Was war da los, Yanis?
Dreimal hat die Eurogruppe getagt, dann musste der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis klein beigeben. Dabei hatte er zuvor noch hoch gepokert. Was war da los?
Hat Yanis zuerst gezuckt, wie SPON spekuliert? War der Druck aus Deutschland einfach zu stark? Hat die EZB damit gedroht, den Geldhahn zuzudrehen?
Fest steht, dass Eurogruppenchef Dijsselbloem das Spiel umdrehte und Varoufakis drohte: “Dieser Deal oder keiner.” Fest steht auch, dass der Run auf die griechischen Banken bedrohliche Ausmaße annahm.
Doch vermutlich kommt noch etwas anderes hinzu: Varoufakis hat sich auf die falschen Freunde verlassen. Er hat EU-Kommissionschef Juncker überschätzt, der im helfen wollte.
Juncker wurde von Schäuble brutal ausgebremst, das war eigentliche Clou beim deutschen “Nein” am Donnerstag. Danach brach die Verteidigung in sich zusammen…
…und der Horizont für eine andere, bessere und vor allem realistische Politik wurde verbaut. – Mehr hier. Siehe auch meinen aktuellen Kommentar in der “taz” hier
P.S. Die bisher beste Analyse des Deals steht hier. Daraus geht unter anderem hervor, dass Varoufakis und Schäuble nicht willens oder in der Lage waren, direkt miteinander zu verhandeln…
cource
21. Februar 2015 @ 18:20
glaubt hier tatsächlich jemand, dass die an die öffentlichkeit gelangten informationen die ausschlaggebenden sind –ich hoffe mal nicht–also gebt bitte mit euren kommentaren, dem volk nicht das gefühl, dass wir noch demokratische verhältnisse haben
Peter Nemschak
22. Februar 2015 @ 13:12
Mit Informationen allein ist es nicht getan. Jeder muss selber nachdenken und sich ein urteil bilden.
Tim
21. Februar 2015 @ 16:45
Ein schlechter Tag für Europa und ein schlechter Tag für Griechenland. In ein paar Monaten haben wir dasselbe Theater wieder.
Die eigentliche Überraschung für mich ist, daß Tsipras nicht hart geblufft hat, sondern seine Forderungen offenbar tatsächlich ernst meinte. Er ist also entweder wahnsinnig naiv oder realitätsblind. Also kein Politiker, der sich halten wird.
Sepp Depp
21. Februar 2015 @ 16:35
kann mal jemand für Deppen wie mich erklären, was das Problem ist? Wiso macht Griechenland nicht einen Grexit, druckt seine Drachme (eigenes zinsloses Geldsystem) selbst und entwertet dementsprechend gegenüber dem Euro sein Geld. Dann kann der Deutsche billig Urlaub machen und im laufe der Jahre wird der Schuldenberg schon weg gehen. Also, nur mal so als Depp gedacht.
Chris
21. Februar 2015 @ 15:08
@GS
“denn ich halte die dauerhafte und unlimitierte Alimentierung Griechenlands, auf die die Varafoukis-Forderungen von letzter Woche hinauslaufen, für falsch”
WANN kommt endlich auch bei dem letzten Deutschen an, dass die Kohle nicht in Griechenland gelandet ist, sondern über Griechenland bei den Banken und Großkonzernen der Rüstungsindustrie?
http://bueso.de/node/7912
“Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker” (Che)
Das GR-Drama zeigt uns überdeutlich, dass wir wirklich nur Wahlnutzvieh sind. Gleich nach der Wahl hatte Syriza von China und Russland das Angebot zur Finanzhilfe erhalten. Sie nutzen es nicht. WARUM?
Wenn jemand wie Varoufakis derartig zurück rudert und sich vor seinem Volk zum Deppen macht, dann müssten bei uns allen die Warnleuchten angehen.
Was hat man dem Mann angedroht, das schlimmer ist als Gesichtsverlust?
Oder haben die “Verschwörungstheoretiker” doch Recht, die seinen australischen Pass und die Arbeit an US-Unis sehr verdächtig finden?
Es ist also völlig egal was wir wählen. Die Puppenspieler bleiben dieselben!
Tim
21. Februar 2015 @ 20:21
@ Chris
Wann kommt endlich auch bei dem letzten Linken an, daß eine Bank bei einem Bailout bestenfalls mit +/- 0 herauskommt, die mit dem Kredit gebaute Brücke aber weiterhin in Griechenland bleibt? Bailout heißt nicht, daß die Bank einen tollen Profit einfährt.
