Widerstand gegen Eurobudget – Empörung über May-Zitat
Der vage Entwurf für ein Eurozonen-Budget stößt auf harten Widerstand. Die Niederlande, Österreich und Italien ziehen nicht mit. Wird der deutsch-französische Vorstoß zum Rohrkrepierer?
„Der Bedarf für ein solches Budget ist weniger als überzeugend“, sagte der niederländische Finanzminister Hoekstra. Auch sein österreichischer Amtskollege Löger hat Vorbehalte. Er bezeichnete den Plan als “Papier, das uns noch nicht alles sagt“.
Tatsächlich ist der Entwurf, den Bundesfinanzminister Scholz und sein französischer Amtskollege Le Maire am Freitag publik gemacht hatten, überaus vage.
Er enthält keine Angaben zur Höhe des geplanten Budgets und auch keine Aussagen zur Finanzierung. Damit fällt er weit hinter die ursprüngliche Idee von Frankreichs Präsident Macron zurück.
In seiner Sorbonne-Rede im September 2017 hatte Macron einen eigenständigen Haushalt vorgeschlagen, der mehrere Prozentpunkte der Wirtschaftsleistung umfassen sollte – also mehrere Dutzend Milliarden Euro.
Dieser Haushalt sollte von einem Euro-Finanzminister verwaltet werden. Macron hat auch ein Euro-Parlament oder eine vergleichbare demokratische Kontrollinstanz vorgeschlagen.
Von alldem findet sich fast nichts im deutsch-französischen Kompromisspapier wieder. Das Eurobudget soll nun nicht mehr eigenständig sein, sondern in den regulären EU-Haushalt integriert werden.
Genau das hatte EU-Haushaltskommissar Oettinger bereits vor einem Jahr vorgeschlagen. Er wollte dafür 20 Milliarden Euro locker machen – für den Krisenfall reicht das gewiß nicht.
Ein weiteres Problem ist, dass Finanzhilfen aus dem geplanten Eurobudget an die Einhaltung der Stabilitätsregeln gebunden werden sollen. In der Praxis bedeutet das, dass nicht einmal Italien Geld erhalten könnte – die Schulden sind zu hoch.
“Falls der Vorschlag – wie es derzeit scheint – Italien schadet, wird er nie unsere Unterstützung finden”, warnte Vize-Regierungschef Salvini in Rom. Selten hat ein Vorstoß so schnell so viel Widerstand ausgelöst…
WATCHLIST:
- Wie geht es mit dem EU-Budget für 2019 weiter? Am Montagabend scheiterte ein Vermittlungsversuch zwischen Rat und Europaparlament. Nun muss die EU-Kommission einen neuen Vorschlag machen. Das könnte schwierig werden – denn in Brüssel hat der Vorwahlkampf begonnen. Haushaltskommissar Oettinger musste bereits seinen Plan aufgeben, den Finanzrahmen ab 2021 noch vor der Europawahl absegnen zu lassen. Nun wackelt auch das EU-Budget fürs Wahljahr…
WAS FEHLT:
- Eine Entschuldigung von Premierministerin May bei den EU-Bürgern auf der Insel. Der Brexit werde EU-Migranten auf Arbeitssuche daran hindern, “sich vorzudrängeln” (“jumping the queue”), sagte May in einer Rede, aus der die BBC zitiert. Dies löste einen Sturm der Entrüstung aus. Auf Twitter gab es prompt einen Hashtag (#queuejumper) voller böser Kommentare. May muß sich u.a. Rassismus vorwerfen lassen – das kann noch heiter werden…
Not everyone who voted Leave is racist, but all racists voted Leave. And now Theresa May is showing just what a xenophobic, small minded, nasty person she really is. If she’s a Christian I’m a queuejumping banana. #queuejumper https://t.co/RVfiTMlPOE
— lynn_guist queuejumper #eucitizenschamp (@lynn_guist) November 19, 2018
Claus
20. November 2018 @ 17:00
Was Theresa May sagte:
“It will no longer be the case that EU nationals, regardless of the skills or experience they have to offer, can jump the queue ahead of engineers from Sydney or software developers from Delhi.
“Instead of a system based on where a person is from, we will have one that is built around the talents and skills a person has to offer.”
