Neues vom Wirtschaftskrieg (267): Berlin eskaliert Streit um “Schattenflotte”
Belgien warnt vor Beschlagnahmung russischer Vermögen – das wäre ein “Kriegsakt”. Brüssel will mehr Kontrolle bei Sanktionen – über eine zentrale Aufsicht. Und Berlin eskaliert Streit um die russische “Schattenflotte“ und beschlagnahmt einen Tanker samt Ladung.
- Berlin eskaliert Streit um russische Schattenflotte: Russlands „Schattenflotte“ sorgt in der Ostsee wiederholt für Unruhe. Vor einigen Wochen ist der Öltanker Eventin, der zu Wladimir Putins Schattenflotte gezählt wird, vor Rügen havariert. Nun greift die Bundesregierung durch: Durch einen sogenannten Einziehungsbescheid der Generalzolldirektion gehen sowohl der altersschwache Tanker als auch die rund 100.000 Tonnen Rohöl im Wert von gut 40 Millionen Euro in deutsches Eigentum über. (FR) Die Maßnahme ist beispiellos und wohl auch illegal. Trotz des harten Durchgreifens ist der Kampf gegen die sog. Schattenflotte gescheitert; der westliche Ölpreisdeckel hat die russischen Einnahmen kaum beschnitten.
- Brüssel will mehr Kontrolle bei Sanktionen: EU-Finanzkommissarin Maria Luís Albuquerque lässt prüfen, ob die EU eine zentrale Durchsetzungsbehörde nach dem Vorbild des United States‘ Office of Foreign Assets Control (OFAC) oder des britischen OFSI aufbauen sollte. Darauf deutet eine Ausschreibung der Kommission hin. Mindestens 160 nationale Behörden seien derzeit in Europa für die Durchsetzung von gemeinsam beschlossenen Sanktionen verantwortlich, beklagen Albuquerques Fachleute. „Es wäre sinnvoll zu prüfen, inwieweit eine zentralisierte Stelle für die Umsetzung von Sanktionen im Vergleich zu einem Netz verstreuter nationaler Stellen für die Umsetzung von Sanktionen in der [Europäischen] Union von Vorteil wäre“, heißt es in der Ausschreibung für ein Gutachten. (Europe.Table)
- Belgien warnt vor Beschlagnahmung russischer Vermögen. Europe confiscating almost €200 billion of frozen Russian assets would be “an act of war,” Belgian Prime Minister Bart De Wever told reporters late Thursday night. Speaking after a gathering of EU leaders in Brussels, he warned that the move would carry “systemic risks to the entire financial world system” and spark retaliation from Moscow. De Wever’s warning comes as European countries including France, the U.K. and Spain are warming to the idea of seizing Russian assets that were immobilized after President Vladimir Putin launched his full-scale invasion of Ukraine in February 2022. Their idea is to use this money itself to bolster Ukraine’s defense and strengthen its leverage in peace talks with Russia. (Politico)
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KK
25. März 2025 @ 19:06
Die wollen das – und die schaffen das, mit dem Krieg gegen Russland. Da bin ich mir sicher! Irgendwann wird es in den Nachrichten wieder heissen, dass „jetzt zurückgeschossen“ wird!
Monika
25. März 2025 @ 16:09
Es wäre sinnvoll zu prüfen…
Ich glaube nicht, dass es über den Prüfvorgang hinausreichende Entschließungen geben wird. Die EU Mitgliedsstaten müssten ihre immer spärlicheren nationalen Einflussmöglichkeiten in Wirtschaftsfragen komplett an die EU-Kommission überschreiben… eher überfriert die Hölle.
Andererseits, der Grad an fanatisierter Dummheit hat ein Maß erreicht, das ich so niemals für möglich gehalten hätte. Dass all die “checks und balances” der auf vier Säulen verteilten Staats-Macht umfallen würden wie ein sorgfältig aufgebautes Dominospiel, da hätte ich eine Wette auch verloren…
Skyjumper
25. März 2025 @ 14:09
„Können wir das schaffen? – Yo wir schaffen das!“
Wir kriegen es schon noch hin mit der Kriegseröffnung. Nach Finnland hat nun also auch Deutschland sich getraut den Weg der modernen Piraterie einzuschlagen. Und während der Vorgang des Einfrierens russischen Geldvermögens ja zumindest umstritten ist und von vielen Juristen durchaus noch als legitim eingestuft wird, die Verwendung der russischen Kapitalerträge sich zwar ganz tief in der Grauzone befindet, aber auch noch von einigen als legitim eingestuft wird, ist die Sache mit dem in der „200 Seemeilen Zone“ aufgebrachten russischen Tanker so jenseits von aktuell diskutierten Rechtsauslegungen, dass das wohl recht eindeutig als Piraterie eingestuft werden muss.
Sind die Huthis jetzt unsere neuen Waffen-Brüder? Die machen am Golf von Aden auch nicht viel anderes. Was werden wir sagen wen die Iraner sich im persischen Golf genau so verhalten? Die Chinesen in der Taiwan-Strasse? Oder die Russen vor Kaliningrad? Ich ahne schon – dann wird das Geheule wieder groß sein.
Kriegsertüchtigung unserer Gesellschaft? Ich habe meinen Wehrdienst seinerzeit tatsächlich geleistet. In diesen Land in dem man einst gerne lebte. Doch welche Werte sollte ich denn hier und heute verteidigen wollen? Piraterie? Raub? Kriegstreiberei? Nicht-Demokratie? Doppelmoral? Nein-nein, und Danke Herr Pistorus, da suchen sie sich mal jemand anderen.
Wenn die Russen tatsächlich, und wider alle vernünftigen Erwartungen, eines Tages in meiner Heimatstadt einmarschieren sollten – werde ich als erstes Beifall klatschen und als zweites eine Liste mit der örtlichen Politprominenz überreichen.
[den Text hatte ich gestern bereits versucht zu schreiben. Das System sagte mir darauf hin, dass ich nicht berechtigt sei im Java-Script zu schreiben. Schaun wir halt mal ob es nun wieder geht. Technik hat eben manchesmal seine Tücken]
Arthur Dent
25. März 2025 @ 14:09
Schiffe aufzubringen, verstößt gegen internationales Seerecht. Gut möglich, dass Russland demnächst die Frachtschiffe militärisch absichert.
Michael
25. März 2025 @ 15:10
M. W. in internationalen nicht aber in nationalen Gewässern!?
Skyjumper
25. März 2025 @ 17:49
@Michael
Die nationalen Gewässer (Hoheitsgewässer) erstrecken sich aber nur auf 12 Seemeilen. Dann kommt die 200 Seemeilenzone der “ausschließlichen Wirtschaftszone”, in welcher jedoch KEINE nationale Gesetzgebung gilt, sondern das internationale Seerecht.
Und soweit ich es bisher verstanden habe wurde der russische Tanker ausserhalb der 12 Seemeilenzone, also ausserhalb der Hoheitsgewässer, aufgebracht, und dann erst in nationale Hoheitsgewässer geschleppt.