Backlash beim Klima
In Brüssel wird der Ruf nach einer „Pause“ beim Umwelt- und Klimaschutz lauter. Knapp ein Jahr vor der Europawahl im Juni 2024 versuchen immer mehr EU-Politiker, sich mit Warnungen vor „überbordender Bürokratie“ und „Überforderung der Industrie“ zu profilieren.
Den Auftakt machte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. „Was Regelungen angeht, sind wir vor den Amerikanern, den Chinesen und allen anderen Weltmächten“, kritisierte der rechtsliberale Präsident. Die EU dürfe nicht noch mehr Gesetze auf den Weg bringen, warnte Macron.
Ganz ähnlich klingt es neuerdings in Belgien. „Wir müssen verhindern, dass der Wagen überladen wird“, warnte Premier Alexander De Croo. Konkret sprach er sich gegen höhere Auflagen für die Landwirtschaft und die Industrie aus.
Sogar im Europaparlament rumort es. Dort stellt sich die konservative Fraktion der Europäischen Volkspartei quer. Sie wirft EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) vor, zu viel ans Klima und zu wenig an die Indus-trie zu denken. In der letzten Woche kam es zum Eklat.
Bei den Beratungen über das so genannte Naturschutzpaket, bei dem es um die Pestizidverordnung und um ein EU-Gesetz zur Renaturierung geht, gerieten sich EU-Klimakommissar Frans Timmermans und der CDU-Politiker Norbert Lins in die Haare. Die Landwirte seien überfordert, so Lins.
Timmermans hielt dagegen, dass die Überschwemmungen in Italien zeigten, wie dringend nötig der Umwelt- und Klimaschutz sei. Die EU dürfe keine Zeit verlieren; eine Gesetzgebungs-Pause könne sich Europa nicht leisten. Doch es half alles nichts: Zwei Ausschüsse stimmten am Ende gegen das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur.
Streit um Atomkraft
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Einen Rückschlag gab es auch bei den Erneuerbaren Energien. Auf Drängen Frankreichs und einiger osteuropäischer Staaten hat das Europaparlament einen Beschluss zu neuen Ausbau-Zielen für Erneuerbare auf Juni verschoben. Frankreich fordert, die Atomkraft stärker anzurechnen – schließlich sei sie ja klimafreundlich.
Bahnt sich da eine schwarz-gelbe Allianz gegen neue Umwelt- und Klimagesetze an? Macron und De Croo gehören beide der liberalen Parteienfamilie „Renew“ an; im Europaparlament könnten sie mit der EVP gemeinsame Sache machen. Oder geht es vor allem gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen?
Die CDU-Politikerin hatte den „Green Deal“ nach ihrem Wechsel nach Brüssel 2019 in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt. Der größten Teil ihrer Umwelt- und Klimagesetze, die Europa bis 2050 klimaneutral machen sollen, wurde bereits verabschiedet. Einige wichtige Teile wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz fehlen aber noch.
„Die fossile Allianz ist zurück“
Nun könnten sie in den Sog des beginnenden Europawahl-Kampfs geraten, fürchten die Grünen. „Die fossile Allianz ist zurück“, warnt der grüne Europaabgeordnete Michael Bloss. Sie reiche von Macron bis zur extremen Rechten und sei wahltaktisch motiviert. „Man versucht, mit populistischen Parolen gegen von der Leyen zu punkten“, so Bloss.
Ganz anders sieht das Peter Liese, der umweltpolitische Sprecher der EVP-Fraktion. Der CDU-Politiker spricht von einer „Zeitenwende im Umweltausschuss“, nachdem auch dort ein Vorschlag der EU-Kommission gescheitert worden war. Die Vorlage zu Industrie-Emissionen wurde „in allen relevanten Punkten substanziell abgeschwächt“, so Liese.
Dies sei jedoch kein Versuch, den Klimaschutz auszuhebeln – im Gegenteil: Es gehe darum, die „Dekarbonisierung der Industrie“ weiter voranzutreiben und dafür andere, weniger wichtige Ziele zurückzustellen. Vor allem die Menschen auf dem Land seien überfordert, so Liese. Die Grünen hätten beim Umweltschutz überzogen…
Helmut Höft
31. Mai 2023 @ 20:34
Passend zum Thema, 2,5 h die sich rundum lohnen!