Zum einen beschreibt sie damit den Rahmen einer Migrationspolitik, die ihrem Land, dem zu dienen sie vereidigt wurde, nützt, zum anderen hebt sie ab auf die missbräuchlich genutzten EU-Freiheiten und damit einhergehenden katastrophalen Verwerfungen im Sozialbereich wie auch in der Ausbreitung ganzer Schattenindustrien und –Gesellschaften.
Und deswegen regt sich jemand auf? Vermutlich nur Politik und Medien mit abhanden gekommener Bodenhaftung. Empfehlung: Mal einen Pub besuchen, aber keinen, in denen der Londoner „City-Boy“ mit seinem mit £1m Gehalt + Boni um sich wirft, denn der möchte, dass alles so weiterläuft wie bisher, sondern wo der Working-Class „Fiesta-Man“ noch einkehrt. Dort gibt es die interessanteren Gespräche und authentische Ansichten zum Thema EU. Und keine “Empörung” über das, was Theresa May gesagt hat.
Peter Nemschak
20. November 2018 @ 23:08
Die hoch Qualifizierten und Unternehmerischen aus Entwicklungsländern, die kein Vermögen außer ihrem Wissen haben, werden eher in die USA als nach Großbritannien auswandern. Dort kann man noch reich werden. In den USA sind im Vergleich zu Europa mehr große Vermögen in der jetzigen Generation entstanden, während das Vererben von Vermögen in Europa noch dominiert. Die US-Gesellschaft ist aufwärtsmobiler als die europäische.
Peter Nemschak
20. November 2018 @ 11:45
Massenmigration war in der Geschichte der Menschheit stets mit Abwehrreaktionen der aufnehmenden Bevölkerungen verbunden, egal, ob während der Völkerwanderung am Ende der Antike oder zu Ende des 19.Jhdts. auf Grund der europäischen Einwanderungswellen in die USA. Daher verwundert es, dass es bis heute nicht gelungen ist, eine Migrationspolitik auf den Weg zu bringen, welche für Migration, egal aus welchem Grund sie erfolgt, jährliche Kontingente, je nach Bedarf eines Einwanderungslandes festlegt. Dass der jüngste Migrationspakt der UNO bei manchen Staaten wenig Freude aufkommen lässt, ist verständlich. Sind doch die weitaus überwiegende Mehrzahl der UNO-Mitgliedsstaaten strukturell Auswanderungsländer während eine kleine Minderheit begehrte Einwanderungsziele mit stark unterschiedlicher Kultur darstellen. Die Welt der Dauerkrisen von heute ist eine andere als die nach dem Zweiten Weltkrieg als die Genfer Flüchtlingskonvention 1951 noch unter der frischen Erfahrung des Holocaust und der damaligen Vertreibungen entstanden ist.
Kleopatra
20. November 2018 @ 07:41
Was soll die Aufregung über May? Wenn Großbritannien nicht mehr in der EU ist, gibt es eben keinen Grund mehr, weshalb Immiganten aus anderen EU-Mitgliedstaten allen anderen Immigranten vorgezogen werden sollten. Es haben eben auch viele ärmere Briten die Arbeitnehmerfreizügigkeit vor allem so erlebt, das britische Firmen in vielen Fällen lieber EU-Bürger eingestellt haben, die sich mehr haben gefallen lassen. Rassismus ist das nicht, sondern allenfalls eine gewisse Boshaftigkeit gegenüber anderen Europäern.
Andererseits dienen solche Äußerungen auch dazu, von einem Punkt abzulenken: Natürlich war eine Einstellung gegen Migration ein ganz wesentliches Motiv für die Entscheidung für den Austritt. Aber für viele waren nichteuropäische Migranten noch unsympathischer als europäische (dazu habe ich eine Untersuchung gelesen, von der ich die Fundstelle nicht mehr parat habe), und in dem Zusammenhang befürchteten viele wohl, dass die Migranten der Merkelschen „Willkommenskultur“ früher oder später nach Großbritannien weiterziehen wollen würden. Worauf sie nämlich nach einer bestimmten Frist nach ihrer Anerkennung Anspruch bekommen hätten. Böse Bemerkungen über weiße EU-Europäer lenken hiervon ab.