Vormarsch der Rechten (II)
Der befürchtete Vormarsch der Rechten bei der Europawahl schlägt sich nun auch in Umfragen nieder. Die sieben Prozent für die AfD sind dabei noch das geringste Problem. Besonders schlimm sieht es in Frankreich aus.
Europa steht rechts. Seit Jahren schon stellen Konservative, Liberale und Rechtsliberale die meisten Regierungen in der EU. Manche, wie der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, hoffen zwar auf eine Trendwende.
Zum ersten Mal deuteten die Umfragen einen Sieg der linken Mitte bei der Europawahl an, sagte M. Schulz (SPD) letzte Woche in Brüssel. Doch neue Befragungen sprechen eine andere Sprache.
Demnach ist der Trend zu rechten Protestwählern, Populisten und Nationalisten ungebrochen. Hier einige Umfrageergebnisse aus den letzten Tagen:
- Deutschland: Die AfD käme bei der Europawahl auf 7 %, die FDP nur auf 3 – und müsste um den Einzug ins Europaparlament zittern.
- Frankreich: Die rechtsextreme Front National liegt mit 23 % noch vor der konservativen UMP (21) und der regierenden Linken (18)
- UK: Die Anti-EU-Partei UKIP könnte mehr als 30 Prozent der Stimmen holen (letzte Umfrage 26), die regierenden Tories wären mit 23 Prozent abgeschlagen.
- Italien: Hier versucht die Regierung durch eine Wahlrechtsänderung die “Fünf Sterne”-Bewegung des Populisten Grillo zu stoppen – doch der sieht sich weiter vorn
- Niederlande: Der Rechtspopulist G. Wilders und seine PVV kämen derzeit nach Umfragen auf 17 % der Stimmen.
Offenbar zahlt sich der EU-kritische und teilweise ausländerfeindliche Kurs, wie er in London, aber zunehmend auch in München und Berlin gefahren wird, nicht aus.
Auch eine Anpassung an den neoliberalen Mainstream, wie sie derzeit Frankreichs Präsident Hollande versucht, wird von den Wählern nicht goutiert.
Von einer Trendwende zugunsten der Sozialdemokraten, wie sie M. Schulz herbeiredet (und für die er sich auf dem SPD-Parteitag feiern ließ), ist weit und breit nichts zu sehen.
Das einzige Land, in dem die Linke vorn liegt, ist Griechenland – doch mit Linken-Führer A. Tsipras wollen die Genossen ja nichts zu tun haben (umgekehrt auch nicht)…
fufu
28. Januar 2014 @ 18:56
@ebo, es ist halt die Frage wen man mehr fuerchtet, die “Nationalisten” (ich rede ja nicht von skinheads) oder die EU. Wenn die Bevoelkerung eine EU als Superstaat eben nicht will (siehe die Referenden in Frankreich und Holland, in Deutschland wird eh niemand gefragt) meinen manche halt man muesste diesen gegen den Willen der Bevoelkerung einfuehren. Das gleiche gilt fuer den Euro. Die Politik, d.h. die etablierten Parteien, haben sich eben gravierend ueber den Willen der Buerger hinweggesetzt, dazu noch schwere oekonomische Fehler begangen und muessen diese nun eben bezahlen.
Ich wollte noch etwas zu deiner Dialektik rechts gegen links sagen. Ich halte diese nicht mehr fuer zeitgemaess. Wenn Du dir das Programm der Front National ansiehst, so findest du dort mehr “linke” Elemente als bei der SPD.
Ich glaube am ehesten, dass die Leute den Weg der alten Parteien nicht mehr wollen, die auch augenscheinlich nicht in der Lage sind sich zu reformieren, und deshalb nach Alternativen suchen.
Peter Nemschak
28. Januar 2014 @ 21:05
Diese Beobachtung gilt auch für die österreichische FPÖ, die auch auf dem Klavier der Ressentiments, sprich Ausgrenzung, spielt. Daher der braune Gestank. Letzteres kann man den Linken nicht wirklich vorwerfen.
fufu
28. Januar 2014 @ 15:08
Herr Nemschak, nur wenn ich Ihre Kommentare lese bin ich ab und zu frustriert. Vielleicht sollte ich lieber mehr Tagesschau oder RTL gucken.
Peter Nemschak
28. Januar 2014 @ 15:37
Letzteres können Sie sich getrost ersparen. Nur: eine Wiederauflage des 20.Jhdts. möchte ich als Nachgeborener ebenso wie ebo niemandem wünschen. Dass das, was damals passierte, nie wieder passieren kann, halte ich für eine gefährliche Illusion, auch wenn es derzeit unwahrscheinlich ist. Umgekehrt glaube ich nicht, dass wir in den nächsten Jahren, vielleicht Jahrzehnten einen europäischen Bundesstaat, den die Mehrheit der Bürger aus zu repektierenden Gründen nicht will, erleben werden. Es wird wohl ein Fortschreiten in kleinen Schritten und Kompromissen werden.
fufu
28. Januar 2014 @ 14:47
ebo, zum x-ten Mal, Europa ist nicht die EU, bitte auch von Dir keine Begriffsverwirrung. Begriffsverwirrung stoert das klare Denkvermoegen.
ebo
28. Januar 2014 @ 15:04
@fufu
Ganz Deiner Meinung. Aber: Nationalismus hat EUROPA schon mehrmals ins Verderben geführt. Nun wendet er sich gegen die EU, teilweise zu Recht, weil diese nicht leistet, was sie verspricht. Dennoch habe ich keine Lust, dass EUROPA wieder von nationalen Führern kaputt gemacht wird
Martin1
27. Januar 2014 @ 16:55
Was bitte ist so schlimm an einem Vormarsch von Rechten, an Nationalisten und Populisten?