So isses richtig. (sry)
Thomas Damrau
31. Mai 2023 @ 20:07
Auch in der Diskussion um Umweltschutz wird der Kontrast beliebig hochgezogen, bis zum Schluss nur noch Schwarz oder Weiß übrig bleibt:
– Schwarz: möglichst so weiter wie bisher
– Weiß: nie mehr Fleisch, nie mehr Fliegen, Auto abschaffen, keinen Kunststoff verwenden
Dabei können wir einfach mit der Frage „Muss das wirklich sein?“ anfangen:
– Muss der Urlaub in immer exotischeren Orten verbracht werden oder gibt es nicht auch in der Nähe (Europa/Nordafrika) interessante Urlaubsorte?
– Brauchen wir wirklich einen 2,5-Tonner mit 10 Liter auf 100 km Verbrauch, um die Aktentasche zur Arbeit zu fahren – oder genügt nicht auch ein Kleinwagen?
– Sind die Kinder wirklich so durch den PKW-Verkehr gefährdet, dass wir sie ständig zu ihrem Schutz im PKW durch die Gegend fahren müssen?
– Muss man immer mit dem Auto ins Zentrum der Großstadt fahren oder kann man nicht auch das Auto an der Peripherie parken und mit dem (in der Regel gut ausgebauten) öffentlichen Verkehr ins Zentrum fahren?
– Ist der Thrill von Tempo 200 km/h wirklich so groß, dass wir dafür Unmengen von Energie verbraten müssen?
– Muss täglich Fleisch (das vom Stall in der Massentierhaltung bis zum Kühlregal beim Discounter schon 100e von km zurückgelegt hat) auf den Tische kommen?
– Muss man alle zwei Jahre sein Smartphone gegen ein Neues austauschen?
– Muss man seinen Mittags-Imbiss immer aus dem Kühlregal des Supermarkts in praktischer Plastikverpackung beziehen?
– …
Es scheint fast Gottes-lästerlich, solche Fragen zu stellen.
Und in diesem Zusammenhang muss ich auch Ulrike Herrmann recht geben: Unser Gesellschaft lechzt nach immer mehr Schnick & Schnack, ohne sich zu fragen, wo wir wirklich in den letzten Jahrzehnten unsere Lebensqualität verbessert haben. Größer – Schneller – Weiter ist inzwischen zum Selbstzweck geworden, während die Unzufriedenheit vieler mit vielem zunimmt.
KK
31. Mai 2023 @ 18:54
@ ebo:
Ich habe noch ein TV-Interview (an einem Flughafen) mit der damaligen grünen MdB Bärbel Höhn (zu dem Zeitpunkt schon gewesene, aber in ihrer Amtszeit unerbittlich rigorose Umweltministerin NRW) im Ohr, als sie auf die Frage, warum sie zwischen NRW und Berlin wöchentlich mit dem Flugzeug und nicht mit der umweltfreundlicheren DB pendele, anführte, dass sie die Bahn pro Strecke etwa zwei Stunden Zeit kostete, die sie dafür nicht mit ihrer Familie verbringen könne. Und da war die Klimakrise schon seit langem Thema.
Spätestens seitdem sollte wirklich jeder wissen, wie bigott die Grünen ticken!
KK
31. Mai 2023 @ 18:36
Solange man in Deutschland kein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen hinbekommt (was schonmal viel einsparen würde, ohne dass es jemanden einen Cent kostete – im gegenteil, an den Grenzen ein paar Schilder aufstellen und dafür zehntausende abbauen!), solange aus ideologischen Gründen das teure und schmutzige LNG in den USA mit viel Energieeinsatz verflüssigt, mit Diesel- und Schweröltankern über den Atlantik geschippert und dann hier das ganze mit ähnlich viel Energie wieder rückgängig gemacht werden muss (statt das vergleichsweise deutlich CO2-freundlichere russische Gas per bestehenden Pipelines herzuleiten), solange nicht Luxusyachten der Superreichen verboten werden, deren 300 grössten im Jahr soviel CO2 in die Luft blasen wie ein afrikanischer Staat mit 10 Millionen Einwohnern, solange die 20 reichtsen Menschen der Welt durchschnittlich pro Kopf rund 8000 Tonnen CO2 jährlich in die Luft blasen (weltweiter Durchschnitt pro Kopf 4 Tonnen, in den USA 15 Tonnen) – solange ist das alles nur Geschwätz, um den Bürgern das Geld aus den Taschen zu ziehen und genau diese Supereichen damit noch reicher zu machen!
