Neues vom Wirtschaftskrieg (234): Lagarde warnt EU vor Rechtsbruch
Wegen Diamanten-Embargo: Rücktritt in Antwerpen. Russland wächst schneller als alle anderen Industrienationen. Und EZB-Chefin Lagarde warnt EU vor Rechtsbruch bei Zugriff auf russisches Vermögen.
- Lagarde warnt EU vor Rechtsbruch bei Zugriff auf russisches Vermögen. European Central Bank President Christine Lagarde dug in her heels on the issue of Russia’s frozen assets, despite growing pressure on Europe to raise funds for Ukraine. Speaking at the Council for Foreign Relations on Wednesday, Lagarde stressed that seizing some $260 billion in Russian assets currently frozen in Europe would undermine the international rule of law, with unforeseeable consequences. “Moving from freezing the assets to confiscating the assets, disposing of them, is something that needs to be looked at very carefully,” Lagarde said, because it would “start breaking the international legal order that you want to protect, that you would want Russia and all countries around the world to respect.” Her comments are the latest illustration of the deep disagreement throughout the West over whether and how to use the Russian money that is currently frozen in European accounts. (Politico) Kanzler Scholz bekräftigte, dass die Erträge der russischen Assets entgegen aller Bedenken genutzt werden sollen. Siehe dazu meine Analyse im Makroskop “Für die Ukraine voll ins Risiko”
- Russland wächst schneller als alle anderen Industrienationen. The International Monetary Fund (IMF) predicted the Russian economy will this year grow faster than those of the Western countries trying to isolate it. In its latest forecast, published on April 16, the IMF saw Russia’s economy growing by 3.2 per cent this year, outpacing Western nations including the US, which will manage 2.7 per cent. Japan’s economy is set to expand by just 0.9 per cent and the overall Eurozone’s by 0.8 per cent. Within the European Union, Spain will grow 1.9 per cent but France and Italy will only manage 0.7 per cent, with Germany, the traditional engine of Europe, chalking up a weak 0.2 per cent – although that would be an improvement on the German economy’s 0.3 per cent contraction over 2023. The IMF’s prediction is somewhat embarrassing for Western countries that have sought to isolate and weaken the Russian economy over its invasion of Ukraine. (Brussels Signal)
- Wegen Diamanten-Embargo: Krise in Antwerpen. After 13 years at the helm, Ari Epstein has announced his resignation as CEO of the Antwerp World Diamond Centre (AWDC) (…) The AWDC has been under scrutiny in recent months, particularly with the imposition of Group of Seven (G7) sanctions on Russian diamonds. The resultant European Union import ban on polished diamonds originating from Russian rough has caused substantial delays at Antwerp’s Diamond Office, the city’s customs centre. In response, 146 Belgian companies have lodged complaints with the AWDC. Furthermore, concerns have been raised within the industry regarding proposals mandating all rough diamonds to pass through Antwerp for the sale of polished diamonds within the G7. (Diamond World)
Mehr zum Wirtschaftskrieg hier
P.S. Heute wurde bekannt, dass die EU ein neues, 14. Paket mit Russland-Sanktionen plant. Die letzten 13 haben nicht die erwünschte Wirkung erzielt, also macht man munter weiter…
Bogie
21. April 2024 @ 09:02
@Kleopatra.
Sie drücken sich um die zentrale Frage herum: Wer sind „wir“, dass wir uns anmaßen, ein anderes Land anzuklagen, darüber zu richten und das „Urteil“ auch gleich zu vollstrecken?
Und dass im Völkerrecht keine Zwangsmittel zur Verfügung stehen sollen ist schlicht Unsinn;
Noch unsinniger ist ihr Einwand zur rechtswidrigen Zueignungsabsicht beim Diebstahl; selbstverständlich hat hier die EU die Absicht mit dem Geld wie ein Eigentümer zu verfahren und diese Absicht ist rechtswidrig, weil die EU keinen Rechtfertigungsgrund hat.
Der Gipfel der Unsinnigkeit sind jedoch ihre von offensichtlichem Hass geprägten Rachefantasien gegenüber Russland.
Dies ist im Übrigen meine letzte Erwiderung auf ihre Kommentare
Ulla
20. April 2024 @ 14:43
Ich frage mich sowieso was die EU in der Ukraine aufbauen will?
Die Ost-Regionen werden von Russland wieder aufgebaut und die West-Regionen sind doch kaum beschaedigt. Wofuer braucht die EU dann die russischen Gelder?
Oder wird das Geld dafuer gebraucht, um die Schulden der Ukraine in der EU und in den USA gegen Null zu fahren? Die Kredite, die gewaehrt wurden, muessen nach wie vor von der Ukraine bedient werden oder sind die alle umgewandelt worden in Zuschuesse?
Kleopatra
20. April 2024 @ 07:48
„Recht“ ist auf dieser Ebene ein ungenauer Begriff. Nach dem Völkerrecht dürfte sich auch kein einziger russischer Soldat innerhalb des ukrainischen Territoriums befinden (vgl. UNO-Charta), und insofern ist die Frage, wieweit man einem solchen Staat gegenüber den normalen Rechtsschutz gelten lässt oder nicht eher die Landkriegsordnung für anwendbar hält. (Innerstaatlich ist etwa der Schutz des Eigentums von Kriminellen auch sehr eingeschränkt). Wovor Frau Lagarde Angst hat, ist dass ein internationales Zahlungssystem zusammenbricht, wenn ein Rechtsbrecher von Enteignungen betroffen ist. Sie warnt also faktisch vor Vergeltungsmaßnahmen. Aber was sie wohl auch fürchtet, ist dass etwa China ein eigenes Zahlungssystem aufziehen könnte, um dann nach einer Aggression gegen Taiwan an dieser Stelle nicht verwundbar zu sein. Umgekehrt bedeutet das, sie fordert unbedingten Vertrauensschutz auch für Völkerrechtsbrecher, da für sie das reibungslose Funktionieren ihres Finanzsystems wichtiger als das Völkerrecht ist. Soweit zur EZB als einem Instrument der Friendsnobelpreisträgerin EU.
