Im Ausnahmezustand: Brennt Brüssel?
Kurz vor Weihnachten hat Frankreichs Präsident Macron den “wirtschaftlichen und sozialen Ausnahmezustand” ausgerufen. Auch in Großbritannien und Belgien brennt die Hütte. – Teil 1 einer 3-teiligen Serie zur Krise in Westeuropa.*
Der 16. Dezember wäre beinahe in die EU-Geschichte eingegangen – als Fanal. Nationalisten aus Flandern versuchten, die EU-Kommission zu stürmen. Sie konnten nur durch einen massiven Polizeieinsatz gestoppt werden.
Der Sachschaden war gering, doch die politische Wirkung ist immens. Wenige Tage später reichte der belgische Premier Charles Michel seinen Rücktritt ein. Er war zum Opfer einer Kampagne der flämischen Rechten geworden.
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Kurz danach wurde bekannt, dass sich Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron nur noch heimlich und geschminkt auf die Straße traut. „Er schminkt sich sogar die Hände“, zitiert „Le Monde“ einen Abgeordneten der Regierungspartei LRM.
Bei einem seiner letzten Ausflüge in die Provinz hatten ihn „Gelbwesten“ zur Hölle gewünscht. „Wir wollen Dich an die Guillotine bringen“, stand auf einer Puppe am Straßenrand. Seither hat Macron Angst vor seinem Volk.
Nicht viel besser ist es um die britische Premierministerin Theresa May bestellt. Sie hat zwar einen Putschversuch aus den eigenen konservativen Reihen überstanden. Doch auch sie steht mit dem Rücken zur Wand.
Der Brexit-Vertrag, den sie im November mit der EU ausgehandelt hat, findet keine Mehrheit im britischen Parlament. In ihrer Not versuchte May, noch Nachbesserungen zu erreichen. Doch die EU ließ sie abblitzen.
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Drei Szenen einer Krise. In Brüssel, Paris und London herrscht Ausnahmezustand. Michel, Macron und May – noch im Sommer standen diese Politiker für Stabilität, Macron galt sogar als Hoffnungsträger.
Nun müssen sie händeringend mitansehen, wie sie zum Spielball von Nationalisten, Populisten und Putschisten geworden sind. Drei Monate vor dem Brexit und fünf Monate vor der Europawahl steht Westeuropa vor einem Scherbenhaufen.
Nur Westeuropa? Natürlich nicht. In den USA hat die Krise schon viel früher begonnen – mit der Wahl von US-Präsident Donald Trump, vielleicht sogar schon mit dem 11. September 2001.
In der EU waren es bisher vor allem Griechenland und Italien, die in den Abgrund geschaut haben. Doch nun sind auch noch Ungarn und Rumänien im Osten und Schweden im Norden in die Krise gerutscht.
Und jetzt hat es auch noch Großbritannien, Frankreich und Belgien erwischt – die Westeuropäer. Selbst Deutschland ist nicht mehr so stabil wie früher.
*Dieser Beitrag erschien zuerst in der “taz” unter dem Titel “In Brüssel brennt die Hütte”. Teil 2 steht hier
Peter Nemschak
3. Januar 2019 @ 20:39
Haben Sie konkrete nachvollziehbare Beweise für ihre Phantastereien?
Stef
7. Januar 2019 @ 09:20
Ihnen scheinen die ohnehin dünnen Argumente auszugehen…
Hella-Maria Schier
3. Januar 2019 @ 17:47
Global orientierte Wirtschaft und Finanz wollen auf Teufel komm raus massenhafte Migration, unbegrenzt in Zahl und Ausbreitung. Für halbe Sachen hat man da nichts übrig. Ein hohe Stückzahl drückt den Preis. Also sagten sie: Fahrt in die Länder der Barbaren, zerstört ihre heiligen Stätten, bringt ihnen das Christentum, pardon, die Demokratie und lehrt sie dem einzig wahren Gott des grenzenlosen Wachstums und der Grenzenlosigkeit grenzenlos zu dienen. Weigern sie sich, überzieht ihre Länder mit Krieg. Sodann treibt die Verbliebenen auf eure Sklavenschiffe und bringt die Elenden nach Europa, wo sie als unbegrenzter Zustrom billiger Arbeitssklaven unseren Wohlstand mehren sollen, denn der Arbeiter Europas ist zu teuer. Hat er etwas gegen die unbegrenzte Einfuhr der Sklaven, zeichnet ihm das Ketzermal auf die Stirn und beschuldigt ihn sündigen, äh rassistischen Gedankenguts und ächtet jeden, der ihren Einflüsterungen des Teufels bereit ist, Gehör zu schenken. Möge die heilige Inquisition den Hexenhammer der Amadeu Antonio Stiftung
drohend schwingen und die Scheiterhaufen mit der Fackel des einzig wahren Glaubens entzünden. Bereinigt von jedem ketzerischen Worte hat die Rede des tumben Volkes zu sein. “No Border, no nation” verkünden unsere Wanderprediger, walzen die Grenzen der Indianer, Pardon, der Indigenen, äh, der Einheimischen nieder und bahnen dem göttlichen Imperium den Weg. Denn wisset, Imperien mochten Grenzen noch nie und grenzenlos ist das Imperium des einzig wahren Glaubens des grenzenlosen Wachstums.
