Big Brother in Brüssel, mit Japan gegen Russland – und fliegen ohne Maske

Die Watchlist EUropa vom 12. Mai 2022 –

Die EU-Kommission will stets das Gute, doch sie macht oft schlechte Gesetze, die nach hinten losgehen. Ein neuer Vorschlag aus Brüssel schürt nun die Angst vor Massenüberwachung.

Offiziell geht es “nur” um den Schutz vor Kinderpornographie. Konzerne wie Google und Meta sollen nach dem neuen Vorschlag der Kommission einschlägige Bilder sowie Videos melden und löschen.

Wenn sie die Vorschriften nicht einhalten, drohen Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes. Die Regelung soll auch für Provider und Messenger-Dienste gelten, heißt es in Brüssel.

Um das zu erreichen, müsste aber womöglich die Verschlüsselung bei E-Mails oder Chats aufgeweicht werden – und das schürt die Furcht vor Massenüberwachung. Droht der “Big Brother” aus Brüssel?

Europa als Drehscheibe

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Nein, sagt die Kommission. „Die schiere Menge an Material über sexuellen Kindesmissbrauch, das im Netz kursiert, macht einen sprachlos”, sagte Kommissionsvize Schinas.

Es sei “beschämend, dass Europa für den Großteil dieses Materials als globales Drehkreuz dient.” Deshalb müsse die EU handeln und die Konzerne zur Ordnung rufen.

Dafür soll ein “EU-Zentrum für (bzw. gegen) sexuellen Kindesmissbrauch” gegründet werden. Es würde als Vermittler für nationale Behörden und Plattformen fungieren.

Seine Aufgabe wird es sein, den Konzernen Optionen für Ermittlungstechnologien zur Verfügung zu stellen und Datenbanken mit Indikatoren für sexuellen Kindesmissbrauch zu betreiben.

“Neue Folterwerkzeuge”

Das geht zu weit, sagen Datenschutz-Experten. Die Kommission habe die Bedenken aus der Zivilgesellschaft ignoriert und sich lieber mit Lobbyisten von Google & Co. getroffen.

Der Dachverband EDRi („European Digital Rights”) zählt ebenso zu den Kritikern wie das Europaparlament. Dort warnt der “Pirat” P. Breyer vor umfassender “Chatkontrolle”.

„Zensursula ist zurück, und sie hat neue Folterwerkzeuge dabei: Neben unwirksamer Netzsperren-Zensur droht mit der Chatkontrolle das Ende des digitalen Briefgeheimnisses und sicherer Verschlüsselung, mit der Durchleuchtung persönlicher Cloudspeicher die Massenüberwachung privater Fotos, mit der Altersverifikation das Ende anonymer Kommunikation, mit Appstore-Zensur das Ende sicherer Messengerapps und die Bevormundung Jugendlicher.”

P. Breyer, MEP der Piraten

Nicht geplant sei dagegen die Pflicht zur Löschung bekannten Missbrauchsmaterials im Netz oder europaweite Standards für wirksame Präventionsmaßnahmen, so Breyer.

Das klingt nach einem sehr einseitigen Gesetzentwurf, der Konzerne schont und Bürgerrechte beschneidet. Die nun anstehenden Beratungen im Europaparlament dürften lebhaft werden…

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Watchlist

Was bringt der EU-Japan-Gipfel? Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Michel reisen nach Tokio, um über den Ukraine-Krieg und die Sanktionen zu sprechen. Japan hat sich zu einem strategischen Partner gemausert, der gegen Russland in Stellung gebracht werden soll, aber auch gegen China helfen könnte – denn die EU will sich ja nun auch um den Indopazifik kümmern…

Was fehlt

Das Ende der Maskenpflicht im Flugzeug. Ab Montag müsse das Tragen einer Maske im Flugzeug und in Flughäfen keine Pflicht mehr sein, werde aber weiter empfohlen, teilten die Europäische Flugsicherheitsbehörde EASA und die EU-Gesundheitsbehörde ECDC mit. Deutschland will an der Maskenpflicht in Flugzeugen aber trotzdem festhalten. In Belgien ist sie längst abgeschafft…