ebo
31. Mai 2023 @ 18:39
Ganz meine Meinung. Fehlt noch das SUV-Verbot. Würde auch nichts kosten. Doch da wagen sich die grünen Frauen nicht ran, denn sie fahren ja selbst welche 🙂
european
31. Mai 2023 @ 18:48
@KK
Genau so ist es. Als ich von den 350000 Häusern las, die nun wegen der Heizungsgeschichte unter den Hammer kommen werden, war mir klar, dass es nicht primär um Umweltschutz geht. Dahinter steckt noch etwas anderes.
Kleine story nebenbei. Dort, wo wir früher gewohnt haben, lebte in der Nachbarschaft ein pensionierter Ex-Bonze, heute Oligarch, einer großen Retail-Kette. Die Pferdekoppel, sprich die Wiese draußen für die Pferde, hatte eine eigene Fußbodenheizung, damit die Pferde auch keine kalten Füße bekommen, wenn sie dort ihre Runden drehten.
european
31. Mai 2023 @ 17:35
@Helmut Höft
Ich mach mal hier weiter, weil der Thread irgendwie durcheinander geraten ist. 🙂
Wir sind vom Grundsatz her gar nicht so weit auseinander, denke ich. Ich befüworte wirklich jede sinnvolle Maßnahme zum Umweltschutz. Was die Möglichkeit des Klimaschutzes anbetrifft, so bin ich eher bei Messner, der kürzlich noch gesagt hat, dass man das Klima nicht schützen kann. Das glaube ich sofort, denn nach wie vor wissen wir nicht, wieviel an der Klimaveränderung tatsächlich vom Menschen gemacht ist. Es sind alles reine Modellrechnungen. Ich kann nur dann einen Hebel ansetzen, wenn ich weiß, wo.
Nur muss Deutschland hier m.E. aufpassen, dass es sich nicht überschätzt. Aktuell scheint das in vieler Hinsicht ein Problem des Landes zu sein. Wir überschätzen unsere Wichtigkeit. Im Zweifelsfall hört nämlich absolut niemand auf uns. Selbst die anderen europäischen Länder nicht. Dieses Pfund haben wir selbst spätestens nach der Finanzkrise verspielt.
Zum anderen muss man die Interessen derjenigen Länder sehen, die aus einer völlig anderen Richtung, nämlich bitterer Armut, kommen. Es gibt eine kurze Rede von Konstantin Kisin, ein britischer Comedian russisch-ukrainischer Herkunft, der kürzlich als der erste Nicht-Akademiker in der Oxford Union vor Studenten gesprochen hat. Diese kurze Rede beschreibt aber das Problem sehr präzise. Er spricht ein sehr gutes Englisch und man kann sich die englischen Untertitel einstellen.
https://youtu.be/zJdqJu-6ZPo
Er hat m.E. Recht. Die Zukunft wird in den ärmeren Ländern entschieden werden. Nicht, weil die uns etwas schlechtes wollen oder zu doof sind, sondern weil sie für ihre Kinder eine Zukunft wollen, die den Namen verdient. Aufstieg, medizinische Versorgung, Lebenssicherheit, Einkommen.
Wenn es einen Knopf gibt, mit dessen Hilfe ihre Kinder eine bessere Zukunft haben können, werden Eltern diesen Knopf drücken, CO2 hin oder her. Das einzige, was wirklich weiterhilft, ist Investition in Technologie, Wissenschaft und die Köpfe unserer Kinder. Alles Bereiche, die wir in Europa sträflich vernachlässigt haben, allen voran Deutschland durch die schwäbische Hausfrau.
Dann noch zum „Einklang mit der Natur“. Es gibt aktuell einen sehr beeindruckenden Film „Land“ mit Robin Wright in der Hauptrolle. Eine Fiktion, keine Doku. Eine schlimm traumatisierte Frau aus der Stadt kauft sich eine Hütte in den tiefsten Bergen (gefilmt in Alberta), um dort im Einklang mit der Natur zu sich selbst zu finden. Im Einklang mit der Natur heißt eben auch, dass mal eben ein Bär vorbeikommt, der die eigenen Vorräte frisst, es kein Telefon gibt, und wenn man nicht Holz hacken kann, oder die Saat für das Gemüse nicht aufgegangen ist, eben auch kein Heizholz im tiefsten Winter mit Minustemperaturen und kein Essen.
