“Unaufhaltsamer Niedergang”
Wie sehen belgische Intellektuelle die Lage nach dem Terror von Brüssel? In den Zeitungen kommen meist trotzige, tolerante und ironische Stimmen zu Wort. Aber es gibt auch andere Meinungen.
Europa befinde sich in einem unaufhaltsamen Niedergang, vergleichbar dem Römischen Imperium, meint etwa der belgische Historiker D. Engels.
Der Terror sei nur das letzte, wenn auch schlimmste Symptom. Engels zieht bei “telepolis” eine umfassende, vernichtende Bilanz:
Tatsächlich sind die Parallelen zwischen der Niedergangsphase der römischen Republik, also dem 1. Jahrhundert vor Christus, und der gegenwärtigen Krise der europäischen Gesellschaft extrem augenfällig: Arbeitslosigkeit, Globalisierung, Niedergang traditioneller Religionen und Werte, Populismus, Brot und Spiele, Kriminalität, Staatsschuld, Massenimmigration, asymmetrische Kriege, massive Verflechtung von Wirtschaft und Politik, Fundamentalismus, Terrorismus und schließlich das allmähliche Versinken in Rezession und bürgerkriegsähnliche Zustände – all das prägt eben nicht nur unsere Gegenwart, sondern auch die letzten Jahre der Republik, bevor sie an ihren inneren Widersprüchen zerbrach und in einen plebiszitär verbrämten, tatsächlich aber autoritären Sicherheitsstaat überging.
Zwar dürfe man angesichts des Scheiterns nicht in Angst und Schrecken verfallen, so Engels. Der übliche, geschäftige Optimismus helfe aber auch nicht weiter:
“Nur eine pessimistische Einschätzung unserer Zukunft ermöglicht es hier, einen realistischen Pragmatismus zu entwickeln, um wenigstens das Schlimmste zu vermeiden.”
Dem kann ich nur zustimmen… – Mehr zum Terrorismus hier
Skyjumper
30. März 2016 @ 17:52
@GS
Was die veränderte Dynamik anbelangt stimme ich Ihnen natürlich zu. Aber die aufgebauten Machtstrukturen der EU, das Regelwerk und die darauf beruhenden Veränderungen in Wirtschaft und Rechtsprechung, aber auch in unser aller Verhalten, weisen dennoch eine erhebliche Trägheit auf. Natürlich glaube ich nicht daran, dass die EU noch 520 Jahre besteht, oder auch nur die Hälfte. Aber ohne einen „großen Knall“ wird sie sich auch nicht in 2, 5 oder 10 Jahren abwickeln, auch wenn manche das gerne be-unken.
Zwar könnte es, auch gegen den Willen großer Gruppen, ganz schnell gehen, aber dieses „ganz schnell“ bedeutete dann auch ein Chaos das ich lieber nicht hätte. Und die veränderte Dynamik hört ja auch nicht zwingend mit dem Niedergang auf. Vielleicht überholt eine innere Reformation der EU auch ihren eigenen Niedergang. Dann wäre es kein Niedergang mehr, sondern ggf. eine Transformation. Auch solche Dinge sind dank der heute erhöhten Dynamik möglich. Es muss nicht mehr, so wie früher, alles nacheinander ablaufen.
Unbenommen von solchen Spekulationen ist allerdings dass etwas verkehrt läuft. Und zwar gewaltig. Egal ob man die EU als im werden begriffenen Superstaat nun ablehnt oder begrüsst: Die derzeitige Entwicklung kann eigentlich keiner begrüssen.
Skyjumper
29. März 2016 @ 17:58
Schon alleine aufgrund der geographischen Vergleichbarkeit wird das römische Imperium natürlich immer wieder gerne als Vergleich zur EU genommen und es wird versucht Parallelen zu ziehen.
Und wer sucht der findet solche auch. Allerdings sollte man dann auch darauf hinweisen dass das römische Reich, gemessen an seiner Ausdehnung, etwa 120 nC. seinen Höhepunkt hatte. Legt man die Teilung in west- und oströmisches Reich (~400 n.C) als Maßstab für den Niedergang an, dann zog sich dieser Niedergang immerhin über 280 Jahre hin. Nimmt man das Ende des weströmischen Reiches (475 nC) sind wir schon bei einer parallelen Restlebensdauer der EU von 355 Jahren, bezieht man sich gar auf das Ende des oströmischen Reiches (m.E.n. 640 nC) stehen der EU noch veritable 520 Jahre bis zum endgültigen Untergang bevor.
Rom als Maßstab zu nehmen ist daher denkbar ungeeignet. Ich hoffe jedenfalls dass der Zerfall der EU sich deutlich schneller gestaltet und auch ansonsten möglichst wenig Parallelen aufweist. Rom (als Stadt) hatte in seiner Blütezeit geschätzte 1,5 Millionen Einwohner. Bis es dann irgendwann mal wieder aufwärts ging hatte Rom zwischenzeitlich auch mal nur noch 10.000 Einwohner. Möge dieser Kelch an den Hauptstädten der europäischen Staaten vorübergehen.
GS
29. März 2016 @ 18:26
@Skyjumper
An den Jahreszahlen würde ich das jetzt nicht festmachen. Heutzutage verlaufen Entwicklungen schneller. Um im Bild zu bleiben: Blüte der EU: 90er (?) Jahre, größte Ausdehnung: nach den Osterweiterungen, Niedergang: laufend…
luciérnaga rebelde
29. März 2016 @ 16:41
Da kommt halt auch noch diese, von den Medien bis zum Gehtnichtmehr ausgeschlachtete Obrigkeitsgläubigkeit dazu, die zu allem führen kann…
kaush
29. März 2016 @ 12:53
Ich würde eher sagen: Nur eine realistische Einschätzung der Gegenwart ermöglicht es hier, einen realistischen Pragmatismus zu entwickeln und das schlimmste für die Zukunft zu vermeiden.
Ich verweise nochmals auf diesen Kommentar:
“Weil nicht sein kann, was nicht sein darf
Wie Berlin islamistischen Terror routiniert abarbeitet
GroKo-Protagonisten und assistierende Medien üben bei islamistischen Terrorakten und Bedrohungslagen ein Verfahren aus Betroffenheit, Tabuisierung und Ablenkung , hat Klemens Volkmann beobachtet.”
http://www.rolandtichy.de/meinungen/wie-berlin-islamistischen-terror-routiniert-abarbeitet/
Die Toten von Brüssel sind (auch) ein Kollateralschaden von Merkels Grenzöffnung.
Sie hätte längst zurücktreten müssen! Denn:
1. War es eine krasse Fehlentscheidung von ihr, mit schlimmen Konsequenzen für ganz Europa (nicht “nur” EU)
2. Hat sie unabgesprochen in der EU Schengen und Dublin im Alleingang außer Kraft gesetzt.
Zu einem “realistischen Pragmatismus”, zur einer Normalität gehört, dass Fehlentscheidungen sanktioniert werden.
Wird dies nicht mehr getan, wird sich nur noch nach dem Motto “Es kann nicht sein, was nicht sein darf”, durch gemogelt, dann kollabiert ein Staat, eine Gesellschaft.
Deshalb nochmals meine Frage:
Was wird der Preis sein, denn wir für diese Politik, diese Medien, zahlen werden müssen?
Denn Geräuschlos und schmerzfrei wird ein Zusammenbruch nicht vonstatten gehen. Das lehrt die Geschichte. Da braucht man nicht bis Rom zurückgehen.