Neue Golfkrise: EUropa schaut zu
Als Bush jr. den Irakkrieg vom Zaun brach, hat die EU reagiert – und am Beispiel Iran gezeigt, dass man Krisen auch friedlich lösen kann. Nun zündeln die USA schon wieder am Golf – doch Brüssel schweigt.
Erst hat US-Präsident Trump sich hinter Saudi-Arabien gestellt und den Iran isoliert. Dann hat Saudi-Arabien nahöstliche Autokraten und Warlords versammelt, um den reichen Zwergstaat Katar abzuriegeln.
Die neue Golfkrise kann die Europäer nicht kalt lassen, sollte man meinen. Schließlich geht es hier um Öl, Gas, Terror und Fußball – von den Milliarden-Investitionen der Scheichs in Europa ganz zu schweigen.
Vor allem für Deutschland ist Katar wichtig. Denn das Emirat ist mit Doha nicht nur ein Drehkreuz für den internationalen Flugverkehr, sondern auch strategischer Investor bei VW und der Deutschen Bank.
Doch Berlin und Brüssel schweigen. Kein Wort von Kanzlerin Merkel, kein Pieps von Kommissionschef Juncker, Totenstille im Europäischen Auswärtigen Dienst um die Außenbeauftragte Mogherini.
Das Schweigen dauert nun schon fast zwei Wochen – so lang ist Trumps Triumphzug in Saudi-Arabien her. Der US-Präsident hat Katar offenbar zum Bauernopfer erkoren, nun mimt er den Vermittler.
Auch die Türkei hat sich eingeschaltet. Wenn nicht alles täuscht, wollen Trump und Sultan Erdogan die Region gemeinsam neu ordnen – und die europäischen Interessen lächelnd übergehen.
Jetzt rächt es sich, dass die EU nach Trumps Kanonenboot-Politik in Syrien sofort auf die US-Linie eingeschwenkt ist. Und es rächt sich natürlich auch, dass man Erdogan schalten und walten lässt.
Eigentlich ist ein EU-Beitrittskandidat wie die Türkei verpflichtet, der gemeinsamen EU-Linie in der Außenpolitik zu folgen. Wenn es aber gar keine Linie gibt, oder Europa zu schwach ist…
Siehe auch “Keine Pole Position” – warum die EU vom Klima-Bruch mit Trump nicht profitiert
Oudejans
7. Juni 2017 @ 17:27
>>”Das Drehkreuz für den internationalen Flugverkehr in der Region ist Dubai, nicht Doha (Ok, fängt beides mit D an…).”
Doch, Doha hat mit Qatar Airways (ca. 190 Maschinen) eine ebenfalls sehr ehrgeizige Airline, die insbesondere den VAE mit ihren drei Airlines Emirates, Etihad und Flydubai (zusammen ca. 440 Maschinen) schon länger ein Dorn im Auge ist. Und alle vier haben noch einen längeren Bestellzettel…
Ute
7. Juni 2017 @ 17:13
@Nemschak: “Die politische Struktur der EU und ihre militärische Schwäche setzen ihrer Glaubwürdigkeit Grenzen.”
Militärische Schwäche angesichts der Tatsache, dass in der Eifel US-Atomwaffen gelagert sind und der US-Militärstützpunkt Ramstein ein zentrales Drehkreuz für die Vorbereitung und Durchführung völkerrechtwidriger Angriffskriege ist?
Peter Nemschak
7. Juni 2017 @ 18:03
Was sie sagen, klingt wie aus dem Mund der ehemaligen DDR-Elite. Ihnen ist nicht zu helfen.
Ute
7. Juni 2017 @ 22:52
Mit Verlaub @Peter Nemschak: Sie reden Unsinn. Gehörte die Bürgerrechtlerin und Friedensaktivistin Bärbel Bohley vielleicht zur DDR-Elite? Mit ihr und mit Menschen aus der damaligen DDR-Friedensinitiative *Schwerter zu Pflugscharen* engagierte ich mich in der westdeutschen Friedensbewegung für Abrüstung und somit gegen den Nato-Doppelbeschluss.