Ein sehr sehenswerter Film, der mich mit seiner Stille zutiefst beeindruckt hat.
Wenn wir also im Einklang mit der Natur leben wollen, müssen wir klären, was das heißt, z.B. für Stadtkinder, die aktuell nicht mal allein vor die Tür gehen können. Nicht nur wegen dem Straßenverkehr, sondern auch wegen fehlendem Platz.
Helmut Höft
1. Juni 2023 @ 06:41
@ european
Okee, ebo hat gesagt: „So lange ihr an Bord bleibt: Leinen los!“ 🙂
Aber das Wichtigste ist schon gesagt: Sicher sind wir nicht weit auseinander; für mich bleibt die Quintessenz bestehen: Es gibt keinen „New Green Deal“, dem stehen Narturgestze entgegen. Punkt.
PS.: Ich habe mir erlaubt, aus einem Kommentar von Dir (weiter oben) zu zitieren.
PAX
Stefs
31. Mai 2023 @ 13:31
Da spielen noch mindestens zwei weitere Gesichtspunkte eine Rolle.
Den Klimawandel wirksam zu bekämpfen bedeutet, dass ab sofort möglichst viele fossile Brennstoffe gar nicht erst aus der Erde extrahiert werden. Weil wenn sie erst einmal draußen sind, werden sie natürlich genutzt, mit den bekannten Folgen für den Klimawandel. Denkt man dieses politisch weiter, bedeutet es für die Klimabewegung, sich mit den stärksten, wirkmächtigsten und bestvernetzten Unternehmen und Lobbies des Planeten anlegen zu müssen, weil deren hochprofitables Geschäftsmodell auf ebendieser Extraktion beruht. Das macht keinen Spaß, dafür gibt es kaum Verbündete, keine attraktiven Gehälter, das trauen sich noch nicht einmal die Hardcore-Grünen auch nur zu fordern. Wir stehen bei der Bekämpfung des Klimawandels also vor einem politisch-systemischen Problem ersten Ranges.
Und die bisherhige Verweigerung der globalen politischen Klasse, diese Frage auch nur laut zu artikulieren, führt zu verständlicher Zurückhaltung auf Seiten der Bevölkerung. Weil man ihr von politischer Seite die Verantwortung und die Lasten zuschiebt, während man die hochprofitablen Geschäftsmodelle des Großkapitals schont.
Der zweite Punkt ist, dass durchgreifende Maßnahmen gegen den Klimawandel sich zu massiven sozialen Schieflagen ausweiten werden bzw. die bestehenden Ungleichgewichte drastisch erhöhen, wenn die Politik nicht wirksam gegensteuert. Dies wird gerade deutlicher denn je am Beispiel: Wer sich heute einen Neubau/eine Altbausanierung, eine Wärmepumpe und eine PV-Anlage leisten kann, kann am Ende auch halbwegs glimpflich mit den allgemeinen Energiekostensteigerungen davonkommen. Ein Großteil der Bevölkerung kann dies nicht, trägt die volle Härte des Strukturwandels, wird von der Politik nur mit warmen Worten bedacht und sinkt absehbar Richtung Existenzminimum. Anzeichen für eine wirksame sozialpolitische Abfederung der Klimaschutzmaßnahmen gibt es nicht, im Gegenteil, schaut man z.B. auf die diskutierte Industriestromdeckelung. Denn wer soll denn den unsubventionierten Strom und die Subventionen am Ende bezahlen?
Die Politik bietet aktuell keine konsistente Herangehensweise und verdient damit auch keine Unterstützung. Weil die derzeitigen Maßnahmen weder dem Klima helfen noch die sozialen Folgen abfedern. Auch wenn ich zugeben muss, dass die von mir geforderte konsistente Herangehensweise schwierig zu bewerkstelligen ist, vermutlich weiterhin zahlreiche Zumutungen enthält und großen Mut erfordert. Nur: Bleibt dies aus, bleibt auch der Erfolg aus.
KK
31. Mai 2023 @ 12:48
Klar, es geht ausschliesslich um Industrie und Landwirtschaft; der Bürger ist den Politikern mal wieder völlig egal!
