Bukarest 2.0, die Drohnen kommen – und ein Freibrief für Dreckschleudern
Die Watchlist EUropa vom 30. November 2022 – Heute mit dem Treffen der Nato-Außenminister in Bukarest, dem Ukraine-Beitritt 2.0, der Begeisterung für Drohnen – und einem Freibrief für die größten Luftverschmutzer.
They did it again. Wie beim legendären Nato-Gipfel 2008 haben die Außenminister der Militärallianz erneut ein Bekenntnis zum Ukraine-Beitritt abgelegt. Wie vor fast 15 Jahren trafen sie sich im legendären Palast des früheren rumänischen Diktators Nicolae Ceausescu in Bukarest.
“Die Tür der Nato steht offen”, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg in dem maßlosen Protzbau aus der Zeit des Kalten Krieges. Kremlchef Wladimir Putin habe kein Vetorecht. Sobald der Krieg gegen Russland gewonnen sei, könne die Ukraine dem US-geführten Militärbündnis beitreten.
Die Aufnahme der Ukraine sei zwar nicht bald zu erwarten, so Stoltenberg. Jetzt gehe es erst einmal darum, den Krieg gegen Russland zu gewinnen. “Wir stehen mitten in einem Krieg und deshalb sollten wir nichts tun, das die Einheit der Bündnispartner untergraben könnte, militärische, humanitäre und finanzielle Unterstützung für die Ukraine bereitzustellen.”
Politik der offenen Tür
Dennoch – die Nato hält am Ukraine-Beitritt fest, mehr denn je. Bukarest 2.0 zeigt, dass die Militärallianz nichts dazugelernt hat.
Beim letzten Treffen in der rumänischen Hauptstadt gab es immerhin noch Diskussionen. Deutschland und Frankreich verhinderten, dass der Beitrittsprozeß sofort eingeleitet wurde. Sonst hätte es womöglich schon damals Krieg gegeben. Denn die Aufnahme der Ukraine war eine rote Linie für Russland.
Nun ist der Krieg da – nicht zuletzt, weil die Nato sich im Winter 2021/22 weigerte, ihre Politik der offenen Tür zu ändern. Doch statt sich kritisch mit der eigenen Verantwortung auseinanderzusetzen und neue Optionen zu erwägen, wiederholen die Nato-Außenminister die Fehler der Vergangenheit.
Provokation für Moskau
___STEADY_PAYWALL___
Schlimmer noch: Sie rühren lustvoll in der offenen Wunde und provozieren Russland sogar noch mit der Aussicht, neben der Ukraine und Georgien auch Schweden und Finnland aufzunehmen. Statt einer kleineren Nato bekomme Putin eine noch größere, frohlockte Stoltenberg.
In russischen Ohren muß es wie eine Drohung klingen, wenn nicht wie eine Kriegserklärung. Und richtig – die Nato zieht immer mehr und immer offener in den Krieg. US-Außenminister Blinken sagte, die Nato werde ihre Präsenz ausweiten – vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer.
Dabei hatte Stoltenberg noch vor kurzem erklärt, er habe keine Anhaltspunkte dafür, dass Russland die Nato angreifen wolle. Wenn man sich den westlichen Truppenaufmarsch anschaut, sieht es nun eher umgekehrt aus…
Mehr zur Nato hier
Watchlist
Fliegen bald überall Drohnen durch die Luft? Das wünscht sich Brüssel. Flugtaxis und Medikamentenlieferungen per Drohne sollen nach dem Willen der EU-Kommission bis 2030 in Europa Alltag sein. Zuvor müsse man aber sicherstellen, dass die Gesellschaft Drohnen unterstützt. Dafür sollen die nationalen Behörden sorgen. Wie so oft geht es um einen sog. “Zukunftsmarkt” – und natürlich um die Fähigkeit, den Drohnen-Krieg zu führen…
Was fehlt
Der Skandal mit den Verschmutzungsrechten. Big polluting industries have been given almost €100bn (£86bn) in free carbon permits by the EU in the last nine years, according to an analysis by the WWF. The free allowances are “in direct contradiction with the polluter pays principle”, the group said. Die kostenlosen Zertifikate für die Industrie hatten einen höheren Wert als die Einnahmen aus dem gesamten Emissionshandel. Die WWF-Analyse ist hier
fjesse
30. November 2022 @ 18:35
@european
Die Türkei sowie Rumänien sind NATO-Mitglieder und Anrainer des Schwarzen Meeres.Damit man nicht spekulieren muss und um zu erfahren, wen und was Blinken mit seiner Formulierung meint, kann man sich in einer Zeitung informieren und erfährt dann, worum es sich handelt, nämlich um die Verstärkung von Kampftruppen u.a. in Deutschland, den baltischen Staaten und Polen, die Austellung von Patriotsystemen, um der Gefahr dort zu begegnen, wo sie befürchtet wird, also eher in Nordosteuropa. Vorher waren die Amerikaner dabei Truppen und Depots aus Europa abzuziehen. Das hat Herr Putin möglicherweise als Einladung verstanden, trotz seiner öffentlichen Bedrohungsrhetorik durch die NATO.
