May muss nachsitzen – Barley muss kandidieren

Selbst der Austritt aus der EU kann scheitern, schrieben wir in diesem Blog im Juli 2017. Nun zeigt sich, wie richtig diese Einschätzung war. Weil Premierministerin May nicht die Brüsseler Vorgaben für den Brexit erfüllt, muss sie nachsitzen.

Kurz vor dem EU-Gipfel, der am Mittwochabend in Brüssel beginnt, forderte EU-Ratspräsident Tusk die Regierung May auf, neue Vorschläge vorzulegen.

„Neben gutem Willen brauchen wir neue Fakten“, sagte Tusk. Nur dann könne man abschätzen, ob noch ein Durchbruch möglich sei.

Gleichzeitig drängte Tusk die 27 verbleibenden EU-Staaten, sich auf einen ungeordneten Austritt vorzubereiten. Das „No-Deal-Szenario“ sei „wahrscheinlicher denn je“, warnte Tusk.

Trotz der schwindenden Hoffnung dürfe man nichts unversucht lassen, doch noch eine Einigung herbeizuführen, heißt es in Tusks Einladung zu dem zweitägigen Gipfeltreffen.

Deutlich pessimistischer klang es am Dienstag in deutschen Regierungskreisen. Beschlüsse seien nicht geplant, sagte ein Regierungsvertreter in Berlin.

Auch eine Teileinigung komme nicht infrage: “Ich sehe nicht, dass wir inhaltlich Zugeständnisse machen sollten“. May solle auch nicht darauf hoffen, die EU zu spalten.

Stattdessen spalten die Europäer das “United Kingdom”. Die Regierung May hat sie schon zerlegt – die Brexit-Hardliner haben abgedankt. Auch die Regierungsmehrheit schmilzt wie Schnee in der Sonne.

Wenn die EU-Leitlinien umgesetzt werden, soll auch noch das Land gespalten werden. Nordirland würde dann einem anderen Regime unterworfen als der Rest von UK. Kein Wunder, dass sich May damit schwer tut…

WATCHLIST:

  • Wen nominiert die EVP für die Europawahl? Am Mittwoch endet die Frist für Bewerbungen. Bisher haben sich nur EVP-Fraktionschef Weber (CSU) und der finnische Ex-Premier Stubb gemeldet. Weber steht für die Brüsseler Blase und ein entscheidendes Sowohl-als-Auch in München und Berlin, Stubb für liberale Werte und die digitale Moderne. Überzeugen können beide nicht, aber vielleicht meldet sich ja noch ein dritter Mann – oder sogar eine Frau?
  • Wen nominiert die SPD für die Europawahl? Diese Frage immerhin ist gelöst – Justizministerin Barley muss antreten. Zuvor hatte Parteichefin Nahles den “Spitzen”-Posten wie Sauerbier angepriesen. Es ist ja auch nicht leicht, in die Fussstapfen von Ex-Spitzenkandidat Schulz zu treten – vor allem, wenn man bzw. Frau nicht auch Spitzenkandidat auf EU-Ebene werden darf. Das soll nämlich der rechte niederländische Sozialdemokrat Timmermans werden!

WAS FEHLT:

  • Eine klare Haltung zum Budgetentwurf aus Italien. EU-Kommissionschef Juncker sagte zwar, dass er ihn nicht durchgehen lassen könne – sonst würde dies “heftige Gegenreaktionen in anderen Ländern der Eurozone” auslösen. Er legte sich aber auch nicht auf das weitere Vorgehen fest. Wenn Brüssel zu hart reagiert, könnte dies neue Ausschläge an den Finanzmärkten auslösen und die Schuldenkrise verschärfen. Juncker muss also seine Worte wägen…
  • Eine Einigung mit der Schweiz. Bei Gesprächen habe in entscheidenden Fragen erneut kein Durchbruch erzielt werden können, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Dienstag Abend. Nun müsse auf politischer Ebene entschieden werden, wie es weitergehe. Auch ein Abbruch der Verhandlungen über das sogenannte Rahmenabkommen sei denkbar, hieß es in Brüssel. Das muss man erstmal hinbekommen, zwei Länder gleichzeitig vor den Kopf zu stoßen…