Sicherheitsrisiko Türkei, Ölembargo light – und ein Flugzeugträger für die EU?

Die Watchlist EUropa vom 30. Mai 2022 –

Die Sache werde in ein paar Tagen erledigt sein, hieß es in Brüssel, als der türkische Sultan Erdogan sein Veto gegen den Nato-Beitritt von Schweden und Finnland einlegte. Man werde miteinander reden und alle Probleme ausräumen, so Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Doch zwei Wochen und diverse Verhandlungen später hat sich Erdogan keinen Millimeter bewegt. “Solange Tayyip Erdogan an der Spitze des türkischen Staates steht, können wir nicht “Ja” zu einem Nato-Beitritt von Ländern sagen, die den Terror unterstützen”, sagte er.

Ein ungeheuerlicher Vorwurf – Finnland und Schweden sind für Diplomatie und Pazifismus bekannt, nicht für “Terror”. Erdogan sucht offenbar einen Vorwand, um seinen Vernichtungs-Feldzug gegen Kurden und PKK auch in Nordeuropa voranzutreiben.

Einmarsch in Nordsyrien?

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Doch das ist noch nicht alles. Gleichzeitig droht er unverholen mit einem Einmarsch in Nordsyrien. Dort will er nicht nur eine “Pufferzone” einrichten, sondern offenbar auch Flüchtlinge aus Syrien ansiedeln – um die Kurden zu vertreiben.

Das wäre völkerrechtswidrig, doch Erdogan pfeift darauf. Die USA müssten ihre Pflicht im Kampf gegen den Terrorismus erfüllen, sagte er mit Blick auf Syrien. Wenn die USA diese Aufgabe nicht erfülle, werde sich die Türkei selbst kümmern.

Zudem hat Erdogan angefangen, wieder mehr Flüchtlinge nach Griechenland zu schicken – trotz des Flüchtlingsdeals mit der EU, der genau das beenden sollte. Griechenland will nun seinen Grenzzaun zur Türkei um 80 Kilometer verlängern.

Doppelstandards

All dies zeigt, dass die Türkei unter Erdogan ein Sicherheitsrisiko geworden ist – schon wieder. 2020 wäre es fast zum Krieg mit Griechenland gekommen. Nur deutsche Vermittlung und französische Abschreckung konnten das Schlimmste verhindern.

Nun treibt es Erdogan sogar noch doller als damals. In der EU und in der Nato sollten deshalb alle Alarmglocken schrillen; im Krieg mit Russland kann man sich so einen “Alliierten” noch weniger leisten als in normalen Zeiten.

Doch es passiert – nichts. Stoltenberg und die EU üben sich mal wieder in Appeasement. Damit offenbaren sie die westlichen Doppelstandards. Während man Kremlchef Putin aktiv bekämpft, lässt man Erdogan (fast) alles durchgehen…

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Watchlist

Kommt ein Ölembargo light? Dies dürfte sich beim zweitägigen EU-Gipfel zeigen, der am Montag in Brüssel beginnt. Am Sonntag präsentierte die EU-Kommission einen abgespeckten Vorschlag, der nur noch einen Importstopp auf dem Seeweg vorsieht, die Ölversorgung durch die Druschba-Pipeline jedoch weiter zulässt. Dies kommt Ungarn entgegen, das von Druschba abhängt – aber auch Ostdeutschland, das noch von dieser Pipeline mit Öl versorgt wird. Deshalb sorgen sich einige EU-Länder, dass Berlin am Ende profitieren könnte, obwohl Wirtschaftsminister Habeck doch Druck für ein vollständiges Embargo gemacht hatte. Die Dummen wären dann die Bezieher von Tanker-Öl…

Was fehlt

Ein Flugzeugträger für die EU. Das meint Manfred Weber (CSU), der sich am Dienstag in Rotterdam zum neuen Chef der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) küren lassen will. Ähnlich wie die frühere Verteisdigungsministerin Kramp-Karrenbauer will Weber ein Kriegsschiff bauen lassen. Die Europäer sollten zudem “nachdenken, wie man Frankreichs Nuklearstreitkräfte in einen Schutzschild für alle EU-Staaten verwandeln kann”, sagte Weber dem “Spiegel”. Als Aufhänger dient die russische Invasion in der Ukraine. Allerdings ist die EU kein Staat, und bisher sind die EUropäer auch nicht im Krieg mit Russland. Manche Länder tun allerdings alles, damit es doch noch so weit kommt…