CO2 bekommt einen Preis – die Bürger zahlen die Zeche

Die EU hat sich auf Details ihrer wichtigsten Klimagesetze geeinigt. Künftig soll nicht nur die Industrie einen Preis für CO2-Emissionen zahlen – auch Gebäude und Verkehr werden einbezogen. Zahlen die Bürger die Zeche?

Geschlagene 29 Stunden dauerten die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen. Nur die handverlesenen Verhandlungsführer von Parlament, Kommission und Rat wußten, was im “Jumbo-Trilog” vor sich ging. Demokratisch ist dieses Ausnahme-Verfahren nicht, transparent schon gar nicht.

Umso lauter wurden die Ergebnisse beklatscht. Von einer “historischen Einigung” sprach Verhandlungsführer P. Liese (CDU). „Das Ergebnis wird den CO2-Ausstoß der EU bis 2030 um 1500 Millionen Tonnen reduzieren, das ist 25-mal mehr als das umstrittene Gesetz zum Verbrennerverbot“, sagte er.

Möglich wird dies durch die Ausweitung des Emissionshandels auf Gebäude und Verkehr. Bisher mußte nur die Industrie für CO2 zahlen, ab 2027 sollen auch Verbraucher, Autofahrer und Mieter zur Kasse gebeten werden. Ein “mutiger” Beschluß, schließlich ist Energie schon jetzt kaum noch bezahlbar.

Für deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher sowie für deutschen Mittelstand ändere sich jedoch nichts, behauptet Liese, schließlich würden Gebäude und Verkehr hierzulande ja schon durch den deutschen Emissionhandel zur Kasse gebeten. Dennoch dürften die Bürger die Zeche zahlen.

Denn sozial schwache Haushalte haben schlicht nicht die Mittel, um auf hohe CO2-Preise mit dem Einbau von neuen Heizungen oder dem Kauf von E-Autos zu reagieren. Das EU-Parlament wollte Privathaushalte deshalb zunächst ausnehmen. Auch Frankreich forderte das.

Doch Deutschland hat sich auf verschlungenen Wegen durchgesetzt – wie genau, wissen wir nicht, da Triloge nunmal nicht transparent sind. Auch für die deutsche Stahlindustrie wurden ein paar Ausnahmen vereinbart. Sie erhält deutlich mehr kostenlose Zertifikate als geplant.

Hinter runter gefallen ist bei diesem deutschen Deal das Soziale. Für den groß angekündigten Klimasozialfonds stehen nur 87,7 Milliarden Euro bereit. Das ist weniger als von der EU-Kommission vorgeschlagen – und fällt weit hinter den deutschen “Doppelwumms” zurück (200 Mrd. Euro).

Auf Kosten der Schwächsten

Damit ist klar, dass der CO2-Preis auf Kosten der sozial schwachen Bürger eingeführt wird. Das “historische” System ist ungerecht und könnte die sozialen Spannungen weiter verschärfen. Vielleicht nicht in Deutschland, dafür aber in den meisten anderen EU-Staaten.

Hinzu kommt die Sorge, dass die Einigung den Grundstein für ein persönliches CO2-Kreditsystem legen könnte. Die EU oder die Staaten könnten den Bürgern individuelle Verschmutzungsrechte zuweisen und den Verbrauch überwachen, fürchten Kritiker. Banken und Airlines hätten schon mit dem Tracking begonnen.

Das scheint mir zwar ziemlich weit hergeholt. Völlig von der Hand zu weisen ist diese Vorstellung aber nicht mehr. Schließlich arbeitet die EU ja auch an einem digitalen Euro. Bisher gibt es dafür noch keine sinnvolle Verwendung. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden…

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P.S. Vernichtend fällt das Urteil des WWF aus: “This would have been a good deal ten or twenty years ago, but in 2022 it’s too little too late. And it favours big polluters over helping citizens get off expensive fossil fuels, by continuing to hand out billions in free emissions allowances with few strings attached.”