Macrons Spitze(n)-Kandidaten – Schon drei Journalisten-Morde

Ein spannendes Rennen um die besten Köpfe hatten uns die europäischen Parteienfamilien mit ihren “Spitzenkandidaten” versprochen. Doch immer mehr EU-Politiker verzichten auf eine Kandidatur – oder schließen sich Frankreichs Macron an. 

Zuletzt haben gleich drei prominente Politiker den Rückzug angetreten: Österreichs Ex-Kanzler Kern, die EU-Außenbeauftragte Mogherini und Währungskommissar Moscovici. Alle drei sind Sozialdemokraten – es läuft nicht gut für die Genossen.

Doch auch bei der konservativen EVP kann von einem Wettbewerb um die besten Ideen und Köpfe keine Rede sein. Finnlands Ex-Regierungschef Stubb ist eigentlich nur in Helsinki bekannt, EVP-Fraktionschef Weber bloß in Brüssel.

Eine Strahlkraft geht von diesen Kandidaturen nicht aus, eher ein Gefühl der Langeweile. Nur überzeugte deutsche Föderalisten wie M. Müller mögen da noch ein “herausragendes … Vorwahl-Duell” erkennen.

In Wahrheit gestaltet sich die “Spitzenkandidaten-Suche” zäh, zumal einige Parteien (Linke, deutsche Liberale) noch nicht einmal entschieden haben, obwohl sie überhaupt Spitzenkandidaten suchen sollen!

Viel spannender ist dagegen, was sich im Macron-Lager tut. Denn dort sammeln sich die wirklich wichtigen Persönlichkeiten. Vom belgischen Ex-Premier und europäischen Liberalen-Chef Verhofstadt war bereits die Rede.

Er hat den Spitzenkandidaten-Prozeß für gescheitert erklärt und strebt ein Wahlbündnis mit Macron an. Als mögliche Anwärterin für die Juncker-Nachfolge gilt beiden die dänische Wettbewerbskommissarin Vestager.

Vestager selbst hält sich zwar noch bedeckt; doch auch sie hat die Spitzenkandidaten schon für gescheitert erklärt. Ähnlich scheint das P. Moscovici zu sehen. Der französische Sozialist hat sich gerade von seinen Genossen losgesagt.

Das heißt aber noch lange nicht, dass er aus dem Rennen ist. Moscovici könnte sich nämlich noch zum Macron-Lager bekennen – genau wie Brexit-Verhandlungsführer Barnier. Im Vergleich zu Weber wären sie Spitze-Kandidaten

…die sich allerdings keiner Wahl stellen wollen, sondern nach der Europawahl um Ämter rangeln würden. Schön ist das nicht. Allerdings hat sich auch Juncker keiner Wahl gestellt – er wurde “Spitzenkandidat”, ohne für das Europarlament zu kandidieren…

WATCHLIST:

  • Die EU-Umweltminister beraten in Luxemburg über den Klimaschutz – und über neue Umweltnormen für Autos. In beiden Fragen stand Deutschland auf der Bremse. Kanzlerin Merkel und die CDU wollte weder neue, verschärfte Klimaziele noch strengere Auflagen für die (deutsche) Autoindustrie. Wird die EU vom Vorreiter zur “Lame duck” in der Klimapolitik?

WAS FEHLT?

  • Rechtsstaatlichkeit in Bulgarien. Obwohl das Land von der EU-Kommission beraten und überwacht wird, passieren immer noch unglaubliche Dinge- wie jetzt der Mord an der Journalistin M. Marinowa. Marinowa ist die dritte Journalistin, die innerhalb eines Jahres in der EU ermordet wurde. Da stellt sich die Frage, ob nicht auch Brüssel versagt haben könnte? Die Kommission kümmert sich doch um den Kampf gegen das organisierte Verbrechen in Bulgarien, oder?