Where Cameron is right (kind of)

Der britische Premier Cameron hat seinen Widerstand gegen EU-Kandidat Juncker verstärkt. In einer gigantischen PR-Offensive hat er seine Einwände in großen europäischen Zeitungen dargelegt. Und siehe da: In einigen Punkten hat der Mann recht – auch wenn seine Politik falsch ist.

“Die Bürger, die zur Wahl gingen, wollten ihren Europaabgeordneten wählen, nicht den Kommissionspräsidenten. Juncker kandidierte nirgendwo und wurde von niemandem gewählt”, schreibt Cameron in der “SZ”.

Das ist typisch Cameron – teils richtig, teils falsch. Natürlich hat Juncker kandidiert (als Spitzenkandidat der EVP), aber er hat keinen Wahlkreis. Natürlich wollten viele den Kommissionschef wählen, aber nicht alle.

Halbwahr ist auch Camerons Behauptung, der Rat habe dem System der Spitzenkandidaten nie zugestimmt. Formal ist das richtig, aber: Fast alle Staats- und Regierungschefs waren an der Nominierung beteiligt.

Dennoch hat der britische Premier in einigen wichtigen Punkten Recht. Juncker ist tatsächlich ein Mann der Vergangenheit. Er hat seine Karriere in Luxemburg und Brüssel hinter sich und bringt keine neuen Ideen mit.

Richtig ist auch, dass die Kampagne der Spitzenkandidaten nicht gezündet hat. Die Beteiligung lag bei dieser Wahl nur minimal über dem Tiefstwert von 2009. Sie war kein Fest der Demokratie, hier ist es nachzulesen.

Der entscheidende Punkt liegt aber woanders: Die EU darf auf diese Wahl nicht mit einem “Weiter so” reagieren – das ist Camerons wichtigstes Argument. Juncker ist jedoch mittlerweile der Mann des Status Quo.

Das war nicht immer so: Bei seinem Abgang als Eurogruppen-Chef stänkerte er kräftig gegen die (überwiegend deutschen) Denkverbote an. (“Ohne die Deutschen wäre einiges machbar gewesen”).

Doch seit er sich in die Arme von Kanzlerin Merkel warf, verhält er sich wie ein reuiger Sünder. Die Blockade Camerons trägt zusätzlich dazu bei, dass Juncker im Mainstream abtaucht.

Das ist das Paradox an Camerons Politik: Seine Obstruktions-Taktik spielt Merkel in die Hände und führt zum Gegenteil dessen, was er – teils völlig zu Recht – fordert.

Zwar passt sich Merkel dem neoliberalen britischen Kurs an – zuletzt bei ihrer Bootsfahrt in Schweden. Doch gleichzeitig verhindert sie, dass sich in Brüssel wirklich etwas ändert.

Denn – und das hat Cameron in seiner Tirade gegen Juncker völlig vergessen – dies ist das deutsche Europa. Deutschland hat in der EU fast alles erreicht, was es wollte.

Und daran soll sich nichts ändern – egal ob mit oder ohne Juncker…

Siehe zu diesem Thema auch “Falsches Boot, fataler Kurs” und “Die Wahl ändert nichts”