In einem etwas ferneren Zuammenhang mit diesem Thema: Wie beliebt Russland (damit meine ich das von Putin geführte System, und nicht die, die in diesem Land von ihm beherrscht werden) seit dem 24. Februar bei den Anrainern des Schwarzen Meeres ist, lässt sich auch an den Aufnahmeanträgen Georgiens und Moldawiens in die EU ablesen.
european
30. November 2022 @ 21:06
Ein Blick auf die Landkarte wird Ihnen die Sachlage deutlich machen, warum die NATO bzw. die USA so ein großes Interesse an der Ukraine als NATO-Stützpunkt haben und warum weder Rumänien noch die Türkei das aufwiegen können.
fjesse
30. November 2022 @ 15:24
@ebo: “US-Außenminister Blinken sagte, die Nato werde ihre Präsenz AUSWEITEN – vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer.”
Blinken benutzt aber den Ausdruck “reinforce its presence” (https://www.reuters.com/video/watch/idOV318029112022RP1), Präsenz verstärken. Das ist etwas ganz anderes. Psst aber nicht so gut in Ihre Argumentation.
ebo
30. November 2022 @ 15:43
Inwiefern ist es etwas ganz anderes? Die Tagesschau spricht von weiterem Truppenaufbau 🙂
european
30. November 2022 @ 16:47
@fjesse
Blinken spricht tatsaechlich von “reinforce its presence”, aber der Satz ist da noch nicht zu Ende. Der vollstaendige Satz lautet naemlich: U.S. to reinforce NATO’s presence ‘from the Black to Baltic Seas’ – Blinken.
Bisher ist die NATO nicht im Schwarzen Meer vertreten. Genau deshalb wird ja gerade dieser Krieg gefuehrt. Russland will eben keinen Natostuetzpunkt vor seiner Haustuer haben, ebensowenig wie die USA einen chinesischen Militaerstuetzpunkt in Mexico dulden wuerde.
fjesse
30. November 2022 @ 17:11
@ebo “Inwiefern ist es etwas ganz anderes?” Sie spielen mit Worten, anstatt wort- und sinngetreu zu übersetzen.(https://fr.pons.com/traduction/anglais-allemand/reinforce#examples-Adeen1214469). Sie verstehen Deutsch so gut wie ich und wissen, dass “weiterer Truppenaufbau” “zusätzlichen Truppenaubau” meint. “Präsenz ausweiten” heißt, diese auf ein größeres Gebiet auszuweiten, besonders im Kontext der vorrangegangenen Zeilen zur eventuellen NATO-Erweiterung auf die Ukraine. Zum Kontext gehört übrigens auch die 1997 geschlossene Grundakte die die NATO immer noch mit mit Russland einhalten will, in der sie sich bisher verpflichtet hat, „keine Kampftruppen in substanzieller Stärke“ auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Pakts zu stationieren. Ausserdem antwortet Blinken auch auf die Befürchtungen der baltischen Länder und Polens, dass ihre Sicherheit nicht gewährleistet ist. Russland lässt gerade Truppen im Dreiländereck mit Belarus und der Ukraine aufmarschieren, vermutlich Lanöver wie im Januar…
ebo
30. November 2022 @ 19:06
Das ist Haarspalterei. Natürlich weitet die Nato ihre Präsenz ständig aus, nicht nur an er Ostfront zu Russland. Heute sprach sie sogar über China.
KK
30. November 2022 @ 11:45
Wir stehen am Vorabend des dritten Weltkriegs.
Danke Joe Biden! Danke Jens Stoltenberg! Danke Ursula von der Leyen! Danke Annalena Baerbock! Danke Agnes Strack-Zimmermann! Dank gebührt natürlich auch Wolodymyr Selenskyj!
Um nur die grössten Kriegstreiber des Westens namentlich zu nennen.
Liste kann natürlich fortgesetzt werden!