Damit wir uns nicht mißverstehen: Bailouts sind unsozial und unmarktwirtschaftlich und hätten niemals stattfinden dürfen. Aber sie bedeuten in der Praxis doch etwas anderes, als viele glauben.
“Was hat man dem Mann angedroht, das schlimmer ist als Gesichtsverlust?”
Ganz einfach: die Realität. Das ist die schlimmste Waffen, die es gegen linke Wirtschaftspolitik gibt.
ebo
21. Februar 2015 @ 20:51
@Tim
Könntest Du bitte aufhören, jeden Kommentar einer imaginären Linken zuzuschreiben? Dieser Blog ist finanziell und politisch unabhängig, wir sind hier weder bei den DWN noch bei irgendeiner Partei. Künftig lasse ich solche Kommentare nicht mehr durchgehen. – Varoufakis wurde übrigens von einem Christsozialen beraten, und von einem ehemaligen Bertelsmann-Lobbyisten. Wenn Du Dich ein wenig in Brüssel auskennst, weißt Du, wen ich meine.
Tim
22. Februar 2015 @ 11:50
@ ebo
O.K. Dein Blog, Deine Regeln. Nehme aber an, daß über Neoliberale weiterhin jeder Unsinn erzählt werden kann?
ebo
22. Februar 2015 @ 12:57
Möglichst kein Unsinn…
Chris
23. Februar 2015 @ 17:16
Ach bitte… Wenn man einen Rebellen zitiert ist man links?
Divide et impera – klappt ja bei dir ganz toll.
Und wieder die Frage 😉 :
WANN kommt bei dem letzten an, dass dieses rechts-links-Feindbild nur dazu da ist, dass wir uns untereinander aufreiben, anstatt uns zu verbünden gegen die, die die Sch… zu verantworten haben.
Links… Ts… Vielleicht war das früher mal ne aussagekräftige Beschreibung, aber Varoufakis zeigt ja, dass es in Europa keine Rolle mehr spielt.
Die Realität als Waffe gegen links???? Dann sind wir bei alternativlos. Dasn Scherz oder? Schon die alten Indianer wussten: “wenn das Pferd tot ist – absteigen”.
Vielleicht sollte der Reiter Europa das arme Tier NeolibNeokon endlich begraben. Denn wie sagte Einstein so schön: man kann die Probleme nicht mit denselben Methoden lösen, die die Probleme erst geschaffen haben.
Wir müssen begreifen, dass ein komplettes Umdenken nötig ist. Wann immer die “Gehirngewaschenen” sagen, dass etwas nicht funktioniert, sollten wir die Köpfe heben und es erst recht auf diese Art versuchen. Sonst können wir uns einreihen in die Riege der untergegangenen Imperien.
Peter Nemschak
21. Februar 2015 @ 14:37
Nichts wurde verbaut, das Ergebnis ist logisch im Sinne bisheriger Sanierungsverhandlungen bei anderen Staaten. Noch fehlt eine tragbare mittel- und langfristige Lösung. Allerdings kommt es darauf an, ob die griechische Regierung mit voller Rückendeckung und großzügiger Mitfinanzierung durch die EU ein tiefgreifendes gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Erneuerungsprogramm erstellen und durchziehen kann. Mit schlichten temporären Austeritätsmaßnahmen lässt sich bei Griechenland nichts ausrichten. Zu schwach und unterentwickelt sind die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen, um allein durch Umschichtung von unproduktiven in produktive Bereiche etwas zu erreichen. Es fehlt einfach an zu Vielem, angefangenen von einer nach wie vor patriarchalisch und oligarchisch geschichteten Gesellschaft bis zu einer für einen modernen Staat notwendigen effizienten Verwaltung (Steuereintreibung!). Die Chance für Griechenland sind junge, gut ausgebildete und europäisch denkende junge Menschen, auf die sich die zukünftige Reformpolitik stützen muss, will sie Erfolg haben. Der Druck und die gleichzeitige Unterstützung der EU könnten dazu dienen den Widerstand der Modernisierungsverlierer, die sich vor allem in den traditionellen bisher privilegierten oberen Mittelschichten und der Oberschicht befinden werden, zu brechen. Gleichzeitig gibt es für die breite Masse bis auf weiteres wenig zu verteilen. Alles in allem eine Herkulesarbeit für die neue Regierung.
