“Solidarität ist schwierig geworden”
Wird 2018 zum Wendepunkt für die europäische Integration? Das wollten mehrere Thinktanks von Ex-Ratspräsident Van Rompuy wissen. Die Antworten fielen ernüchternd aus.
Er glaube nicht an einen großen Sprung nach vorn, so der Belgier. Wer die Vereinigten Staaten von Europa verspreche, bereite die nächste Enttäuschung vor.
Wenn der EU in diesem Jahr ein Relaunch gelangten sollte, wäre das schon viel, so Van Rompuy. Brüssel müsse konkrete Antworten auf konkrete Probleme geben, statt Visionen zu verbreiten.
Doch welche Probleme kann die EU 2018 lösen? An eine Reform der Eurozone glaubt der frühere EU-Präsident nicht, jedenfalls nicht an eine, die Deutschland Geld kostet.
“Alles, was mit Solidarität zu tun hat, ist schwierig geworden, nicht nur in Deutschland”, sagte er. Auch die Niederlande oder Finnland stehen auf der Bremse.
Und wie sieht es mit der Verteidigung der europäischen Werte aus, etwa mit dem Rechtsstaat in Polen? Auch da ist Van Rompuy ausgesprochen skeptisch.
Das neue Sanktionsverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags werde wohl nicht viel bewirken. Van Rompuy denkt schon weite: “Was machen wir, wenn Artikel 7 gescheitert ist?”
Eine Antwort gab der Ex nicht. Klar ist nur, dass dies ein Waterloo für Juncker und seine “politische Kommission” wäre. Sie wäre an der polnischen Machtpolitik gescheitert.
Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb Juncker neuerdings wieder ganz zahm zu Warschau ist?
Anton Vogel
10. Januar 2018 @ 09:47
Interessante Erkenntnisse des Herrn Van Rompuy !!!!!!
Wenn keine grundlegende Reformierung der EU erfolgt, wird sie kläglich scheitern……
Oudejans
10. Januar 2018 @ 08:57
>>”Wenn der EU in diesem Jahr ein Relaunch gelangten sollte, wäre das schon viel”
Das fahle Gelb der Sterne im EU-Logo gefällt mir schon lange nicht. Und man könnte sie kursiv stellen. Auch die Ode an die Freude könnte man neu einspielen.
Und eine neue Sponsorentapete.
“Daimler-Kommissionspräsident Juncker sagte…”, “Ryanair-Sozialkommissarin Thyssen [confusing!] entgegnete…”, “Seat-Klimaschutzkommissar Canete intervenierte…”, “… wie der Sprecher des Jacques’-Wein-Depot-Europaparlaments betonte”, “Arcelor-Wettbewerbskommissarin Vestager versagte…”, “… freute sich Areva-Umweltkommissar Vella”, “… drohte EADS-Migrationskommissar Avramopoulos”, etc.
Da merkt der Bürger sofort auf: Aha – EU, das bin ich.
ebo
10. Januar 2018 @ 09:06
Sehr schön, bei POLITICO.EU läuft es schon so. Da werden die Newsletter von General Electric oder von Google gesponsert 😉
Herbert Hensler
9. Januar 2018 @ 18:36
wäre doch Warschau Athen oder ähnlich wie Griechenland, man könnte die EZB wieder politisieren und das Land um seine Staatsbetriebe enteignen, die Bevölkerung um Löhne und Renten enteignen und so die Regierung gefügig machen. Diese Rasselbande genannt EU Kommission taugt zu nichts vernünftigem, sie ist eine erzkonservative Erpresserbande bei den Ärmsten der Armen und in den Hintern kriechend bei der Finanz- und Großindustrie.
Ich bin täglich mehr verbittert über diese Unfähigkeit.
Peter Nemschak
9. Januar 2018 @ 19:13
Die Mehrheit will keinen so großen Staat wie Sie. Sonst hätten sie anders gewählt.
Claus
9. Januar 2018 @ 18:29
Schon interessant, dass gerade die „Thinktanks“ ausgerechnet mit van Rompuy sprechen, der ja nicht gerade als die hellste Kerze auf dem EU-Leuchter gilt. Normalerweise rückkoppeln die Thinktanks ja direkt in Richtung Politik, wo es längszugehen hat. Und hätten sie mit dem Pförtner in der Rue Wiertz über „einen großen Sprung nach vorn“ gesprochen, wäre die Antwort vermutlich nicht anders gewesen.
Wer, wenn er keinen politischen Suizid begehen möchte, wird noch die Werbetrommel für die „Vereinigten Staaten von Europa“ rühren? Die Osteuropäer? Wohl kaum. Macron? Hat erstens die Front National im Rückspiegel und zweitens kein Geld. Will er das ändern, müsste er, falls die Verlierer-Koalition bis dahin stehen sollte, in Berlin anrufen und mit Schulz sprechen, der einzige weit und breit, der, warum auch immer, die VSE auch möchte. Wenn er dann noch da ist. Allerdings: Steht die „GroKo“ bis dahin, hat die AfD als größte Opposition den Vorsitz im Haushaltsausschuss, falls auch hierfür von der derzeit geschäftsführenden Regierung die Geschäftsordnung nicht geändert wird. Denkbar ist ja alles, und es bleibt unterhaltsam.
Wer kann denn die VSE noch wollen? Italien? Würde sein gigantisches Haushaltsproblem auf die EU-Staaten verteilt bekommen, hat aber im März erst einmal Neuwahlen mit offenem Ergebnis.
PS: Und dass Artikel 7 gegen Polen (und ggf. gemeinsam gegen Ungarn) nichts bewirken wird, ist doch jetzt schon klar, zumal die Polen ohnehin nicht die Erfinder der politisch gelenkten Justiz sind.