Wie im Nahen Osten
Die Vorgänge in der Ukraine erinnern immer mehr an den Nahen Osten. Zum einen eskaliert auch im neuen EU-Ost-Partnerland die Lage – bei Gefechten mit den Rebellen gab es angeblich hunderte Tote.
Zum anderen übt sich unser neuer Freund Poroschenko in einer nahöstlich-apokalyptischen Rhetorik, wie wir sie bisher vor allem aus Israel kennen. Zitat laut “Telepolis”:
“Die Militanten werden mit Hunderten ihrer Leben für das Leben eines jeden Soldaten von uns zahlen. Kein einziger Terrorist wird vermeiden können, zur Verantwortung gezogen zu werden. Jeder wird bestraft werden.”
Und was macht die Friedensmacht EU? Sie verhängt neue Sanktionen, wie angekündigt. Natürlich nicht gegen Poroschenko, sondern gegen die Rebellen, mit denen man angeblich verhandeln will.
Das wäre dann die dritte Parallele zum Nahen Osten: Die Friedenspläne, die in regelmäßigen Abständen von der EU aufgelegt werden, werden durch die Praxis widerlegt. – Mehr hier
Tim
12. Juli 2014 @ 22:58
@ ebo
Das ist eine direkte Folge des Vertrages von Lissabon. Der Apparat sieht sich nun zunehmend als staatlicher Akteur und will klassische staatliche Positionen beziehen: “Für uns oder gegen uns?”.
Solche Dinge werden werden übrigens mit zunehmender Demokratisierung der EU immer stärker zu Tage treten. Die EU hat ihren Charakter in den letzten 15 Jahren leider sehr verändert.
Peter Nemschak
13. Juli 2014 @ 08:23
Die EU ist ein Friedensprojekt ehemaliger Kriegsgegner im Westen, attraktiv als demokratisches Vorbild und Wohlstandsregion für die neu Hinzugekommenen aus dem Osten. Sie ist sicherlich keine nationalstaatliche politische und militärische Macht im Sinne der USA, Russlands oder Chinas. Ihr Überleben als Staatenverbund kann sie langfristig nur dadurch sichern, dass sie eine Politik des Gleichgewichts der Mächte betreibt und sich von keiner anderen Großmacht abhängig macht. Der Osten der Ukraine wird über kurz oder lang (eine labile) Ruhe finden. Deshalb bin ich nicht beunruhigt. Leidend, wie immer in bürgerkriegsähnlichen Situationen, ist die Zivilbevölkerung. Hätte Russland die Separatisten politisch und militärisch nicht unterstützt, hätte der ukrainische Staat seine nationale Souveränität längst wieder hergestellt.
Tim
13. Juli 2014 @ 12:13
Sie ist NOCH keine nationalstaatliche Macht im beschriebenen Sinn, aber leider sind die Weichenstellungen eindeutig. Alles, was geschieht, führt in Richtung USEU – ein grandioser Irrtum, mit dem die EU die welthistorische Einzigartigkeit ihres ursprünglichen Ansatzes aufgibt.
Peter Nemschak
12. Juli 2014 @ 15:04
Wer hat die Separatisten bewaffnet, dass sie so lange blutigen Widerstand leisten können?
ebo
12. Juli 2014 @ 15:12
Fragen Sie die Experten, nicht mich. Nach aktuellen Berichten haben sie sich in Kasernen und Waffenlagern der ukrainischen Armee bedient. – Dass Separatisten und Nationalisten sich “Auge um Auge, Zahn um Zahn” bekämpfen, wie in Nahost, beunruhigt Sie scheinbar gar nicht? Mich schon, denn für mich soll die EU eine Friedensmacht bleiben – und entsprechend handeln…
Marcel
12. Juli 2014 @ 20:06
@ebo,
Und wie sollte die EU dementsprechend handeln? Keiner der Konfliktparteien wird einfach aufgeben, ob sich die EU nun einmischt oder nicht. Selbst wenn man am Anfang alles versuch hätte eine Eskalation zu vermeiden wäre es zu diesem Ereignis gekommen. Hier brechen alte Konflikte auf, die man nach dem glücklichen Ende der UdSSR nicht sehen wollte oder übersehen hat. Beim Nahen Osten ist es das selbe. Hier zieht man die Nachwirkung der europäische Urkatastrophe: 1 Weltkrieg! Da können Sie sich bei den Engländer und Franzosen bedanken. Einfach Grenzen ziehen und Staaten zu erschaffen trotz den verschiedenen Völker und alten Abkommen zuwider.
ebo
12. Juli 2014 @ 20:40
@Marcel
Es gab mal die Regel, dass die EU sich nicht in frozen conflicts und failed states einmischt. Hier geschieht genau das Gegenteil. Brüssel zerrt an dem Grenzland, schließt ein Partnerschaftsabkommen, gibt Milliarden Finanzhilfe – und tut nichts zur De-Eskalation.
Marcel
13. Juli 2014 @ 10:53
@ebo
Und wie kommt es zu dieser Situation? Durch eine zu schnelle Umsetzung der EU, keine wirkliche Entscheidungsfreiheit, fremde Interessen anderer Nationen/Staaten und Bürokratie ohne Ende. Es gab auch die Haager Landkriegsordnung und die wurde während dem 2. Weltkrieg von allen Seiten gebrochen. Solange in der EU alle auf die USA hören zählen diese Regel nicht. Russland genauso wenig. Ein starkes Europa will ja niemand in der Welt. Selbst wenn die EU in diesem Konflikt die Stimme der Vernunft wäre und versucht hätte alles richtig zu machen, würde es Putin und Obama nicht interessieren. Das ist das Ergebnis auf die zu schnelle und “gewaltsame” Umsetzung des Projekt Europäische Union. Mit dem Euro ist es dasselbe. Solange die Menschen in Europa nicht bereit sind für “mehr Europa” ändert sich da wenig. Das sieht man z.B. an Frau Merkel und ihrer Politik. Oder England. Nur den Vorteil verlangen und Forderungen stellen ohne was zu geben funktioniert nicht. Solange da sich nichts ändert bleibt ein vereinigtes Europa ein Traum für Träumer.