ebo
21. Februar 2015 @ 15:06
Das Problem ist doch, dass die neue, unerfahrene Regierung in 4 Monaten das leisten soll, was die Vorgängerregierungen in 4 Jahren nicht geschafft haben. Wenn sie das wie abzusehen nicht schafft, werden DIE INSTITUTIONEN und Berlin die Zahlungen herauszögern und auf eine Verlängerung des PROGRAMMS drängen, wie sie es shon imDezember getan haben. Varoufakis hat dies zu Recht “fiscal waterboarding” genannt – nun steckt sein Kopf unter Wasser…
Peter Nemschak
21. Februar 2015 @ 15:12
Ich kann mir vorstellen, dass sich Syriza schon lange vor dem Wahlsieg ein Programm überlegt hat. Varoufakis und seine Kollegen sind doch seit langem mit den Verhältnissen in ihrem Land vertraut und wissen, was zu tun ist. Bei der Verwaltungsreform und anderen Reformpunkten gibt es innerhalb der EU genügend Ressourcen zur Unterstützung. Die innenpolitische Umsetzung kann ihnen niemand abnehmen.
GS
21. Februar 2015 @ 14:17
ebo, Du hast die Kräfteverhältnisse hier halt auch nicht richtig dargestellt. Dass ein Juncker nichts zu sagen hat, habe ich ja schon einmal in einem Kommentar geschrieben. Denn der gibt kein Geld. Auch die Italiener und Franzosen scheinen nicht ernsthaft andere Positionen vertreten zu haben.
Ansonsten muss man mal sehen, was den Montag bei der Liste mit den Reformvorschlägen rauskommt. Vielleicht kommen da ja bedeutsame Veränderungen im Detail. Nach dem derzeitigen Stand sieht es allerdings nach einer krachenden Niederlage für Syriza aus, als sei jemand als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.
Ich bin damit, um ehrlich zu sein, auch zufrieden, denn ich halte die dauerhafte und unlimitierte Alimentierung Griechenlands, auf die die Varafoukis-Forderungen von letzter Woche hinauslaufen, für falsch. Damit wird die soziale Lage in Griechenland vielleicht besser, aber eine funktionierende Wirtschaft entsteht allein aus andauerndem Ressourcentransfer auch nicht. Auch die üppigen Zuweisungen, die Griechenland aus dem EU-Haushalt seit 1981 kassiert, sind ja offensichtlich versickert. Die einzige Hoffnung für Griechenland, wieder auf die Füße zu kommen, sehe ich nach wie vor in der Rückkehr zur Drachme und in einem Default. Alles andere, insb. die ganzen Alimentierungsfantasien, ist für mich Insolvenzverschleppung. Und dafür bin ich ganz sicher nicht bereit, mitzubezahlen, weder für Griechenland, noch für ein anderes Land. Die Verschleppung geht nun noch einmal vier Monate weiter, aber mit jeder Niederlage dieser Art wird die Wahrscheinlichkeit höher, dass irgendwann doch reiner Tisch gemacht werden muss.
ebo
21. Februar 2015 @ 14:27
@GS
Okay, dieser Punkt geht an Dich. Die Niederlage von Juncker hat aber weit reichende Konsequenzen. Denn das bedeutet nichts anderes, als dass sein “Neustart” der EU endgültig gescheitert ist. Das deutsche EUropa ist nicht reformierbar. Für die Eurozone ist es auch ernst. Denn nun gelten die unsinnigen Regeln des “fiscal waterboarding” weiter. Auch der Euro scheint nicht reformierbar. Wieso das eine gute Nachricht sein soll, ist mir schleierhaft.
DerDicke
23. Februar 2015 @ 09:35
Die gute Nachricht ist, dass es nicht ewig so weitergehen kann. Europa in seiner jetzigen Form scheitert, und das ist gut so.
Denn mit Demokratie hat Brüssel so viel am Hut wie ein Fisch mit einem Fahrrad.
Ob Merkels “marktkonforme Demokratie” besser ist darf bezweifelt werden, aber damit kann sie dann nur noch Deutschland und nicht mehr ganz Europa ins Unglück stürzen.
ebo
23. Februar 2015 @ 11:31
@DerDicke
Langsam sehe ich es auch so. Wobei sich nun interessante Spannung zwischen EC, IWF, EZB auf der einen und Deutschland auf der anderen Seite aufgetan haben. Ohne Gesichtsverlust kommen Merkel & Schäuble aus diesem Schlamassel nicht mehr heraus. Es wird ein heißer Sommer…