Sie haben recht, dass mir nicht zu helfen ist, weil ich nicht den Glauben teile,
der sich „Gleichgewicht des Schreckens“ nennt.
Oudejans
7. Juni 2017 @ 21:43
>>“Militärische Schwäche angesichts der Tatsache, dass in der Eifel US-Atomwaffen gelagert sind und der US-Militärstützpunkt Ramstein…“
Diese Waffen stehen unter US-Kommando und lagern in vier EU-, darunter zwei G7-Staaten, die keine eigenen Atomwaffen besitzen – NL, B, D, I.
Und in der Tat gibt es seit den intensivierten Anstrengungen der russ. Föderation zur Modernisierung strategischer Waffensysteme exakt NULL geeignete Antwort der EU für einen angemessenen Eigenschutz. Stattdessen Jahre an selbstschädigendem Zeitverlust mit einer völlig irregeleiteten Ukrainepolitik, einem „Minsk-Prozeß“, Sanktionen und hastenichgesehn, während Russland seelenruhig Iskander in Kaliningrad stationiert, mitten in der EU. Die Dinger sind leider kein Schrott.
kaush
7. Juni 2017 @ 14:04
Was man so an Theorien zum Thema liest, ist schon erstaunlich.
Das Drehkreuz für den internationalen Flugverkehr in der Region ist Dubai, nicht Doha (Ok, fängt beides mit D an…).
Trump und Erdogan wollen gemeinsam was??? Trump der weiterhin die Kurden aufrüstet und Gülen als Gast hat…
Unsre Qualitätsmedien nennen als Grund für die Krise so etwas wie eine Annäherung von Katar an den Iran.
Die Kataris sind Sunniten (Wahhabiten) und die Iraner Schiiten und wirtschaftlich steht man sich ebenfalls als Konkurenten gegenüber.
Stichwort Gaspipeleine durch Syrien. Deshalb hat man vom Westen und Katar den Krieg gegen Syrien vom Zaun gebrochen.
Der Iran unterstützt Syrien, Katar die islamistischen Söldner.
Aber unsere Qualitätsmedien und ehemaligen Nachrichtenmagazine können noch verrückter:
Der Russe wars. Die allmächtigen russischen Hacker haben dieses mal in Katar zugeschlagen. Logisch, was auch sonst…
Ich vermute mal, dass die russischen Hacker auch Petrus gehackt haben, anders ist dieses Sauwetter heute nicht erklärbar.
hintermbusch
8. Juni 2017 @ 02:18
„Die allmächtigen russischen Hacker haben dieses mal in Katar zugeschlagen.“
Das ist doch nur Satire: http://www.der-postillon.com/2017/06/russische-hacker.html
Oudejans
7. Juni 2017 @ 12:46
Gabriel hat doch schon für Katar Partei ergriffen.
>>“Katar war gemeinsam mit Saudi-Arabien Sponsor für sunnitischen Gruppen, u.a. in Libyen und in Syrien.“
Das ist ja der Witz bei der Sache. Natürlich wurde der kleinere Akteur auserkoren, als abschreckendes Beispiel für diejenigen High Net Worth Individuals zu fungieren, deren Regierung gute Mine zum bösen Terrorfinanzierungsspiel macht.
Katars Luftwaffe hat beim Flugverbot in Libyen mitgeholfen, war also insoweit unter dem Altscheich Verbündeter, während heute Katars HNWI Kopfabschneidergruppen finanzieren = schwacher Scheich oder Doppelspielscheich.
Da ist natürlich die SPD als Politikberater prädestiniert, zumal, wenn der schöne Migrationsmotor Libyen seinen Brennstoff einzubüßen droht.
Merkwürdige Gesellschaft, die sich Bonse da erwählt. „Wegen Daimler“?
