Macron wandelt auf Sarkozys Spuren
Nun steht sie also, die zweite Regierung unter Präsident Macron. Sie trägt die Handschrift seines Amtsvorgänger Sarkozy, bei dem Macron auch immer öfter Rat sucht. Wird Macron am Ende ein zweiter Sarkozy?
Wenn es ein Problem gibt in Frankreich, dann wechselt der Präsident gern die Regierung aus. So weit nichts Neues in der 5. Republik. Nach der Coronakrise war ein Wechsel fällig.
Allerdings hätten die Franzosen wohl lieber ihren Präsidenten ausgetauscht als ihren Premier. Der bisherige Amtsinhaber Philippe war nämlich beliebter als Macron.
Und genau das – Philippes Popularität – ist ihm am Ende zum Verhängnis geworden. Macron duldet keinen “echten” Premier neben ihm. Er will kein Primus inter pares sein – lieber ein Sonnenkönig.
Der neue Regierungschef ist denn auch ein unerfahrener Kommunalpolitiker. Monsieur Castex ist für die meisten Franzosen ein Unbekannter.
Das gilt auch für die Ministerriege – kaum bekannte Gesichter, sieht man von der unsäglichen neuen Kultusministerin R. Bachelot ab, die eigentlich geschworen hatte, nie wieder Ministerin zu werden.
Für Wirbel sorgt auch der neue Justizminister E. Dupond-Moretti. Er hat bisher als Anwalt reichlich Schlagzeilen gemacht; Richter und Staatsanwälte empfinden seine Nominierung als Provokation.
Insgesamt geben konservative Politiker den Ton an – mit einem grünen Einsprengsel. Die neue Umweltministerin B. Pompili kommt aus der grünen Bewegung, allerdings nicht aus der führenden Partei EELV.
Im Hintergrund zog der frühere Präsident Sarkozy die Fäden, von dem sich Macron immer öfter beraten lässt. Ein gutes Zeichen ist das nicht. Schließlich ist Sarkozy nach nur einer Amtszeit kläglich gescheitert.
Wird Macron wie Sarkozy enden? Der letzte Neogaullist wurde von den Sozialisten aus dem Amt gejagt. Auch jetzt sieht es so aus, als könne die Linke in Frankreich eine Renaissance erleben.
Allerdings geben nicht mehr die Sozialisten den Ton an, sondern die Grünen. Bei der Kommunalwahl haben sie mehrere große Ratshäuser erobert, sogar Marseille wird künftig grün regiert.
Vom rechten “Rassemblement National” und seiner Führerin Le Pen hingegen hört man fast nichts mehr. Doch bis zur Präsidentschaftswahl 2022 kann noch viel passieren.
Macrons letzte Hoffnung ruht auf EUropa – und damit auf Kanzlerin Merkel. Nur wenn er in Berlin und Brüssel Erfolge vorweisen kann und Frankreich davon profitiert, hat er noch eine Chance…
Siehe auch “Macron ist geschwächt”
P.S. Die Parallele zu Sarkozy geht noch weiter: Beide haben den Schulterschluß mit Merkel gesucht, beide wurden durch eine schwere Krise geschwächt und gedemütigt. Bei Merkozy war es die Eurokrise, bei Mercron ist es die Coronakrise…
European
7. Juli 2020 @ 16:55
Spätestens nach dem Brexit-Votum hätte allen anderen Ländern klar werden müssen, dass es nicht mehr egal ist, wer in Europa wo die Wahl gewinnt. Von daher war die dreijährige Berliner Mauer, gegen die Macron mit seinen vielen Vorschlägen zur EU-Reform gerannt ist, politisch für alle extrem schädlich.
Es ist ja nicht nur LePen, die antieuropäische Ziele verfolgt. Auf der linken Seite gibt es da Melénchon mit ganz ähnlichen Ambitionen.
Im Süden droht ähnliches Ungemach. Conte hat zwar an Zustimmung gewonnen, jedoch ist die Lega mit Salvini immer noch die stärkste Partei.
ebo
7. Juli 2020 @ 18:17
Die “Berliner Mauer” ist gut!
Merkel reagiert immer erst in letzter Minute, wenn es gar nicht anders geht – egal, ob ihr Partner Sarkozy, Hollande oder Macron heißt. Diesmal könnte es allerdings zu spät sein – für Macron, aber auch für sie und die die EU. In den nächsten Wochen werden wir es sehen…