“Solidarität statt Heimat” schreien die Wanderprediger des Kapitals auf den Straßen Europas, denn was Heimat ist, können wir nicht besitzen. Wer sich nicht anpasst, muss zurückweichen. Die afrikanischen Sklaven jedoch sollen ihre Heimat nicht wiedersehen, selbst wenn sie zurückkehrten, denn auch sie gehört uns, um sie ihrer Schätze zu berauben um sie unserem grenzenlos gierigen Gott darzubringen, als das er auf ewig gedeihen möge.
Claus
3. Januar 2019 @ 12:15
Na, dann sehen wir uns das Ungemach doch mal an:
(1) Frankreich und Macron: Leiden am Mangel produktiver Arbeitsplätze sitzen in der Klemme zwischen Haushalt und „Investitionen in die Zukunft“, für die primär Deutschland über neue kreativ zu gestaltende EU-Töpfe blechen soll, dies aber im Hinblick auf die EU-Wahlen (noch) nicht so richtig tun mag. Da braucht Macron Steuererhöhungen für dieses, jenes, Umwelt und Diesel, worauf die Gelbwesten ihm den Kittel anzünden. Ohne EU käme Frankreich vermutlich kognitiv ganz befreit und selbst auf die erforderlichen Maßnahmen, die inländisch zu treffen sind. Und würde man die Franzosen fragen, ob sie in der EU bleiben wollen, wären nach aktueller Umfrage über 85% für einen FrExit. Leider fragt man sie nicht.
(2) Nationalisten aus Flandern: Wollen keine unkontrollierte Migration und keine Förderung derselben durch UN-Pakte, die irgendwie niemanden zu nichts verpflichten, aber vielleicht doch, und auf jeden Fall dringend unterschrieben werden müssen. Das ganze Theater (mit „Sturm auf die EU-Kommission“) hätte es nicht gegeben, wenn die EU ihren Verpflichtungen aus den Schengen-Abkommen nachkommen würde, ihre Außengrenzen zu schützen. Wer hat’s versaut?
(3) BrExit und Theresa May: Erstens hätten die Briten aufgrund ihres besonderen Naturells nicht der EU beitreten sollen (andere Länder fahren gut damit), sie selbst hätten es wohl auch nicht gewollt, allerdings wurden auch sie nicht gefragt, sondern der EU-Beitritt wurde im Unterhaus entschieden. Und was war der Grund für den BrExit? Wahlforscher sind sich ziemlich sicher, dass Merkel und die unkontrollierte Migration hierfür entscheidend war. Womit wir wieder (u.a.) in Schengen wären.
Und was sagt uns das? EU-Probleme sind überwiegend hausgemacht, wie auch das daraus resultierende Verhalten der politischen Akteure, die sich damit zum „Spielball von Nationalisten, Populisten und Putschisten“ haben machen lassen.
XP Schlesinger
2. Januar 2019 @ 19:06
Leider klammert sich die Linke blind an die EU und verwechselt sie mit Europa.
Deswegen haben rechte Parteien anstatt linker Parteien die Kritik an der EU und dem Euro besetzt.
https://einfache-standards.blogspot.com/2018/12/wirtschaft-wie-deutschland-zum-euro_21.html
https://einfache-standards.blogspot.com/2018/11/wirtschaft-deutschlands-uberschusse.html
Was falsch verstandenen Liberalismus und Identitätspolitik angeht, haben sich Linke verlaufen und verbrauchen sich dort zu lasten ihrer Wählerschaft.
https://einfache-standards.blogspot.com/2018/12/kommentar-eine-koder-fur-die-linke.html
Linke adressieren Probleme nicht mehr.
Linke skandalisieren Probleme und erteilen Sprechverbote.
https://einfache-standards.blogspot.com/2018/12/kommentar-es-gibt-auch-linke.html
https://einfache-standards.blogspot.com/2018/12/kommentar-warum-spricht-keiner-uber.html
MfG
XPS
ebo
2. Januar 2019 @ 19:48
Ja, da triffst Du einen wunden Punkt. Gerade in Frankreich war die Identitätspolitik wichtiger als soziale Gerechtigkeit. Das rächt sich nun
Peter Nemschak
3. Januar 2019 @ 21:06
Nationale Identität, nennen wir es geradeheraus Nationalismus, ist eine starke Bindekraft von Gesellschaften, stärker als alle liberalen Ideen von Freiheit und Gleichheit. Das musste die amerikanische Außenpolitik mit ihrem liberalen Werteexport(versuch) nach Ende der Sowjetunion schmerzhaft zur Kenntnis nehmen. Auch in Europa ziehen die meisten Menschen, sieht man von einer Minderheit der Intellektuellen ab, Stabilität liberalen Werte vor; überzeugend argumentiert bei: John J.Mearsheimer,The Great Delusion, Liberal Dreams and International Realities. Warum verkauft sich Identität politisch besser als soziale Gerechtigkeit? Was wollen die Menschen? Dass es ihnen so gut geht wie ihrem materiell besser gestellten Nachbarn oder dass es dem Nachbarn nicht besser geht als ihnen selbst? Soziale Gerechtigkeit ist ein schillernder Begriff.