Van Merkel meldet Vollzug

Die Entscheidung zur endgültigen Größe des neuen dauerhaften Euro-Rettungsschirms ESM wurde vertagt. Weil Kanzlerin Merkel keine Lust auf das Thema hatte, hat Ratspräsident Van Rompuy es kurzerhand von der Tagesordnung gesetzt und einen bereits eingeplanten Sonder-Euro-Gipfel am Freitag abgeblasen. Damit setzt sich nicht nur der deutsche Kalender durch, wie ich schon gestern berichtet habe. Damit zeigt sich auch, von wem die EU künftig geführt wird: von Merkel – via Ratspräsident Van Rompuy.

Der Belgier mit dem Charisma eines Aktenordners und der kommunikativen Kompetenz eines Twitter-Accounts soll nämlich für weitere zweieinhalb Jahre in seinem Amt bestätigt werden. Gleichzeitig soll der begeisterte Haiku-Dichter auch noch die 17-köpfige Eurogruppe leiten. Der bisherige Amtsinhaber Juncker wirft das Handtuch, was man angesichts der zahlreichen deutsch-französischen Diktate und der ewigen Querschüsse seines Amtskollegen Schäuble (“vielleicht braucht Griechenland bald wieder Geld”) durchaus verstehen kann.

Während Juncker immer mal wieder gegen die deutsche Besserwisserei stänkerte, sind von Van Rompuy keine kritischen Bemerkungen bekannt. Er ist zwar durchaus ein selbständiger, manche sagen sogar intellektueller Kopf. So brachte er zu Beginn der Schuldenkrise die Auflage von Eurobonds ins Gespräch. Beim Krisengipfel im Dezember sträubte er sich zunächst gegen Merkels Fiskalunion, die neben der EU entstehen soll. Er hatte sogar eine Alternative – der Fiskalpakt sollte durch einen Trick innerhalb der EU kommen.

Allerdings dauerte sein Widerstand kaum je länger als einen Tag. Sobald Merkel “Nein” sagte, meldete Van Rompuy Vollzug.

So also auch jetzt wieder. Dabei hätte sich der 64-jährige flämische Christdemokrat nicht nur darauf berufen können, dass es Merkel höchstpersönlich war, die das ESM-Thema auf die Tagesordnung des März-Gipfels gesetzt hatte (Frankreichs Präsident Sarkozy und andere wollten schon im Dezember Beschlüsse fassen). Er hätte auch auf den IWF verweisen können, der weitere Griechenland-Hilfen von einer Aufstockung des ESM abhängig macht. 

Doch dann hätte er eine Konfrontation mit Merkel riskiert, die aus innenpolitischen Gründen derzeit nicht über mehr Geld für die Euro-“Rettung” sprechen möchte (siehe auch “Euro-Rettung beendet?“). Die Vermutung liegt nahe, dass Angie ihre Zustimmung für ein zweites Mandat für Herman davon abhängig gemacht hat, dass er die Tagesordnung ein klein wenig modifiziert. Und siehe da: so geschah es. Und nicht nur das: Herman teilte auch noch mit, dass nationale Parlamente sich zunehmend zu EU-Institutionen entwickeln.

An welches Parlament er da wohl gedacht haben mag? Das belgische bestimmt nicht, das ist nur mit sich selbst (und Hermans störrischen Flamen) beschäftigt. Lasst mich raten: den Bundestag? Willkommen im Club, liebe MdBs, ab sofort ist Van Merkel – pardon: Van Rompuy – auch Euer Präsident! Aus Sicht der Kanzlerin ist er vielleicht sogar besser als dieser, na wie hieß er noch gleich, der Nachfolger von Wulff?