Noch ein Interessenkonflikt

Erst das Europaparlament, nun die EU-Kommission: In Brüssel sorgt ein neuer Seitenwechsel in die Wirtschaft für Wirbel. Diesmal geht es um eine prominente Parteifreundin von Kommissionschef Juncker.

Nach der britischen Europaabgeordneten S. Bowles, die eine führende Rolle in der Londoner Börse angenommen hat, steht diesmal die ehemalige Justizkommissarin V. Reding im Mittelpunkt.

Die prominente Luxemburgerin, die selbst mit dem Gedanken spielte, Kommissionschefin zu werden,  wechselt zur Bertelsmann-Stiftung – und tritt in die Leitung des mexikanischen Metallkonzerns Nyrstar ein.

Pikant ist daran zweierlei: Zum einen sitzt Reding nach ihrem Abgang aus der EU-Kommission nun im Handelsausschuss des Europaparlaments. Ihren neuen beruflichen Verpflichtungen werfen die Frage auf, wie unabhängig sie dort sein wird.

Zum anderen wurde der Wechsel noch von der alten EU-Kommission genehmigt – ohne restriktive Auflagen. Dies geht aus dem Protokoll der Kommissionssitzung vom 29. Oktober hervor.

Drei Tage, bevor die neue Kommission unter Redings Landsmann Jean-Claude Juncker ihre Arbeit aufnahm, nickte das alte Kollegium unter Führung des Portugiesen José Manuel Barroso den „Seitensprung“ ab.

Einzige Bedingung: Reding darf 18 Monate weder für Bertelsmann noch für Nyrstar Lobbying betreiben – jedenfalls nicht gegenüber der EU-Kommission. Von einem Verbot gegenüber anderen EU-Institutionen wie Parlament oder Ministerrat ist keine Rede in dem Text.

Dort gilt die „Abkühlzeit“ nach dem Ausscheiden aus der Kommission offenbar nicht. Dabei hatte die EU versprochen, für mehr Transparenz zu sorgen und strenger gegen so genannte „Drehtür“-Skandale vorzugehen.

Genau das fordert nun auch die Linke, die den neuen Fall gemeinsam mit der lobbykritischen NGO „CEO“ offen gelegt hat.

„Die Tätigkeit für Nystar und für die Lobbyisten der Bertelsmann-Stiftung, die große Freunde des Freihandelsabkommen TTIP sind, riecht nach Interessenkonflikten und zweifelhaften Nebeneinkünften“, kritisiert F. De Masi, der Mitglied der Intergroup für Integrität im EU-Parlament ist.

Nötig sei eine Abkühlphase für EU-Kommissare vor einem Wechsel in die Privatwirtschaft und eine Veröffentlichung aller Nebenverdienste.