Macrons zweiter (und letzter?) Versuch

Kurz nach der Bundestagswahl hielt Frankreichs Präsident Macron die mittlerweile berühmte Sorbonne-Rede – um auf die Koalitionsverhandlungen Einfluß zu nehmen. Gebracht hat es nicht viel. Nun unternimmt er einen zweiten, ganz ähnlichen Versuch.

Diesmal will Macron auf die Europawahl Einfluß nehmen. Die Europäer dürften in diese Wahl nicht “schlafwandeln”, sondern sie sollten ein Votum für eine “Renaissance” der EU geben.

Auf die einzelnen Vorschläge will ich (noch) nicht eingehen, sie finden sich hier (“Für einen Neubeginn in Europa”, Website des Elysée-Palasts). Mit geht es zunächst mehr um die Methode.

Macron wendet sich direkt an die Bürger der EU-Länder, wobei er seinen Appell in eher rechten wie linken Zeitungen veröffentlicht. Er will also überparteilich erscheinen, als Vordenker aller Europäer.

Das ist er aber nicht. Selbst in seinem eigenen Land hat Macron mit seiner neoliberalen Politik derzeit keine Mehrheit, auch wenn seine Bewegung “En marche” vor den Nationalisten und Linken liegt.

Macron hat es bisher nicht einmal vermocht, seine angeblich engste Partnerin, Kanzlerin Merkel, zu überzeugen. Sie hat die Visionen der Sorbonne-Rede an sich abprallen lassen. Vor allem von Macrons Euro-Vision ist nichts übrig geblieben.

Auf wen könnte sich Macron also stützen? Einen eigenen Spitzenkandidaten für die Europawahl lehnt er ab, bisher sind nicht einmal die französischen Wahllisten fertig. Und das angekündigte Bündnis mit den europäischen Liberalen hat sich auch nicht konkretisiert.

Bleiben die Bürger. Doch sie könnten, selbst wenn sie wollten, nicht für Macrons Ideen stimmen. Letztlich kann sich der Präsident nur auf den Europäischen Rat stützen, der nach der Europawahl die Leitlinien für die nächsten Jahre beschließt.

Er wird also wieder auf Merkel angewiesen sein. L’histoire se répète, mais elle n’avance guère (Die Geschichte wiederholt sich, doch es geht kaum voran)…