Brisante Klage – doch wer traut sich, zu ermitteln?

Dass die Lage der Flüchtlinge in Libyen zum Himmel schreit, ist ein offenes Geheimnis. Doch bisher hatte das keine Konsequenzen für die Migrationspolitik der EU. Das könnte sich nun ändern – wegen einer brisanten Klage.

Mehrere Menschenrechtsanwälte haben Anzeige erstattet – beim Internationalen Strafgerichtshof . Mehr als 40 000 Menschen seien im Mittelmeer abgefangen und in Haftlager und Folterkammern in Libyen gebracht worden, hieß es in Ersuchen, in dem das Gericht um Einleitung eines Verfahrens gebeten wird.

Die Missstände spielten sich unter den Augen der Migrationspolitik der EU ab, die damit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich sei.

Die Anwälte berufen sich auf EU-Dokumente und Stellungnahmen vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, von Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen Spitzenpolitikern.

Sie werfen EU-Vertretern vor, wissentlich Todesfälle von Migranten auf dem Land- und Seeweg sowie Vergewaltigung und Folter durch die sogenannte libysche Küstenwache zu dulden, die auf Kosten europäischer Steuerzahler finanziert und geschult werde. 

Die große Frage ist nun, wer sich traut, Ermittlungen einzuleiten. Dass es so weit kommt, bezweifeln offenbar selbst die Kläger.

„Wir überlassen es der Staatsanwaltschaft, wenn er sich traut, wenn sie sich traut, in die Machtstrukturen zu gehen, und im Herzen von Brüssel, Paris, Berlin und Rom zu ermitteln“, sagte Juan Branco, der das Dokument mit der Nachrichtenagentur AP teilte.

Bei der Durchsuchung der Archive nach Aufzeichnungen der Verhandlungen könne möglicherweise herausgefunden werden, wer darauf gepocht habe, eine Politik durchzusetzen, die zum Tod von mehr als 14 000 Menschen geführt habe.

Merkel kann es nicht gewesen sein. Die Kanzlerin ist ja gerade in Harvard für ihre Flüchtlingspolitik gefeiert worden – oder?

Siehe auch „…derweil in Libyen“