Thomas Damrau
31. Mai 2023 @ 11:45
In den letzten Kommentaren werden einige unabhängige Fragen miteinander vermischt:
– 1 – Was ist von der aktuellen EU-Kommission zu halten?
Nicht viel – dieser Ansicht kann ich mich anschließen.
– 2 – Gibt es den vom Menschen gemachten Klimawandel?
Man kann natürlich an allem zweifeln, aber das ewige „Mag sein, dass ein paar Wissenschaftler der Meinung … sind, aber mein Bauchgefühl sagt mir, …“ wird langsam ermüdend. Ich frage mich, woher die Gewissheit kommt, dass der „menschengemachte Klimawandel“ ein „umstrittenes Narrativ“ ist. Man muss nur den Rückgang der Gletscher in den Alpen und den Schwund des arktischen Eises verfolgen, um sich zumindest die Frage zu stellen „Was passiert da?“ Und wenn die erhöhte vom Menschen verursachte CO2-Konzentration nicht die Erklärung sein soll – was dann? Und bitte nicht wieder die Geschichte von der erhöhten Sonnenaktivität ….
– 3 – Wie muss die Bevölkerung in die Diskussion über die erforderlichen Maßnahmen einbezogen werden?
Hier wird es natürlich wirklich spannend. Der „gesunde Menschenverstand“ in der Bevölkerungsmehrheit reagiert, wie Menschen nun einmal reagieren: veränderungsresistent – im Sinne von „stört mich in der Alltagsroutine, kann nicht sein, wird schon nicht so schlimm kommen“. Was natürlich nicht bedeutet, dass man die Bedenken der Bevölkerung nicht ernst nehmen muss. Und beim Ernstnehmen der BürgerInnen haben unsere Häuptlinge schon massive Probleme.
– 4- Was ist die angemessen Reaktion auf den Klimawandel?
„In Gefahr und höchster Not bringt der Mittelweg den Tod“ (https://gutezitate.com/zitat/134558). Das ist im Wesentlichen die Kernaussage der Klima-Aktivisten – nicht zu Unrecht: Die 1,5 Grad-Grenze wird möglicherweise schon nächstes Jahr durch den Zusatzeffekt von El Niño (https://www.spektrum.de/news/klimawandel-hoechste-wassertemperaturen-seit-aufzeichnungsbeginn/2134374) erstmals überschritten werden. Im Augenblick wird ein wenig am Problem rum-gedoktert und der Diskurs läuft immer noch nach dem Schema:
– Darüber müssen wir jetzt erst einmal in Ruhe nachdenken. (Das Probleme ist spätestens seit den 1980er bekannt.)
– Dann müssen wir Lösungstechnologien für das Problem entwickeln. Da bitten wir um klein wenig Geduld.
– Und das Ganze darf natürlich die Industrie nicht am Geldverdienen hindern.
So wird das nicht funktionieren.
Die radikale Gegenthese „Lass uns Klimaschutz vergessen und lieber Anpassungsmaßnahmen finanzieren“ wird aber auch nicht funktionieren. Es geht nicht nur darum, einige Dämme und Deiche zu verstärken. Mittelmeerklima in Deutschland klingt zwar verlockend – würde aber massive Konsequenzen nach sich ziehen: Große Teile von Fauna und Flora müssten zusammen mit den Klimazonen vom Äquator weg wandern. Das geht nicht innerhalb von einigen Jahrzehnten. Diese Anpassung benötigte auch bei vergangenen Klimaänderungen entweder viel Zeit – oder es kam zum Crash. Ganz zu schweigen von den Menschenmassen, die aus landwirtschaftlich nicht mehr nutzbaren Flächen weg wandern würden.
european
31. Mai 2023 @ 12:43
@Thomas Damrau – 2 – Gibt es den vom Menschen gemachten Klimawandel?
