Wird Spanien zum Zünglein an der Waage?

Nun hat auch Spanien eine neue Regierung. Die Mitglieder des Kabinetts Sánchez haben ihren Amtseid abgelegt. Damit verschieben sich die Gewichte in der EU – zu Ungunsten von Kanzlerin Merkel.

Bisher konnte sich die CDU-Chefin auf den konservativen spanischen Premier Rajoy verlassen. Nachdem Großbritannien, Polen und schließlich auch Italien ausgefallen waren, war er der letzte große und verlässliche Partner der Kanzlerin.

Doch nun geben die Sozialisten in Madrid den Ton an. Sie verfügen zwar nicht über eine eigene Mehrheit im Parlament. Doch beim EU-Gipfel Ende Juni in Brüssel könnten sie zum Zünglein an der Waage werden.

Bei den großen Themen – Euro-Reform, Asyl-Reform, Neugründung der EU – stehen die spanischen Sozialisten dem französischen Staatschef Macron näher als Merkel, die sich allzu sehr auf den korrupten Rajoy verlassen hatte.

Andererseits müssen sie sich von der neuen rechtsliberalen Bewegung Ciudadanos absetzen, die ganz ähnlich wie Macrons „La France en marche“ quasi aus dem Nichts entstanden ist und in den Umfragen vorn liegt.

Wie sie sich letztlich positionieren, ist noch unklar. Klar ist nur, dass Merkel sich nun auf kein einziges großes EU-Land mehr stützen kann, um Macrons Initiativen abzublocken. Sie dürfte daher weiter auf Paris zugehen.

In der Verteidigungspolitik ist dies schon erkennbar: Plötzlich lässt sie ihre Vorbehalte gegen Macrons militärische „Interventions-Truppe“ fallen. Auch Deutschland solle sich beteiligen, erklärte sie nun.

Beim Thema Euro-Reform hingegen scheint sich die deutsche Position wieder zu verhärten. Plötzlich will Merkel ein Gegengewicht zur EU-Kommission in Gestalt des Rettungsfonds ESM – das hatte schon der alte Schäuble gefordert.

Doch da könnten die deutschen Sozialdemokraten gegensteuern – gemeinsam mit ihren spanischen Genossen. Einziges Problem: Finanzminister Scholz ist schon ganz auf der Merkel-Linie…