Timmermans statt Weber? – Vorsicht, das gibt Ärger!

Zu Beginn des EU-Sondergipfels sind die deutschen Medien sicher: Statt Manfred Weber habe nun Frans Timmermans die besten Chancen, Kommissionschef zu werden. Dabei ist Vorsicht angebracht.

Die „Süddeutsche“ legt sich fest. „Es kann nur auf Timmermans hinauslaufen“, schrieb das Blatt vom G-20-Gipfel in Osaka. Denn dort hatte Kanzlerin Angela Merkel gesagt, sie wolle am „Spitzenkandidaten-Prozess“ festhalten. Daraus schließt die „SZ“, dann müsse es Timmermans werden.

Doch das ist zu kurz geschlossen. Denn zum einen hat sich Weber immer noch nicht offiziell aus dem Rennen zurückgezogen. Der CSU-Mann will weich landen. Um sicher zu gehen, leistet er – begleitet von massivem Sperrfeuer von CDU und CSU – (noch) Widerstand.

Zum anderen stößt Timmermans in Osteuropa auf massive Ablehnung. Der niederländische Sozialdemokrat hat die Rechtsstaatsverfahren gegen Polen und Ungarn geführt.

Die haben zwar wenig gebracht, doch Warschau und Budapest lehnen Timmermans nun vehement ab. Gegen halb Osteuropa kann jedoch kein Kommissionspräsident arbeiten.

Es ist deshalb zu erwarten, dass der Gipfel lange dauert. Theoretisch könnte zwar am Ende doch noch Margrethe Vestager zum Zuge kommen, falls auch Timmermans scheitert.

Doch sie war – nach deutscher Lesart – keine „echte“ Spitzenkandidatin. Und Kanzlerin Angela Merkel hat betont, die beiden „echten“ Spitzen müssten eine herausgehobene Rolle spielen.

So recht will das alles nicht zusammenpassen.

Es ist eben schwierig, wenn drei Parteien um vier Posten rangeln, zwei von vier Posten mit Frauen besetzt werden sollen und sich auch noch die Osteuropäer querstellen.

Noch schwieriger ist es, wenn ein Kandidat (Weber) vehement abgelehnt wird – und ein Prinzip, das so genannte Spitzenkandidaten-Prinzip – hochgehalten werden soll.

Dies ist die Gefechtslage für den dritten Krisen-Gipfel im Personalpoker. Es könnte ein langer Abend werden…

Siehe auch „Merkel sucht sanfte Landung für Weber“