Den Klimawandel gibt es auf jeden Fall. Beispiele gibt es genügend. Wieviel davon menschengemacht ist, darüber streiten sich die Geister und ich sehe mich außerstande dazu intelligente Beiträge zu liefern. Aber völlig unabhängig davon gibt es m.E. eine höher stehende Regel, die da heißt, dass es kein Recht auf Planetenvermüllung gibt. Jeder hat die Pflicht, seinen Platz so sauber wie möglich zu hinterlassen und da gibt es noch verdammt viel zu tun. Verbot von Müllexporten z.B., das Ende der Plastikverpackungen und der Polyesterpullover. Klar kann man recyclen, aber irgendwann ist das Ende der Recycling-Fahnenstange erreicht und dann hat man trotzdem den Müll. Verbot von Einmalkleidung. Einführung einer Umweltbilanz für neue Produkte. Nix Zertifikate. Wenn die Umweltbilanz negativ ist, entweder nachbessern oder kein Produkt.
Die angebliche Abhängigkeit von umweltfreundlicherem russischen Gas, geliefert durch eine Pipeline, haben wir durch eine Abhängkeit von umweltschädlichem Frackinggas ersetzt, das verschifft werden muss und weiterhin schippern demnächst auch mehr Steinkohle aus Südamerika über den Atlantik als eigentlich sein müsste.
In Deutschland streitet man sich über das Heizungsgesetz. Mal abgesehen davon, dass ich bei idealen Bedingungen die Wärmepumpe für eine gute Sache halte (wir haben seinerzeit sogar unser Haus damit gebaut), habe ich bisher nichts darüber gefunden, was mit unserem Grundwasser und der Umwelt (Flora-Fauna) passiert, wenn Millionen Bundesbürger das Grundwasser gleichzeitig und permanent herunterkühlen.
Was mich erst recht hellhörig macht sind Berichte darüber, dass in einem Bundesland allein (weiß nicht mehr in welchem) geschätzte 350000 Bürger ihre Häuser verlieren werden, weil sie sich die Umrüstung nicht leisten können. Da werde ich misstrauisch, denn das klingt für mich eher einem gr0ß angelegten Enteignungsplan und ich wüsste gern, wer die Profiteure sind. Denn die gibt es.
Man könnte sehr viele Dinge tun, die auf den zweiten Blick das Klima schonen, z.B. unsere maroden Straßen und Brücken reparieren oder austauschen, so dass viele tausende Umwegskilometer, einschließlich zusätzlichem Sprit und Abgasen, entfallen.
Gleiches gilt für den öffentlichen Nahverkehr, öffentliche Gebäude – Schulen, Universitäten etc. Neue Isolierfenster können Wunder bewirken.
Helmut Höft
31. Mai 2023 @ 13:49
@ Thomas Damrau
FACK!
@ european
… z.B. unsere maroden Straßen und Brücken reparieren oder austauschen, so dass viele tausende Umwegskilometer, einschließlich zusätzlichem Sprit und Abgasen, entfallen. Erscheint auf den ersten Blick logisch (und bequem!), auf den zweiten Blick kann das auch bedeuten: „Super, alles okay, jetzt können wir wieder mit dem Auto fahren!“
Vllt. schaust Du hier mal vorbei?
Jeder muss einen Beitrag leisten, niemand kann auf die „anderen“ warten. „Grünes schrumpfen“ bedeutet anders leben, weder besser noch schlechter, halt anders – im Einklang mit der Natur, halt anders als heute.
european
31. Mai 2023 @ 14:34
@Helmut Höft
Ich halte sehr viel von Ulrike Herrmann, glaube aber nicht, dass es ein grünes Schrumpfen geben wird. Sie liegt da ebenso falsch wie mit ihrer Behauptung, Russland hätte Nordstream gesprengt.
Es wird ein Schrumpfen geben, das aber m.E. weniger mit dem Klima zu tun hat sondern eher mit den Preisen der deutschen Produkte. Dazu ist sehr hilfreich, den Artikel von Norbert Häring zu lesen, den ich gestern schon eingestellt habe. Unsere Freunde jenseits des Atlantiks sind sich sehr sicher, dass es eine Reindustrialisierung der USA nur zu Lasten einer Deindustrialisierung Europas geben wird und auf diesem Weg ist man dort schon. Alles schon eingestielt.