Es ist Demokratie! Man muss auch Meinungen aushalten können, die nicht der eigenen entsprechen. Nur bei einer Diktatur herrscht eine einzige Meinung, die anderen gehen in Umerziehungslager.
Anstelle mit der Ideologiekeule zu schwingen hätte der Autor jenes demagogischen Artikels mal die kluge Frage nach dem Warum? stellen können!
Eine Antwort liegt eben in dem systematischen Versagen etablierter Parteien in bestimmten Politikfeldern.
Ich persönlich habe eher Angst vor dem Erstarken des Neo-Kommunismus! Nur Ewiggestrige glauben noch an die Überlegenheit sozialistischer Systeme.
ebo
27. Januar 2014 @ 18:52
@Martin1
Was ist schlimm an Nationalisten und Populisten? Dass sie Europa kaputt machen wollen – und als “Ausweg” Lösungen preisen, die uns schon in Krieg und Bürgerkrieg geführt haben. Wobei Kritik an der EU legitim ist, selbst wenn sie von einem Wilders vorgetragen wird – dieser Blog ist voll davon…
Johannes
27. Januar 2014 @ 19:29
“Wobei Kritik an der EU legitim ist, …” Das stimmt nicht, überhaupt nich! Jeder wird mit “Anti-euroäper” und “Nationalist” niedergemacht. Kritik an der EU darf man nicht äußern. Umgekehrt fragt man sich schon, warum man die Eurofanatiker nicht einfach im Gegenzug “Euro-Nazis” nenen soll. Du stellst mich ohne Grund in die braune Ecke, dann man ich das mit dir auch so. Wäre das nicht fair? 😉
fufu
27. Januar 2014 @ 11:22
Herr Nemschak, Ihre absichtlichen oder unabsichtlichen Begriffsverdrehungen im Sinne Orwells gehen mir langsam auf den Geist. Solche Leute gibt es in allen Blogs.
Die Menschen wollen eben gerade Freiheit und Selbstbestimmung, nicht Unterdrueckung und Fremdbestimmung durch ungewaehlte Institutionen und Organisationen, manipulierte Medien und korrupte Politik.
Peter Nemschak
27. Januar 2014 @ 12:03
Ihren Frust müssen Sie selber los werden. Da kann ich Ihnen nicht helfen. Vielleicht hilft ein wenig kritische Distanz zu sich selbst.
Thomas
27. Januar 2014 @ 09:40
Eine Währung die einen Rettungsschirm braucht und zwar einen dauerhaften als Ermächtigungsgesetz (ESM), auf die kann und werde ich bald verzichten.
Die Euro hat alles kaputt gemacht und wird noch viel mehr Porzellan zerschlagen….
Alles entscheidet dann die Mathematik:
Die Schulden von Staaten und Privaten in der Eurozone wachsen immer noch um rund 100 Millionen Euro pro Stunde und ich sehe niemanden, der das aufhält !
Peter Nemschak
27. Januar 2014 @ 11:04
Wie stark würden die Schulden von Staaten und Privaten wachsen, gäbe es den Euro nicht?
thewisemansfear
27. Januar 2014 @ 18:16
@Thomas
Der Euro hat gar nix kaputt gemacht, er wird nur beschissen gemanagt. Außenhandelsungleichgewichte gilt es zu beseitigen (ausgeglichene Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der Eurozone), was ohne eigenständige Währung nur über ein einheitliches Inflationsziel geht. Und das sich Inflation einfach über Geldmengensteuerung der Zentralbank erzeugen ließe, funktioniert nicht, da das Geld nicht in der Realwirtschaft ankommt. Wenn man weiß, dass die Geschäftsbanken die eigentlichen “Gelderzeuger” durch Kredit sind, leuchtet das auch ein.
Daher führt der einzige Weg über die Masseneinkommen.
Was in Südeuropa durchgedrückt wird (interne Abwertung über sinkende Löhne), dabei aber als “Kollateralschaden” den Binnenmarkt zerstört, ist als Entgegenkommen auf hiesiger Seite ideologisch versperrt. “Nein, an die Löhne kann man hierzulande nicht ran, DAS ist Sache der Tarifpartner” …
Also weiter fleißig Überschüsse erwirtschaften: Waren und Dienstleistungen für bunt bedruckte Scheine und Zahlenkolonnen auf dem Konto eintauschen, in der Hoffnung, dass man dafür später was Gleichwertiges bekommt. Das eigentlich kranke ist ja, dass WIR es sind, die die Verschuldung im Ausland mit unserem überschüssigen Kapital finanzieren.
Peter Nemschak
27. Januar 2014 @ 08:58
Die Polarisierung der europäischen Gesellschaften findet sich auch bei den Kommentatoren von ebos Blog. In als unsicher empfundenen Zeiten sind viele Menschen anlehnungsbedürftig. National- und Sozialromantik, die Rückkehr zu den Wurzeln, sind bekannte Muster dieser Regression. Der Wunsch nach Freiheit und Selbstbestimmung, auch in ruhigeren Zeiten ein Minderheitenprogramm, tritt dann zurück. Trotzdem, Grund zur Panik ist nicht gegeben, auch wenn die Töne von den politischen Rändern derzeit lauter werden. Europa hat bereits viel erreicht, so viel, dass es von den Menschen als Selbstverständlichkeit hingenommen und oft nicht wirklich geschätzt wird. Dennoch wollen die meisten Bürger auf das Erreichte nicht verzichten, nicht einmal auf den vielkritisierten Euro.