Warum Merkels EU-Trip ein Problem ist
Merkel in Italien, Merkel in Tschechien, Merkel in Polen. Fast täglich trifft sich die Kanzlerin mit anderen EU-Chefs – und die deutschen Korrespondenten, die sie begleiten, finden das toll. Ist es aber nicht.
Das Problem ist dabei weniger, dass sich Merkel an die Stelle des slowakischen EU-Vorsitzes setzt, dessen Aufgabe es eigentlich wäre, den Sonder-Gipfel Mitte September in Bratislava vorzubereiten.
Die Slowaken sind schlecht vorbereitet und haben ohnehin wenig Lust, die EU voranzubringen. Das Problem ist vielmehr, dass Merkel den Job von Ratspräsident Tusk und Kommissionschef Juncker macht.
Eigentlich wäre es Tusks Aufgabe, die Stimmung bei den 28 EU-Chefs zu sondieren (und nicht nur bei Merkel, wie er es getan hat). Und Juncker müsste konkrete Reform-Vorschläge vorlegen.
So will es die institutionelle Ordnung der EU. Doch im deutschen Europa gilt sie nicht mehr. Schon in der Griechenland-Krise hat Merkel Juncker ausgebootet und seine Kompromissvorschläge blockiert.
Und in der Flüchtlingskrise hat sie allein den Türkei-Deal eingefädelt – dabei war Tusk eigens nach Ankara gereist, um eine gemeinsame Position der EU-28 festzuklopfen. Er wurde übergangen.
Diesmal machen beide EU-“Präsidenten” gute Miene zum bösen Spiel – und tun so, als ginge sie das Schicksal der Union nichts an, als müsse es Merkel richten, als müsse es Deutschland stemmen.
Kanzlerin fürchtet Kontrollverlust
Merkel wiederum spannt Tusk und Juncker ein, um die Ergebnisse ihres EU-Trips umzusetzen und zu legitimieren – wenn es denn überhaupt irgendwelche Ergebnisse gibt. Ich zweifele weiter daran.
Insgesamt offenbart Merkels Alleingang, dass die Krise längst nicht nur einzelne Länder wie Griechenland oder UK erfasst hat, sondern auch die Brüsseler EU-Institutionen – und Berlin!
Merkel misstraut “Brüssel”, sie scheint aber auch einen möglichen Kontrollverlust zu fürchten. Großbritannien und ihren Buddy Cameron hat sie schon verloren – was kommt als Nächstes…?
Ute Plass
26. August 2016 @ 14:31
@Peter Nemschak – wie passt das denn zusammen: “Die EU sollte den Bürgern mehr Wahlfreiheit geben..” und “Ohne Spardruck gibt es keine Verhaltensänderung” ?
Klingt nach ‘Zuckerbrot und Peitsche’, was nichts anderes ist als autoritäres Gehabe und schwarze Pädagogik.
Gutes Leben für ALLE dürfte damit nicht gemeint sein – oder?
Peter Nemschak
26. August 2016 @ 09:23
Warum Merkel dämonisieren und sie überhöhen? Einer muss die Arbeit machen, wenn die anderen, allen voran die Kommission, politisch zu schwach oder selbstzentriert sind. Wollen wir, dass die EU von Frankreich, Italien oder gar von Ländern wie der Slowakei geführt wird? Man wird den Eindruck nicht los, dass Merkel von manchen zur Buhfrau für ein rechts-liberales Europa gemacht wird. Bleibt zu hoffen, dass ihre Nachfolger eines Tages ihren Weg fortsetzen werden.
