Oh, wie schön ist Ägypten! – Kandidiert Kern?
Bahnt sich da ein neuer, zynischer Flüchtlingsdeal an? Beim EU-Sondergipfel in Salzburg, der am Mittwoch beginnt, wollen Ratspräsident Tusk und Gastgeber Kurz für Ägypten werben.
Das Militärregime in Kairo könne sogar als Modell für andere nordafrikanische Länder dienen, sagte ein hochrangiger EU-Vertreter bei einem Gipfel-Briefing in Brüssel.
Tusk war am Wochenende gemeinsam mit Kurz nach Kairo gereist. Bei einem Treffen mit mit Präsident Abdel Fattah al-Sisi lobten beide EU-Politiker dessen restriktive Politik.
Sie führte dazu, dass seit Ende 2016 keine Bootsflüchtlinge mehr aus Ägypten in Europa ankamen. Brüssel habe dafür nicht einmal bezahlen müssen, betonte der EU-Vertreter.
Asylsuchende und Flüchtlinge mussten weiterhin mit Festnahme, Inhaftierung und Abschiebung rechnen, wenn sie das Land ohne gültige Reisedokumente betreten oder verlassen wollten. Amnesty International über Ägypten
In Salzburg wollen Gastgeber Kurz und Tusk nun für einen Ausbau der Zusammenarbeit mit al-Sisi werben. Geplant ist ein EU-Gipfel mit der Arabischen Liga im Januar in Kairo.
Generell sollten die Kontakte mit Nordafrika ausgebaut werden. Dabei will die EU nicht nur die „illegale Migration“ eindämmen, sondern auch für den Bau von Auffanglagern werben.
Bisher hat sich allerdings noch kein Land bereit erklärt, ein so genanntes „Ausschiffungszentrum“ zu bauen. Auch Ägypten sträubt sich: Man habe schon genug Flüchtlinge aufgenommen.
Dennoch hält die EU an ihrem umstrittenen Vorhaben fest. In Salzburg werde man eine Zwischenbilanz ziehen, so der EU-Vertreter: „Das ist Work in Progress, wir sollten nicht vorzeitig aufgeben.“
WATCHLIST:
- Wer folgt auf den gechassten Verfassungsschutz-Chef Maaßen? Und in welcher Verfassung ist der Rechtsstaat in Deutschland? Diese Fragen wirft das Manöver auf, mit dem Kanzlerin Merkel ihre Koalition und Innenminister Seehofer seinen Job retten wollen. Maaßen wurde entlassen und gleichzeitig befördert – das läuft ja fast wie in der EU-Kommission!?
- Was wird aus Österreichs Ex-Kanzler Kern? Der SPÖ-Politiker hat überraschend den Parteivorsitz abgegeben und seine Kandidatur für die Europawahl angekündigt. In Wien vermutet man, dass der Genosse in das Rennen um die Nachfolge von EU-Kommissionschef Juncker einsteigen könnte. Schon beim EU-Gipfel in Salzburg könnte eine Entscheidung fallen.
WAS FEHLT:
- Eine EU-Reaktion auf die Eskalation im US-Handelskrieg gegen China. „Handelskriege sind nicht gut, nicht einfach zu gewinnen und sehr unglücklich“, sagte Handelskommissarin Malmström. Doch das hat sie schon immer gesagt. Der neuen Lage wir es nicht gerecht – denn diesmal dürften die US-Strafen auch EU-Unternehmen treffen und Lieferketten zerstören.
Erich Ganspöck
20. September 2018 @ 10:07
Wir dürfen auch nicht außer Acht lassen, dass die afrikanische Bevölkerung monatlich um etwa 10 Millionen Menschen wächst. Wir haben gerade zu „Glück“, dass seit 2015 nur 1 bis 2 Millionen illegal nach Europa zugewandert sind (offiziell; Familiennachzügler und jene Tausende, die einfach sofort untergetaucht sind werden ja nicht amtlich gemeldet).
Über Kern brauchen wir keine Zeile verlieren. Seit Gusenbauer werden auch in der SPÖ Grabenkämpfe offen ausgetragen; bisher nur bei der ÖVP. Kern hat zumindest mehr Glück als der Buchhändler aus Würselen – der nur mehr durch wüste Schimpftiraden im Bundestag auffällt – gehabt und wird nicht sofort abserviert. Lustig, wie nach seiner Pressekonferenz die roten Granden verwirrt wie die Hühner herumliefen und nicht wussten, was sie sagen sollen (bzw. dürfen, um nicht ihre Karriere zu beeinträchtigen).
Peter Nemschak
19. September 2018 @ 08:37
Wenn Kern einsteigt, brauchen sich die Mitbewerber nicht zu fürchten. Er ist auf Grund seiner Persönlichkeit für ein politisches Amt, bei dem man innere Distanz und einen guten Magen braucht, wenig geeignet. Die Sicherung der Außengrenzen mit Hilfe der Nachbarstaaten hat derzeit hohe Priorität und wird von der Mehrheit der Bevölkerung in der EU befürwortet. Den Linken hat ihr Zögern und die schrittweise Übernahme rechter Positionen in Sachen Migration bisher politisch nicht genützt.