2022

Mehr Zeit, aber kein Geld: das ist die wundersame Formel, auf die sich die Eurogruppe im Streit um Griechenland geeinigt hat. Die Regierung in Athen soll zwei Jahre mehr Zeit bekommen, die Sparziele zu erreichen. Allerdings ist unklar, wie die Verlängerung finanziert werden soll. Und es gibt Streit über die Frage, wann Griechenland seine Schulden wieder „tragen“ kann – 2020 oder 2022. All das verheißt nichts Gutes.

1984. Das war das Datum, auf das ich in meiner Jugendzeit wie gebannt starrte. Wie fast aller meiner Generation hatte ich G. Orwells düsteren Zukunftsroman gelesen und wartete nun auf den „Big Brother“. Das ist verdammt lang her, inzwischen wurde viel Geschichte gemacht. Doch nun gibt es ein neues Angstdatum: 2022. Geht es nach den Plänen der Eurogruppe, soll wird die Krise in Griechenland noch so lange dauern, mindestens.

Erst 2022, so das neue Kalkül der Euro-„Retter“, wird Athen die so genannte „Schuldentragfähigkeit“ wieder erreicht haben – also eine Schuldenquote von 120 Prozent des BIP. Natürlich ist dies an den Haaren herbeigezogen: Derzeit nähern wir uns den 190 Prozent, und bisher haben sich alle Prognosen als falsch erwiesen (siehe auch „Alles falsch“). Zudem besteht der IWF darauf, die Planvorgabe wie bisher vereinbart schon 2020 zu erreichen.

Aber das ist nicht das Entscheidende. Entscheidend ist, dass es noch mindestens zehn Jahre dauern wird, bis Griechenland aus dem Schlamassel herauskommt – optimistisch gerechnet. In der Zwischenzeit drohen noch härtere Sparmaßnahmen – der Fachdienst „Eurointelligence“ spricht davon, dass 2015 und 2016 weitere 4 Mrd. Euro gekürzt werden müssen. Der Alptraum geht also weiter, die Zwangsjacke Euro wird zum Gefängnis.

Das ist es also, was Merkel meint, wenn sie sagt, die Eurokrise lasse sich nicht über Nacht lösen. Zwar gibt es auch Hoffnungszeichen. So verzeichnete das griechische Budget bereits im zweiten Monat einen Primärüberschuss (vor dem Schuldendienst), wie der Blog „Independent Insight Views“ meldet. Die Budgetsanierung kommt also voran, theoretisch kann Griechenland seine laufenden Staatsausgaben bald wieder selbst finanzieren.

2022 könnte als Menetekel wirken, wie einst 1984

Doch irgendeinen Vorteil sollen die Griechen nicht daraus ziehen. Wenn es nach Merkel und ihrem feinen Herrn Schäuble geht, soll der Überschuss zu einem Gutteil auf ein Sperrkonto fliessen, aus dem die Schulden bedient werden. Das nützt zwar fast gar nichts, vermutlich wird es bis zum Jahr 2122 dauern, bis die Griechen auf diesem Wege ihre Schulden abgestottert haben. Aber es hat den „Vorteil“, dass sie so nicht auf dumme Gedanken kommen und sich aus dem Euro befreien können…

Bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass irgendwann der IWF oder die EZB aussteigen. Oder dass wieder irgendein „Black Swan“ kommt, wie vor einem Jahr. Und das ganze „Rettungs“-Regime zusammenbricht. 2022 könnte als Menetekel wirken, so wie damals 1984. Eine bittere Hoffnung…

Siehe zu diesem Thema auch meine aktuelle Umfrage