne, faire Lohnabschlüsse und Zukunftsinvestitionen zur Verringerung des Ungleichgewichts zwischen exportstarken und exportschwächeren Mitgliedsstaaten beizutragen“, kommentierte der Grüne S. Giegold.

Das klingt gut, ist angesichts der sich abzeichnenden Rezession in Europa wohl aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sogar die EU-Kommission rechnet jetzt mit einer Vollbremsung der Wirtschaft zum Jahresende. Statt immer neuer Regeln und Gipfelbeschlüsse muss in Europa endlich wieder Wirtschaftspolitik gemacht werden. Doch genau da haben die EU-Parlamentarier nichts zu melden.

Der Fraktionschef der Liberalen, G. Verhofstadt, brachte es auf den Punkt: Der eigentliche Fehler sei es gewesen, die Währungsunion ohne eine politische und fiskalische Union und eine echte EU-Wirtschaftspolitik voranzutreiben. “Deshalb brauchen wir jetzt wirkliche Führung, Eurobonds, einen Wachstums- und Jobpakt und eine wesentlich stärkere Aufsichtsrolle der EU-Kommission.”

Was mag woll Herr Rösler denken, wenn er diese Worte aus dem Munde des führenden EU-Liberalen hört?

 

Nachtrag 16.9.11

Die FAZ hat einen netten Artikel zur Unzufriedenheit der CDU-Europaabgeordneten mit Kanzlerin Merkel und der inhen zugewiesenen Zuschauerrolle. CDU-Veteran E. Brok sagte, Merkel & Co. machten sich “lächerlich”, wenn sie die Eurorettung bis ins kleinste Detail selbst regeln und das Parlament übergehen wollen…  


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