Brüssel fasst Google hart an – aber nicht da, wo es Not tut
Die EU-Kommission will eine neue Rekordstrafe gegen Google verhängen. Wegen Missbrauchs der Marktmacht beim Betriebssystem Android soll der US-Konzern 4,3 Milliarden Euro zahlen. Doch die EU ist nicht immer so hart.
Wenn es um den Wettbewerb geht, dann kennen die Europäer (fast) keine Gnade. Nur vor einer Aufspaltung von Google scheut Wettbewerbskommissarin Vestager (noch) zurück.
Doch sobald die Sprache auf die Steuern kommt, die der Internet-Konzern in Europa zahlen soll, dann drücken die meisten EU-Staaten weiter beide Augen zu.
Zwar hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur stärkeren Besteuerung von Internet-Konzernen gemacht. Dieser Vorschlag wird auch u.a. von Frankreich unterstützt. Doch Deutschland steht auf der Bremse.
Denn in Berlin fürchtet man, dass die so genannte GAFA-Steuer (auf Google, Apple, Facebook und Amazon) nur noch mehr Ärger mit US-Präsident Trump provozieren könnte.
Deshalb dürfen Google & Co. weiter Milliarden in Europa scheffeln, ohne faire Steuern zu zahlen. Präsident Macron konnte sich in Meseberg nicht gegen Kanzlerin Merkel durchsetzen.
Womöglich hätte Merkel auch gerne die jüngste Wettbewerbsstrafe gegen Google verhindert – doch darauf hat sie keinen Einfluß, das ist nämlich eine exklusive EU-Kompetenz…
Siehe auch “Juncker goes to Hollywood D.C.” – er soll Merkel bei den drohenden Strafzöllen auf Autos helfen…
P.S. Google legt gegen die Android-Strafe Einspruch ein. Ein Sprecher sagte, das Betriebssystem habe mehr Auswahl für die Nutzer geschaffen, nicht weniger. Insofern er sich auf Apples iphone bezieht, das anfangs ein Monopol hatte, hat er wohl Recht…
Peter Nemschak
18. Juli 2018 @ 13:28
Die Steuern wären die stärkste Waffe der EU gegen US-amerikanische Übermütigkeit. Diese einzusetzen wäre verfrüht. Außerdem besteht in Steuerfragen noch längst keine Einigkeit unter den Mitgliedsländern. Steuern sind nach wie vor nationales Terrain. Wettbewerb und Handelspolitik sind auf die supranationale Ebene delegiert, wobei in der Handelspolitik noch immer nationale Parlamente mitmischen, wenn es um Handelsabkommen geht. Man verlangt von der EU Einigkeit nach außen und übersieht, dass nicht einmal national alle politischen Kräfte an einem Strang ziehen. Wenigstens in Sachen Wettbewerb, Grundpfeiler einer kapitalistischen Marktwirtschaft, verfolgt die EU eine klare Linie gegenüber den Konzernen. Das sollten die konzernkritischen Stimmen begrüßen.