Gabriel sollte sich noch intensiver um seinen Nachwuchs kümmern.
hintermbusch
7. Juni 2017 @ 10:40
“Wenn nicht alles täuscht, wollen Trump und Sultan Erdogan die Region gemeinsam neu ordnen”
Das ist eine ziemlich spekulative Behauptung, um darauf Handlungen aufzubauen.
Seit ca. 2 Jahren ist auch für Normalbürger in Europa erkennbar, dass die geopolitischen Platten in Europa selbst in Bewegung geraten sind. Es brennt uns regelrecht der Boden unter den Füßen mit Konflikten, Migration und Terror.
Die einzige Reaktion des medialen Establishments besteht darin, immer heftiger die transatlantische Welt von gestern zu verteidigen. Warum sollten wir in dieser Gesamtlage eine angemessene Reaktion auf eine wirre Krise am Golf erwarten?
ebo
7. Juni 2017 @ 11:14
@hintermbusch Die Analyse teile ich, die Schlussfolgerung nicht. Die EU hätte die Pflicht, Partei für Iran und Katar zu ergreifen, zumindest vermittelnd aufzutreten. Schließlich sind wir Europäer viel direkter von den Vorgängen am Golf betroffen als die Amerikaner. Und das Atomabkommen mit Iran war zuallererst eine europäische Idee. Wenn man sich natürlich von “Partnern” wie Trump oder Erdogan sowie Libyen und Ägypten abhängig macht, bleibt nicht mehr viel Spielraum…
hintermbusch
7. Juni 2017 @ 11:31
“Partei für Iran und Katar zu ergreifen”
Sitzen denn Iran und Katar überhaupt im selben Boot? Katar war gemeinsam mit Saudi-Arabien Sponsor für sunnitischen Gruppen, u.a. in Libyen und in Syrien. Der ganze elende Komplex müsste erst einmal aufgeklärt werden. Aber von einer Bundesregierung, die solche Berichte bestellt, ist da gar nichts zu erwarten:
https://www.tagesschau.de/ausland/merkel-kommentar-103.html
Wenn eine so desorientierte Regierung einmal nichts tut und zuschaut, dann muss man das fast schon als gute Nachricht auffassen.
Peter Nemschak
7. Juni 2017 @ 14:41
Partei ergreifen hat Trump getan. Das sollte die EU keinesfalls tun. Dabei hätte sie nichts zu gewinnen.
Peter Nemschak
7. Juni 2017 @ 09:07
Warum sollte die EU am Golf eine Rolle spielen, nachdem sie bereits in Syrien keine gespielt hat? Die (relative) Beruhigung des Iran ist nicht durch die EU sondern während der Obama-Regierung (Atomabkommen) erfolgt. Die politische Struktur der EU und ihre militärische Schwäche setzen ihrer Glaubwürdigkeit Grenzen. Unter Trump wird die Region nicht friedlicher werden, im Gegenteil. Auch der israelische-palästinensische Konflikt wird sich dadurch nicht lösen lassen. Wirksam wäre ein Zusammenspiel USA, Russland und der EU, um den Regionalmächten ihre Grenzen klar zu machen. Dieses Zusammenspiel ist derzeit unrealistisch. Also, was soll die EU im Alleingang machen?
Winston
7. Juni 2017 @ 08:30
Qatar ist nicht nur grosser Investor von VW und DB sondern auch von der Clinton-Foundation und hier wird die Sache hochinteressant auch bezüglich Obama. In wie fern die Sache auch Auswirkungen auf die, gemäss Obama, Führer/in der freien Welt hat, bleibt abzuwarten.
Empfehle diesbezüglich folgende Lektüre.
http://www.independent.co.uk/news/people/julian-assange-clinton-foundation-isis-same-money-saudi-arabia-qatar-funding-a7397211.html
Kann mich auch täuschen aber hab das Gefühl das es hinter den Kulissen gewaltig brodelt. Vor allem in den USA.