Sozialismus? Gibt es in der EU längst – für Konzerne

Da sieht man mal wieder, wie die Europawahl wirklich läuft: Statt über die Zukunft der EU diskutiert Deutschland über Kevin Kühnert und seine Idee vom demokratischen Sozialismus. Die Empörung ist groß – dabei würde ein Blick nach Brüssel schnell für Ernüchterung sorgen.

Offiziell hängt die EU zwar immer noch der Doktrin der “freien” und “sozialen” Marktwirtschaft an. Seit Jahrzehnten ist die Politik in Brüssel auf Liberalisierung, Privatisierung und Binnenmarkt ausgerichtet.

Doch in der Finanzkrise galt das alles plötzlich nicht mehr, schon gar nicht in Deutschland. Plötzlich galt es, “seine” nationalen Banken zu stützen – und sich nicht gegenseitig zu helfen, wie dies Frankreich zunächst forderte.

In der Eurokrise wurde diese “Ausnahme” dann zur Regel. Berlin und Paris haben systematisch “ihre Banken” gerettet und die Kosten auf “Krisenländer” abgewälzt. Privatisierung der Gewinne, Sozialisierung der Kosten!

Als das irgendwann auch nicht mehr half und der Sparkurs die Konjunktur abwürgte, legte die EZB ihr Anleihenprogramm auf. Damit werden nicht nur Banken, sondern auch große Konzerne massiv gestützt.

Die Zentralbank kauft nämlich deren Anleihen – sozusagen aus der EU-Kasse, aber zugunsten der Kapitalbesitzer. Wenn das kein Sozialismus ist… Demokratisch ist er allerdings nicht, denn es gibt keine demokratische Kontrolle!

Noch ein drittes, aktuelles Beispiel fällt mir ein: die (Nicht-)Besteuerung von Google, Amazon, Facebook und Apple. Vor allem ein EU-Mitglied – Irland – sorgt dafür, dass die US-Konzerne kaum Steuern berappen.

Die EU hätte das ändern können, als Irland noch in der Eurokrise steckte und Hilfe aus Brüssel brauchte. Hat sie aber nicht. Heute ringt man in Brüssel um eine Digitalsteuer – doch nun steht Deutschland auf der Bremse.

Und worüber diskutieren wir im größten EU-Land? Über eine imaginäre Vergesellschaftung von BMW. Armes Deutschland, trauriger EUropa-Wahlkampf, wo man Ideologie-Debatten führt und die Wirklichkeit ignoriert…

Siehe auch “Konzerne kapern die EU” sowie mein Amazon-Buch “Wir retten die Falschen” (von 2013)