Eberhard Schneider
26. August 2016 @ 11:49
Peter,sie haben wohl gar nichts begriffen.Die EU ist eine antidemokratische Vereinigung,von der NWO gesteuert wo die Länder mit ihren Völkern auf dem Silbertablett geopfert werden
rosenwelten
26. August 2016 @ 12:05
Also ich wünsche mir das schon, daß die EU von Frankreich, Italien, Portugal, und Griechenland geführt. Neoliberalismus und Sparwahn der Konservativen haben sie nämlich schon viel zu weit Richtung Abgrund geführt. 😉
Peter Nemschak
26. August 2016 @ 12:26
Die EU sollte den Bürgern mehr Wahlfreiheit geben, unterschiedlich tiefe Integration ermöglichen und akzeptieren, dass es unterschiedliche Wohlstandsniveaus in der Gemeinschaft auch in Zukunft geben wird. Die gesellschaftlichen Präferenzen, auch was die Bereitschaft zu Solidarität betrifft, sind einfach zu unterschiedlich. Ohne Spardruck gibt es keine Verhaltensänderung. Es geht letztlich darum, durch heutigen Verzicht (auf hohem Niveau!) Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen, deren Dividenden die nächste Generation lukrieren kann. Derzeit leben wir von der Substanz.
Chris
26. August 2016 @ 12:26
…. und ich habe den Eindruck, dass manche durch latent rabulistische Dialektik ihr Unvermögen kundtun, das Vorgehen dieser sogenannten EU-Vertreter (…und allen voran Merkel) gutzuheißen. Es gibt seit Anbeginn dieser vermei(n)d(t)lichen Koalition, nichts Gutes zu vermelden. Ein Bündnis für Terror über die eigenen Völker zu bringen, dies unter der Knute der Finanzmafia, ist nicht im “Sinne des Erfinders”.
Beste Grüße an alle servilen Unbelehrbaren!
bluecrystal7
27. August 2016 @ 04:58
Ach du meine Güte… Gerade durch die EU-Granden aus Brüssel, hier allen voran Juncker und die “Problem-Aussitzerin”, sowie “Sparpolitik ist alternativlos!”-Frontfrau Merkel wird dieses Staatengebilde geradewegs gegen die Wand gefahren…
kaush
26. August 2016 @ 09:17
“Flüchtlinge: Österreich fordert sofortigen Rückführungs-Gipfel der EU”
“Österreich und Tschechien verweigern Bundeskanzlerin Merkel die Gefolgschaft in der Flüchtlingspolitik. Österreich fordert einen Rückführungsgipfel. Tschechien lehnt die Aufnahme von Migranten und Flüchtlingen aus kulturellen Gründen ab. Die Bundesregierung wirkt hilflos und flüchtet sich in bürokratischen Aktionismus. ”
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/08/26/fluechtlinge-oesterreich-fordert-sofortigen-rueckfuehrungs-gipfel-der-eu/
Merkel versucht zu Retten, was nicht zu Retten ist: Die Folgen ihrer Selbstermächtigung vom 04.09.15.
Peter Nemschak
26. August 2016 @ 10:00
Lass Österreich und Tschechien fordern. Es zeigt, dass der Druck der Rechtspopulisten größer wird. Unser junger Außenminister möchte sich gerne für höhere Weihen profilieren. Was Sie strukturell, d.h. nicht nur in Flüchtlingsfragen, zu stören scheint, ist ein schwaches Europa gegenüber einem relativ starken Deutschland. Sie sollten logischerweise Ihre Kritik daher nicht an Deutschland sondern an die schwachen Europäer richten.
Peter Nemschak
26. August 2016 @ 20:34
Auch ohne das, was Sie Selbstermächtigung nennen, war der Migrantenstrom bereits sehr stark. Die meisten hat es nach Schweden und Deutschland gezogen, weil sie dort die besten Lebensverhältnisse vermuteten. Selbst die Ärmsten haben heute ein Handy und Informationen über Europa und wissen, wo die wirtschaftlichen Verhältnisse am vielversprechendsten sind.Die früher kommunistischen Länder waren sicher nicht in derem Fokus, Orbans Ängste daher weitgehend unbegründet. Wer zieht schon gerne in ein Land, in dem die Sprache für einen Erwachsenen (fast) nicht erlernbar ist.