Update: Klima auf der Kippe, “EU bleibt auf Kurs”
Die Klimakonferenz COP27 ist vorbei, die Ergebnisse lassen zu wünschen übrig. Doch anders als angedroht, ist die EU nicht unter Protest abgezogen. Man bleibe auf Kurs, heißt es in Brüssel.
Noch am Samstag hatte EU-Klimakommissar Frans Timmermans mit einem Abbruch gedroht. Dann blieb er doch in Scharm El Scheich – um das Ergebnis so zu bewerten:
“Was wir vor uns haben, ist nicht genug als Schritt voran für die Menschen und den Planeten”. Beim Verlassen des Saals müssten nun alle anerkennen, dass die Teilnehmer beim Kampf gegen die Erderwärmung nicht genug getan hätten.
Ähnlich äußerte sich seine Chefin von der Leyen. Sie räumt ein, dass das Klima auf der Kippe steht , preist aber den neuen Entschädigungsfonds und natürlich den “European Green Deal”. Zitat:
COP27 marks a small step towards climate justice but much more is needed for the planet.
We have treated some of the symptoms but not cured the patient from its fever.
I am pleased that COP27 has opened a new chapter on financing loss and damage, and laid the foundations for a new method for solidarity between those in need and those in a position to help. We are rebuilding trust. This is crucial moving forward because there can be no lasting action against climate change without climate justice. The European Union is already the world’s leading contributor of international climate finance, and I am satisfied that we confirmed our commitment to support the most vulnerable on our planet through a first contribution on loss and damage.
COP27 has kept alive the goal of 1.5C. Unfortunately however, it has not delivered on a commitment by the world’s major emitters to phase down fossil fuels, nor new commitments on climate mitigation. But the EU will stay the course, notably through the European Green Deal and REPowerEU, because it is essential to keep the ambition of the Paris Agreement within reach.
EU Commission
Wie kann man “auf Kurs” bleiben, wenn das Ziel außer Reichweite liegt und (fast) alle anderen auf der Bremse stehen? Hier wäre wohl eine strategische Neubestimmung fällig…
Siehe auch “Klima auf der Kippe”. Mehr zur Klimapolitik hier
P. S. Am Ende hat die EU klein bei gegeben, statt – wie angekündigt – auf Beiträgen der USA und Chinas zum neuen Klimaausgleichsfonds zu bestehen. Wer wird nun die Zeche zahlen?
BlueLion
21. November 2022 @ 12:45
Wohin geht die Fahrt, wohin die Reise
Nimm mich, wenn’s geht, net mit, Kapitän
Es beruhigt mich auch auf gar keine Weise
Wenn wir alle z’sammen untergeh’n
Alles muß immer mehr werd’n und immer schneller
Die Krallen g’schärft, die Ellbog’n knochenhart
Das Licht am Horizont wird nur net heller
Wenn man in die falsche Richtung fahrt
Thomas Damrau
21. November 2022 @ 10:17
Die Aussage “… kept alive the goal of 1.5C.” hat für mich einen ähnlichen Realitätsgehalt wie die Ankündigung des Nachbarn, in den nächsten vier Wochen 30 kg abzunehmen, während er einen fetttriefenden Hamburger in der Hand hält.
Mojib Latif, der sich in der Vergangenheit eher optimistisch gegeben hat, hat heute früh im DLF ( https://www.deutschlandfunk.de/bilanz-der-un-klimakonferenz-interview-mojib-latif-klimaforscher-dlf-5ae1397f-100.html ) dem 1,5 Grad-Ziel jegliche Realisierbarkeit abgesprochen.
In der EU – und insbesondere in Deutschland – wird immer noch mit Schlagworten wie “Green New Deal”, “Sozial-Ökologische Transformation”, “Grünes Wachstum” oder “Versöhnung von Ökonomie und Ökologie” verschleiert, dass die EU/Deutschland wichtigere Themen als den Kampf gegen die Klimaüberhitzung hat – z.B.
– Wirtschaftswachstum
– Lobby-Interessen der Industrie
– Harmonie mit großen Finanz-Investoren
– Aufrechterhaltung des Glaubenssatzes “Der Freie Markt löst mittelfristig alle Menschheitsprobleme – staatliche Regulierungen sind Teufelszeug.”
– Vermeidung einer realistische Bewertung der Folgen unserer exzessiven Mobilität von Personen, Rohstoffen und Waren
– Angst, ein von oben verordnetes Ende der Energie- und Rohstoffverschwendung werde die Industrie abwürgen und die Bürger in die Rebellion treiben
Klimapolitik ist in Europa nur in der Nische möglich, in der sie den oben genannten Themen nicht in die Quere kommt: durch technologische Effizienzsteigerungen, die im Idealfall durch die erforderlichen Investitionen sogar die Wirtschaft wachsen lassen.
Aber ohne Anpassungen außerhalb dieser Nische werden wir das Problem nicht lösen können.
KK
20. November 2022 @ 15:13
“Wie kann man “auf Kurs” bleiben, wenn das Ziel außer Reichweite liegt und (fast) alle anderen auf der Bremse stehen?”
Natürlich kann man “auf Kurs” bleiben: Auf Kurs in den Untergang – die Titanic ist ja auch auf Kurs geblieben, bis zum Eisberg! Selbst die Beschlüsse auf diesen Klimagipfeln, geschweige denn ihre Umsetzung hinkten doch schon seit Beginn dieser Konferenzen den Erfordernissen hinterher.
Und allein die europäische Entscheidung, vergleichsweise sauberes russisches Pipeline-Gas durch mit Tankern herbeigekarrtes LNG, das zu einem erheblichen Teil auch noch durch Fracking gewonnen wird, zu ersetzen, wirft Europa doch um Jahre zurück.
Stef
20. November 2022 @ 13:55
Wie das? VdL kennt keine Strategien, sondern nur PR.