Wahlfarce in Barroso-Land

Bei der ersten Wahl nach Ausbruch der Schuldenkrise in Portugal wurden die regierenden Sozialisten erwartungsgemäß abgestraft. Die Partei um Premier Socrates erhielt nur noch 29 Prozent der Stimmen und muss in die Opposition gehen. Künftig wird Lissabon von den rechtsliberalen Sozialdemokraten regiert, die auf 42 Prozent kamen. Deren Spitzenkandidat Coelho hat bereits angekündigt, dass er sich an das von der EU verordnete Sparprogramm halten will, über das Socrates gestürzt war. In Teilen will er sogar noch darüber hinausgehen, berichtet das Wall Street Journal.

Allerdings hatte auch Socrates dem EU-Plan zugestimmt, mit dem die portugiesische Wachstums- und Schuldenkrise überwunden werden soll. Die Wähler hatten also gar keine echte Wahl, denn so oder so müssen sie die von Brüssel verordneten bitteren Pillen wie Personalabbau im öffentlichen Dienst, Sozialkürzungen und Privatisierungen schlucken. Dementsprechend fiel die Wahlbeteiligung mit 58 Prozent niedriger aus denn je. 

Trotz dieser Farce sprach EU-Kommissionspräsident Barroso von der „wichtigsten Wahl seit dem Ende der Diktatur“ 1974. Der Portugiese gehört selbst der sozialdemokratischen PSD an, die nun die Regierung übernimmt – dies erklärt vielleicht seine unverhohlene Freude. In Wahrheit müsste Barroso allerdings tief beschämt sein, dass sein Heimatland, das er bis 2004 selbst regierte, nun vollkommen von fremder Hilfe abhängig wurde. 

Anfang April musste Portugal einen Rettungsantrag an EU und IWF stellen, um den Staatsbankrott zu vermeiden. Inzwischen wurde ein Notkredit von 78 Milliarden Euro zugesagt. Portugal ist nach Griechenland und Irland bereits das dritte Euro-Land, das am Brüsseler Tropf hängt. Allerdings ist es das erste, das systematisch entmündigt wurde: EU und IWF bestanden darauf, dass sich alle großen Parteien schon vor der Wahl zu ihrem “Hilfsprogramm” bekennen.

In gewisser Weise wird Lissabon daher nun zum Labor für eine aus Brüssel gelenkte Demokratie. Kommissionschef Barroso kann auf zwei Kanälen – über seine Behörde, aber auch über seine Partei PSD – Einfluss auf die Politik ausüben. Allerdings ist Barroso selbst nicht völlig frei, denn er muss auf Vorgaben vor allem aus Deutschland hören. So trug das Sparprogramm, über das Socrates stolperte, in weiten Teilen die Handschrift von Bundeskanzlerin Merkel.

Nun darf es also Senor Coelho umsetzen – viel Spass dabei…