Die wahren Risiken

Nach „Bild“ und „Handelsblatt“ erklärt nun auch der „Economist“ Frankreich zum Risiko für die Eurozone. Als „Zeitbombe im Herzen Europas“ wird die französische Wirtschaft präsentiert – pünktlich zum Besuch von Premier Ayrault bei Kanzlerin Merkel. Zu dumm, dass derzeit gerade die Niederlande abstürzen, Deutschlands traditionell engster Partner – und nicht Frankreich, das sich recht gut hält. Die wahren Risiken liegen ohnehin ganz woanders: ein Überblick.

  1. Externe Schocks. Ob die Krise im Nahen Osten, der Atomstreit mit Iran oder der „fiscal cliff“ in den USA: Die Gefahr von externen Schocks hat sich in den letzten Tagen dramatisch erhöht. Für die verwundbare Eurozone sind sie das größte Risiko, denn sie könnten die Rezession verlängern und zu neuen Verwerfungen führen. An den Börsen wächst die Nervosität schon, EZB-Chef Draghi warnte vor neuen Attacken auf den Euro.
  2. Rezession in Deutschland. Schon jetzt fehlt der Eurozone der Konjunkturmotor. Kanzlerin Merkel arbeitet zudem daran, eine aktive, antizyklische Wirtschaftspolitik künftig völlig unmöglich zu machen.  Solange Deutschland die Eurozone mitzieht, fällt dies nicht weiter auf. Doch wenn auch das größte Euroland in die Rezession rutscht, wird es ernst. Die Lage in den Niederlanden ist ein Warnsignal, denn beide Volkswirtschaften sind eng verflochten.
  3. Der Streit um Griechenland. Die Euro-„Retter“ haben sich über die weitere Strategie für Griechenland völlig zerstritten. IWF-Chefin Lagarde fordert einen neuen Schuldenschnitt, Finanzminister Schäuble mauert. Dabei hat er vor einem Jahr selbst einen Schuldenschnitt gefordert – für die Banken. Der ist wirkungslos verpufft, nun sind die Staaten dran. Im schlimmsten Fall könnte über den Streit die Troika zerbrechen – dann stünde Europa allein im Regen.
  4. Die Lage in Spanien. Noch vor zwei Jahren stand Spanien besser da als Deutschland. Wegen der Bankenkrise und der verfehlten „Rettungs“politik ist Madrid nun zum Brandherd geworden. Das Land muss mit Rekordarbeitslosigkeit, Rezession, Schulden und Sezessionsbestrebungen gleichzeitig kämpfen, zudem gehen die Bürger auf die Barrikaden. Die EZB könnte helfen, doch die von Berlin diktierten Konditionen verzögern einen Feuerwehr-Einsatz.
  5. Die Blockade in Brüssel. Nichts geht mehr in der EU. Griechenland, Bankenunion, EU-Budget – alle wichtigen Entscheidungen wurden vertagt, Einigung ist nicht in Sicht. Deutschland nimmt dabei, sieht man einmal vom Budgetstreit ab, keine konstruktive Rolle ein. Berlin blockiert ausgerechnet die wichtigsten Entscheidungen zur Stabilisierung des Euro – im Bundestagswahlkampf will man keine Wähler verschrecken.

Wenn das so weiter geht, könnte Deutschland zum größten Risiko für die Eurozone werden…

Zu diesem Thema siehe auch „Risiko Deutschland“
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