KK
20. April 2024 @ 12:09
“Innerstaatlich ist etwa der Schutz des Eigentums von Kriminellen auch sehr eingeschränkt”
Was sich aber in erster Linie auf das illegal erworbene Eigentum bezieht – das trifft auf das in der EU angelegte russische Staatsvermögen nicht zu! Evtl. Schadensersatzforderungen werden daraus nur nach einer rechtskräftigen Verurteilung bedient, und die Zerstörungen im Donbas gehen seit 2014 auf das Konto der Ukraine… Nebenbei baut Russland Mariupol ja bereits wieder auf, was die EU durch Sanktionen gegen EUropäische Lieferanten auch noch hintertreiben will.
Wie üblich haben Sie wieder Ihre Scheuklappen auf!
Kleopatra
21. April 2024 @ 05:53
Meine Bemerkung über den Eigentumsschutz von Kriminellen war allgemein gemeint. International bricht Russland der Ukraine gegenüber seit 2014 konstant das Völkerrecht (siehe Besetzung der Krym, auch die angeblichen Separatisten der „Donbass-Republiken“ sind ja inoffizielle russische Kämpfer), und insofern kann man ihm durchaus alleKriegsschäden zurechnen und von ihm Ersatz zu Lasten russischer Guthaben fordern. Ohne russische Aggression seit 2014 wäre in der Ukraine nicht ein Geschirrhüttchen zerstört worden. Dass sie Mariupol als „russische Stadt“ aufbauen, setzt der Unverschämtheit die Krone auf, denn hier eignen sich russische Individuen fremdes Eigentum an.
Realistischerweise müsste einer Konfiskation russischer Guthaben allerdings eine richtig demütigende Niederlage Russlands vorausgehen. Als Vergleich aus der deutschen Geschichte: Nicht so nachsichtig wie der Versailler Vertrag, eher wie das Besatzungsstatut nach dem II. WK.
Skyjumper
20. April 2024 @ 14:50
Es geht um mehr als „nur“ ein Zahlungssystem. Das wäre zwar schon heftig genug. Es geht darum ob der Euro, ausserhalb des Westens, überhaupt noch als Geld angesehen werden wird.
Geld ist im wesentlich durch 3 Eigenschaften definiert: Es soll eine Recheneinheit sein, es soll Tauschfunktionen erfüllen, und es soll als Wertspeicher dienen. Ob, und wie gut, eine Währung diese Funktionen erfüllt lässt sich unter anderen am Anteil an den international gehaltenen Devisenreserven ablesen. Der Euro liegt derzeit noch auf Platz 2, mit einen Anteil von ~ 20 %. Damit ist seine Position zwar im Moment unangefochten, aber auch weit weg von den 35 % die man sich mal als Zielvorstellung ausgemalt hatte.
Es wäre relativ fatal wenn die Euro-Länder zukünftig ihre Importe nicht mehr mit Euro bezahlen könnten. Und das wär eine Folge wenn die Handelspartner befürchten müssten dass ihre Euroguthaben nach Gusto der EU einfach einkassiert würde. Es geht bei Lagards Warnung weniger um die Angst vor Vergeltungsmaßnahmen, sondern um die Angst die priviligierte Stellung des Euro könnte flöten gehen.
Und ob man es nun wahrhaben möchte oder nicht: „Der Westen“ beinhaltet nun einmal nur gut 1 Mrd. Menschen. Der große Rest der Welt umfasst dagegen knapp 7 Mrd. Menschen.
Bogie
20. April 2024 @ 17:41
„(Innerstaatlich ist etwa der Schutz des Eigentums von Kriminellen auch sehr eingeschränkt).“
Ein Gericht kann in der Tat Kriminellen das Eigentum unter bestimmten Voraussetzungen entziehen; allerdings nur das zuständige Gericht (nur zur Sicherung können dies Polizei und Staatsanwaltschaft auch).
Eine andere Person kann dies allerdings nicht; auch nicht unter Berufung auf angebliches oder tatsächliches Unrecht, was der „Kriminelle“ vorher begangen haben soll. Der Dieb des Diebs ist ebenfalls ein Dieb.
Und unangenehmerweise ist weder die EU, noch die NATO und schon gar nicht irgendein Einzelstaat in der Rolle eines Gerichts gegenüber Russland auf der einen und Ukraine auf der anderen Seite.; auch wenn dies viele Spitzenpolitiker gerne so darstellen.
Und noch unangenehmer ist, dass Russland vor einem (privaten) Schiedsgericht zur Schutz von Investitionen zumindest bei investiertem Staatsvermögen sehr gute Aussicht auf Erfolg hätte.
Verklagt würde dann übrigens der Dieb (z.b. die EU), nicht der Nutznießer (z.B. die Ukraine).
Aber wem sage ich das alles? Sie werden es selbst am besten wissen.
Kleopatra
21. April 2024 @ 06:11
Der Hauptunterschied zwischen dem innerstaatlichen Recht und dem Völkerrecht besteht darin, dass im Völkerrecht keine Zwangsmittel zur Durchsetzung zur Verfügung stehen.
Im Übrigen ist jemand, der einem Dieb Diebesgut wegnimmt, nur dann selbst ein Dieb, wenn er dabei die Absicht verfolgt, sich (oder einem Dritten) das Diebesgut rechtswidrig zuzueignen. (Siehe § 242 StGB).