https://norberthaering.de/news/ecfr-vasallen/
Ganz offen wird beschrieben, wie die USA sich reindustrialisieren, indem sie Europa deindustrialisieren:
„„Da diese Maßnahmen das Potenzial haben, das Wirtschaftswachstum in Europa zu verringern, eine (weitere) Deindustrialisierung zu bewirken oder sogar den Europäern eine beherrschende Stellung in den Schlüsselindustrien der Zukunft zu verwehren, könnte man erwarten, dass sie in der gesamten EU auf ernsthaften Widerstand stoßen.“
und weiter
„Dann verhöhnen die Autoren die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen dafür, dass sie die ökonomische Ausplünderung und Deindustrialisierung Europas durch die USA so willfährig hinnimmt, zu lesen im Originaltext. Hier die Kurzfassung:
„…„Es ist jedoch alles andere als klar, dass sich diese Debatte in politischen Maßnahmen niederschlagen wird, die sich auf die US-Außenwirtschaftspolitik auswirken werden. Viele Regierungsbeamte haben (…) geäußert, dass die Europäer zwar jammern und sich beschweren mögen, dass aber ihre zunehmende sicherheitspolitische Abhängigkeit von den USA bedeutet, dass sie eine Wirtschaftspolitik akzeptieren werden, die als Teil von Amerikas globaler Sicherheitsrolle verstanden wird…“
Kurz gesagt: Sie werden uns auf dem Weg nach unten nicht das Händchen halten.
Nur weil einige deutsche Politiker „bereit“ sind, das Land zusammenzuschrumpfen – ohne entsprechende Ideen zu haben, wie denn dann bei den Bürgern die Brötchen auf den Tisch kommen, denken Politiker und Denkfabriken jenseits des Atlantiks noch lange nicht daran. Es kann allerdings auch sein, dass dieses „grüne Schrumpfen“ nur ein Label der Grünen ist, um den Bundesbürgern dieses Schrumpfen als gute Tat im Sinne des Klimas zu verkaufen“, während sie selbst in irgendwelchen transatlantischen Think-Tanks oder Organisationen durch gute Jobs mit Treuepunkten abgesichert sind. „Egal, was meine deutschen Wähler sagen,…“ Ulrike Herrmann traue ich das nicht zu, anderen ihrer Parteigenossen sehr wohl.
Hier das Original: Die Kunst der Unterwerfung
https://ecfr.eu/publication/the-art-of-vassalisation-how-russias-war-on-ukraine-has-transformed-transatlantic-relations/
Ich glaube vielmehr, dass die Bürger eher bei der nächsten Wahl der AfD ihre Stimme geben werden, als diese „grüne Schrumpfung“ hinzunehmen. Nicht, dass ich mir das wünschen würde, ich hoffe immer noch auf eine kompetente Wagenknecht-Partei.
Monika
31. Mai 2023 @ 10:24
VdL muss als Kommissionspräsdentin abgelöst werden, um wenigstens eine vage Aussicht auf ein erneuertes Europa, bzw ein Europa, das noch die Kraft zur Selbstheilung aufbringen kann, zu vermitteln.
vdL erscheint vielfach „-ant“, arrog-, intrig-, ignor-, … mit korruptem Hautgout (Pfizerdeals z.B.) und „sponsered by“ USA, man könnte fast von blinder Gefolgschaft sprechen. Die Bürger fühlen sich ohnmächtig (weil verkauft) und verraten (weil eh egal was „der Wähler“ denkt). Sie ist die Personifizierung von „ich stütze alten weißen Männern den Rücken“, sie unterstützt mit allen, auch illegitimen Mitteln, deren verkommene, völlig aus der Zeit gefallene politische Ränkespielen zu gunsten einer winzigen „Elite“, und freut sich wie Bolle über die Brösel, die für ihren Clan vom Tisch fallen.
Green Deal ??
Viele der grünen Taten sind pseudogrün, sie stellen die gesellschaftlichen und auch klimatischen Kosten nicht korrekt dar, viele der Verbesserungen sind nur als solche anzusehen, wenn man die Gestehungs- und Folgekosten der Maßnahmen nicht mit ins Kalkül zieht. Es geht hier nicht ums Klima, sondern um die Ausbootung einer festatabierten „Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit machen-Fraktion“, durch eine neue, „Gewinne machen auf Kosten der Allgemeinheit-Fraktion“.
Für den Bürger bleibt alles beim Alten, er kommt vom Regen in die Traufe…
Helmut Höft
31. Mai 2023 @ 16:06
@ european
Es scheint mir unwahrscheinlich, dass wir diese Diskussion hier weiterführen, das ist vermitlich nicht in ebos sinn!?
ebo
31. Mai 2023 @ 16:12
So lange es um Europathemen geht und nicht ausfällig wird sehe ich kein Problem 🙂
Peter Michael
31. Mai 2023 @ 09:55
Es immer schön von den Politikern/-innen zu sagen, die Menschen auf dem Lande oder sonst wo sind von dieser oder jener gesetzlicher Vorgabe überfordert.
