1764 Euro weniger – weil Lohnquote sinkt
Neuerdings spricht man in Brüssel gerne vom „sozialen Europa“. Die Arbeitnehmer sollen ihren „fair share“ am Kuchen bekommen, fordert die EU-Kommission. Doch davon sind wir weit entfernt – mehr denn je.
Denn die Lohnquote – also der Anteil der Löhne am Gesamteinkommen – sinkt seit den „goldenen“ 70er Jahren. Der Europäische Gewerkschaftsbund hat jetzt einmal ausgerechnet, wie viel in der Lohntüte fehlt.
Setzt man die Lohnquote der 90er Jahre an, und rechnet sie auf heutige Löhne und Gehälter um, so wären dies im EU-Durchschnitt satte 1764 Euro pro Jahr. Es gibt auch Zahlen für einzelne Länder:
The figures calculated for individual countries are: Czech Republic €4107, Poland €2777, Germany €2169, Spain €2806, Italy €3354, Hungary €2122 and Portugal €1890.
Fast 200 Euro im Monat weniger für deutsche Arbeitnehmer – und das trotz „Beschäftigungswunder“ und „Boom“!? Kein Wunder, dass die Gewerkschaften nun kräftige Erhöhungen fordern.
Der EGB spricht sogar von „Lohndiebstahl“ – und fordert die EU auf, sich für die Arbeitnehmer stark zu machen. Doch davon ist nicht viel zu sehen – trotz der neuen „sozialen Säule“.
In Brüssel setzt man weiter auf Lohnzurückhaltung und Wettbewerb zwischen den 28 Mitgliedsländern. Angeblich steigert das die Wettbewerbsfähigkeit und die Investitionen.
Doch wenn dem wirklich so wäre, bräuchten wir wohl keinen „Juncker-Plan“ – der Investitionen fördert. Offenbar streichen die Unternehmen die Gewinne lieber ein, statt sie zu investieren…
Thomas Scheidemann
28. Februar 2018 @ 10:51
In den 70er Jahren hatte jede Krankenschwester, jede Sekretärin ihr eigenes kleines Auto. Als Student bekam man etwas Geld von Zuhause und hatte noch einen kleinen Nebenjob: Taxifahren am Wochenende oder ähnliches. Davon konnte man seine Bude bezahlen, zweimal in der Woche seine Freundin zum Essen einladen, Klamotten, Bücher und Schallplatten kaufen, sich ein Auto halten und noch ein bis zweimal im Jahr in Urlaub fahren. Jeder Arbeiter, Handwerker sowieso, aber jeder Arbeiter baute sich sein eigenes Haus. Dann wurden die ehmals linken Studenten ((„Wir sind die besseren Menschen!“) Politiker und sahen tatenlos zu, wie die Multis, wie die Hochfinanz die Bevölkerung ausraubten. Die Vorgänge sind für die Bevölkerung unsichtbar, aber die Ergebnisse sind deutlich sichtbar.
Seit Jahren versuchen führende Politiker Europas die großen, reichen, internationalen Firmen dazu zu verpflichten, ihre Gewinne da zu versteuern, wo sie entstehen. Und nicht in Irland oder sonstwo.
Und warum kommen die nicht zu Potte?
Peter Nemschak
28. Februar 2018 @ 15:07
Wir haben global agierende Unternehmen aber keine Weltregierung.
Baer
28. Februar 2018 @ 09:48
Lohnsteuer senken,dafür Kapitalertragssteuer drastisch nach oben,schon wird ein Schuh daraus.
Besteuerung des Umsatzes und nicht des Gewinns,und zwar dort wo er anfällt.Konzerne zur Kasse,Bürger entlasten heißt das Gebot der Stunde.(man wird ja noch träumen dürfen!?).
Peter Nemschak
27. Februar 2018 @ 19:47
Könnte es sein, dass die Lohnquote deshalb gesunken ist, weil der Anteil an Technologie an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung größer geworden ist? In anderen Worten: um das gleiche Sozialprodukt zu erzielen, braucht man heute weniger Arbeitskräfte als in den „goldenen“ 1970-iger Jahren. Aussagekräftiger wäre ein Vergleich der Realeinkommensentwicklung in den verschiedenen Einkommenskategorien.
Dixie Chique
28. Februar 2018 @ 10:26
Das wäre allerdings aussagekräftig. Nur daß es kaum verlässliche Informationen über just jene Einkommenskategorie gibt, die die meisten und größten Probleme verursacht. Leute, die morgens, wenn sie aufstehen, 10 Mio. reicher sind als am Vorabend beim Schlafengehen. Selbstverständlich und logischerweise, weil sie in nur einer durchgeschlafenen Nacht mindestens genauso viel – wenn nicht mehr ! – „leisten“ als 420 KrankenpflegerInnen übers ganze Jahr samt 3-Schicht. Is klar.
Trickle-Up-Effekt? Umgekehrte Umverteilung? Iwo.. Gehen Sie bitte weiter, hier gibt es nichts zu sehen, auch keine goldenen Zeitalter! Ach ja, und..: Selber Schuld!
Olli
28. Februar 2018 @ 20:07
Sie sind der Knaller !!
Ist denn Ihr Leben seit den „goldenen 70 ern für Sie billiger geworden weil
„der Anteil an Technologie an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung größer geworden ist und deshalb „weniger Arbeitskräfte gebraucht werden“ ?
Meins jedenfalls nicht.