Risiko UK?
Zum Jahreswechsel konzentriert sich die Aufmerksamkeit der Wirtschaftsexperten auf die USA, die offenbar unaufhaltsam auf ihr „Fiskalkliff“ zusteuern. Folgt man EU-Ratspräsident Van Rompuy, so gibt es aber noch ein anderes Risiko: die Briten, die mit ihren Extrawünschen den Zusammenhalt der EU gefährden.
„Wenn jeder Mitgliedstaat sich die Teile als Rosinen rauspicken könnte, die ihm am meisten zusagen, und bei denen, die ihm am wenigsten zusagen, nicht mitmacht, würden sich die Union generell und speziell der gemeinsame Markt schnell auflösen“, sagte Van Rompuy dem „Guardian“.
Recht hat er. Doch derzeit geht es weniger um den Bestand der EU, als um das Überleben des Euro. Und das wird nicht durch die Briten, sondern eher schon durch das miserable Krisenmanagement der Euro“retter“ um Van Rompuy gefährdet – und durch die US-Finanzkrise, die Euroland erneut in den Abgrund ziehen könnte.
Wenn man schon partout an den Briten herumkritteln möchte, dann doch wohl am ehesten am Finanzplatz London, der nicht nur die meisten Finanzgeschäfte für den Euroraum abwickelt, sondern wo auch gegen den Euro spekuliert wird. Frankreichs Notenbankchef Noyer hat dazu alles Nötige gesagt.
Doch dazu schweigt unser belgischer Ratspräsident… Mehr zum Thema UK hier – und zu den wahren Risiken für den Euro hier
marty
29. Dezember 2012 @ 20:07
Der Finanzplatz London ist in der Tat das ökonomische Krebsgeschwür Europas. Das Problem ist: die Brüder auf der Insel sind massiv auf den Finanzsektor angewiesen.
Nach der Zerstörung anderer Branchen durch Thatcher & Co. ist nicht mehr viel übrig − und am Finanzplatz London arbeiten auch „nach Lehman“ noch über 250.000 Menschen. Insgesamt machen „Finanzdienstleistungen“ rund ein Zehntel der gesamten britischen Wirtschaftsleistung aus (http://www.woz.ch/1211/finanzplatz-city-of-london/die-macht-der-quadratmeile ). Das macht leider jede Diskussion über eine europäische Regulierung des Finanzsektors zu einer rein akademischen Übung. −
Und der Sündenpfuhl London ist ja „nur“ die Spitze des Eisbergs. Um London herum wurde ein riesiges mafia-artiges Netz von britischen (und ex-britischen) Steueroasen und „Finanz-Kasinos“ gezogen − angefangen mit den Kanalinseln, Dublin und der Isle of Man. Weiter „draußen“ liegen all die anderen britischen Schwarzgeld-Inselchen − bis heute unter Londons Jurisdiktion (Gibraltar, Bermuda, Cayman Islands etc.). Allein auf den winzigen Caymans haben drei Viertel (!) aller globalen Hedge Fonds ihren Sitz.
(http://www.guardian.co.uk/business/2011/jan/09/truth-about-tax-havens-two ).
Insgesamt kann man General de Gaulle nur zustimmen. Er wusste immer, dass es ein Riesenfehler sein würde, GB in die EG aufzunehmen. Die Jungs von der Insel haben eine Freihandelszone „à la carte“ erwartet − und wir auf dem Kontinent ein ganz normales Land wie Irland oder Dänemark. Tragisches Missverständnis auf beiden Seiten − Zeit für die Scheidung. Endlich hat das jetzt auch Jacques Delors klar ausgesprochen (http://www.lepoint.fr/politique/jacques-delors-suggere-au-royaume-uni-de-quitter-l-union-europeenne-28-12-2012-1606620_20.php ).