Ich denke, es ist meist einfach die Erkenntnis, dass diese angesprochenen Regeln schlicht nicht notwendig sind. Die Menschen in Gänze sind intelligenter als die meisten Politiker in ihren woken und ideologisierten Entscheidungen, entstanden in den Blasen der abgehobenen und überheblichen politischen Führungs-Kaste. Die Menschen brauchen kein betreutes Denken, sondern müssen mit ihren Bedenken ernst genommen werden. Die Völker sind der Souverän und die Politiker/-innen die Dienstleister. Dafür werden sie mehr als üppig bezahlt.
Insbesondere dieses umstrittene Narrativ des menschengemachten Klimawandels wird immer fragwürdiger – die Menschen lernen und informieren sich, auch offensichtlich auch breiter als die ÖRR dies anbieten.
Billionen Euro ausgeben für fast keinen positiven Einfluss auf das Klima ist auch schlicht verrückt, die Infrastruktur für etwaige, normale Anpassungen an das Klima viel effektiver. Das verstehen die Leute und da ist seitens der Politik eine Überheblichkeit nicht angemessen.
Insbesondere Frau v.d. Leyen sollte endlich aus dem Spiel genommen werden, bei diesem immensen Schaden, den sie den Völkern Europas durch ihren intransparenten Kauf von umstrittenen Impfdosen in überzogener Stückzahl gebracht hat. Jeder Bürgermeister einer deutschen Kleinstadt wäre längst verhaftet worden, insbesondere zumal diverse Strafanzeigen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Madame laufen.
Towanda
31. Mai 2023 @ 08:38
Die drehen am Rad, weil sie ihren wirtschaftlichen Niedergang kommen sehen.
Thomas Damrau
31. Mai 2023 @ 08:37
Dieser Backlash findet ja nicht nur auf EU-Ebene oder allein in Frankreich statt. Auch in Deutschland wird der ökologische Eifer ausgebremst:
– quasi als Probelauf bei der Verkehrswende durch die Nebelkerze e-Fuels (siehe auch https://redfirefrog.wordpress.com/2023/04/09/e-fuels-fur-alle/ )
– Und jetzt ganz massiv bei der Umstellung der Heizsysteme (siehe auch https://redfirefrog.wordpress.com/2023/05/27/grune-positionswechsel/)
Die Gründe sind nicht so schwer zu erraten, egal ob man die EU-Ebene oder die Perspektive der Einzelstaaten betrachtet:
– Die BürgerInnen haben wenig Lust auf Veränderung: „Hat doch seit der Bronzezeit ganz gut geklappt.“
– Die fossile Industrie sieht die Gelegenheit zur Attacke.
– Die produzierende Industrie sieht die Gelegenheit, nach Ausnahmen und Subventionen zu rufen.
– Noch andere Akteure haben erkannt, dass sie etwas zu verlieren haben. So ist das deutsche Gasnetz ca. € 250 Milliarden wert. Ein Großteil davon wäre nach einer Dekarbonisierung abzuschreiben. Kein Wunder, dass der Geschäftsführer der VKU (https://de.wikipedia.org/wiki/Verband_kommunaler_Unternehmen), Ingbert Liebing (CDU), sich als Fan der Wasserstoff-Heizung outet, deren Brennstoff das Gasnetz nutzen soll. (https://www.deutschlandfunk.de/debatte-um-heizungsgesetz-interview-ingbert-liebing-chef-vku-dlf-378a3d8b-100.html)
– Den BürgerInnnen wurde lange suggeriert, das Klima könne so nebenbei gerettet werden. Jetzt werden so langsam die Preisschilder an die einzelnen Maßnahmen geklebt.
– Das Ganze wurde nach dem Motto „Unter den richtigen Rahmenbedingungen regelt der Markt das von alleine.“ aufgesetzt. Dass manche Marktteilnehmer mit diesem Ansatz überfordert sind, wurde lange ignoriert (siehe auch https://redfirefrog.wordpress.com/2023/05/08/markt-und-wirklichkeit/).