Nach dem Volk spricht…die EZB
Schon oft wurde die EZB dafür kritisiert, dass sie sich an die Stelle gewählter Regierungen setze und die Macht in Euroland an sich reiße. Nach dem „OXI“ aus Griechenland könnte dies nun wieder passieren.
Die EZB will am Montag darüber beraten, ob die ELA-Notkredite an die griechischen Banken weitergezahlt werden können. Athen hatte eine Erhöhung beantragt, um den drohenden Kollaps der Wirtschaft abzuwenden.
Die EZB sei bereit, weitere Maßnahmen zu ergreifen, wenn dies nötig sei, sagte Direktoriums-Mitglied Coeure am Sonntag. Allerdings fordert die Deutsche Bundesbank, die Notkredite an Hellas ganz einzustellen.
Bei einem ELA-Stopp würde Griechenland in kürzester Zeit im Chaos versinken, der Grexit wäre kaum noch zu vermeiden. Dürfen nicht gewählte Notenbanker eine so weit reichende Entscheidung treffen?
Und was macht eigentlich die Eurogruppe? Am Sonntag hieß es, sie wolle sich nicht treffen, es gebe nichts zu beraten… – Mehr zur Eurokrise um Griechenland hier
ebo
6. Juli 2015 @ 09:31
@S.B. Das kann man so sehen. Es gibt aber auch eine andere Deutung. Mit der Entscheidung, Athen den Bankenrettungsfonds zu entziehen, haben die „Euroretter“ die Verantwortung auf die EZB abgeschoben. Diese wiederum hat mit der Entscheidung, die Hellas-Banken von der normalen Geldversorgung abzuschalten (da war schon im Februar!) selbst die ELA-Zwickmühle konstruiert. Jetzt muss sie sehen, wie sie klarkommt. Nur eins ist klar: EZB-Darghi möchte nicht der sein, der den Stecker zieht!
S.B.
6. Juli 2015 @ 10:57
@ebo: Man sollte hier nicht von Zufällen ausgehen. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich Herr Draghi von der Politik in diese Rolle drängen lassen hat. Dagegen spricht schon SEINE Aussage zur Eurorettung (whatever it takes…). Nein, die EZB hat sich bewusst dafür entschieden, anstelle der Politik tätig zu werden und zwar denklogisch ohne ein entsprechendes Mandat. Alles, was sie derzeit defacto macht, liegt im Zuständigkeitsbereich der Politik und nicht der EZB! Sie überschreitet damit nicht nur massiv ihre Kompetenzen, sondern hebelt auch das letzte Bisschen Demokratie auf EU-Ebene aus. An eine selbstkonstruierte Zwickmühle mag ich unter diesen Voraussetzungen nicht wirklich glauben.
Würde die EZB sich mit ihren Maßnahmen nur innerhalb ihres Zuständigkeitsbereiches bewegen, wäre der Euro und damit wohl auch die EU längst Geschichte. Grund: Die EU-Mitgliedsländer hätten sich im Zuge ihrer (gemeinsamen) EU-Politik selbst niemals auf entsprechenden Maßnahmen einigen können (und konnten es ja auch nicht, wie sich gezeigt hat; nur deshalb hat sich ja die EZB faktisch an deren Stelle gesetzt). Das die EU-Staaten sich auf keine Rettungsmaßnahmen einigen konnten, ist in einer Demokratie etwas ganz Normales. Der Untergang von Euro und EU wären also Folge eines demokratischen Mechanismus gewesen (Nichterzielung eines Konsens). Diesen Mechanismus hat die EZB mit ihren zentralistischen Geldmaßnahmen ausgeschaltet.
S.B.
6. Juli 2015 @ 09:10
Wenn die EZB jetzt weiterhin Notkredite vergibt, hat sie dafür keinerlei Berechtigung mehr. Noch nicht einmal das ohnehin nicht stichhaltige, vor dem (alleralleraller…) letzten „Rettungs“gipfel noch hebeigezogene Argument, man wolle den Entscheidungen der EU-Gremien nicht vorgreifen.
GR hat mit seinem „Nein“ richtig entschieden und muss nun eine Rosskur (durch)machen, um die EU/Euro-Abhängigkeit zu beenden. Sie sollten so schnell als möglich aus dem Euro austreten und dann einen Weg gehen, wie Island es vorgemacht hat. Das würde zwar richtig hart, da die Griechen im Euro quasi nur noch auf anderer Länder Kosten konsumiert und kaum noch Eigenleistung erbracht haben. Aber es ist der unvermeidliche Schritt, wenn man wieder mehr Unabhängigkeit haben will und wirtschaftlich wieder auf die eigenen Beine kommen will. Andernfalls droht die ewige EU-Knechtschaft. Wenn die Griechen noch ein bisschen Stolz haben, sollten sie sich diesen Weg des EU-Siechtums ersparen.
Zur Eurogruppe: Die sollte schon einmal damit anfangen, sich selbst, EU und Euro abzuwickeln (inklusive des unsäglichen Schengenabkommens). Das ganze Konstrukt ist äußerst mangelhaft und gehört einfach nur beendet.