Und nun Reformdiktate?

Nach den Spardiktaten für die Krisenländer bereitet Deutschland nun Reformdiktate für alle Euromitglieder vor. Beim EU-Gipfel in Brüssel musste Kanzlerin Merkel allerdings einräumen, dass ihre neoliberalen „Reformverträge“ immer noch auf Widerstand stoßen.

Merkel fordert, dass sich alle Euroländer – und nicht nur wie bisher die mit Milliardenhilfen gestützten Krisenländer – zu Arbeitsmarkt- und Sozialreformen verpflichten sollen.

Als Vorbild gilt dabei, wenn auch unausgesprochen, die Agenda 2010. Die Bundesregierung hatte vor allem Frankreich immer wieder gedrängt, das Rentenalter zu erhöhen und den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren.

Frankreichs Staatspräsident Hollande war jedoch bisher nicht bereit, der deutschen Forderung nach verbindlichen „Reformverträgen“ mit der EU nachzukommen.

In einem deutsch-französischen Papier vom Mai bekannte er sich zwar zu Reformen. Doch welche Politikbereiche betroffen sind und wie sich die Performance eines Landes messen lässt, ist umstritten.

Vor allem aber fordert Hollande als Gegenleistung mehr deutsche Solidarität  – zum Beispiel in Form einer ergänzenden Arbeitslosenkasse, die alle Euro-Länder gemeinsam finanzieren sollen.

Auch Ratspräsident Herman Van Rompuy hat sich für ein gemeinsame Budgetlinie ausgesprochen, um „asymmetrische Schocks“ wie eine plötzliche Rezession in einem Land abfedern zu können.

Beim EU-Gipfel einigte man sich nun auf einen Kompromiss: Merkel soll beim nächsten EU-Gipfel im Dezember ihre „Reformverträge“ bekommen, es sind aber auch neue „Solidaritäts-Mechanismen“ geplant.

Wie diese genau aussehen könnten, blieb offen. Klar ist nur, dass nach den Spardiktaten nun auch noch Reformdiktate drohen – denn die Bürger der Euro-Länder werden nicht beteiligt.

Zudem sollen die „Reformverträge“ mit der EU abgeschlossen werden, vermutlich mit der Kommission. Die ist jedoch nicht demokratisch gewählt, sondern wird von den EU-Staaten ernannt.

Außerdem fehlt für die von Merkel geplante Ermächtigung die Rechtsgrundlage. Die Kanzlerin will daher erneut den EU-Vertrag ändern – eine Steilvorlage für den Briten Cameron.

Die Euro- und EU-Gegner auf der Insel warten schon auf ihre Chance made in Germany…

Siehe zu diesem Thema auch „Der entmündigte Wähler“