Let’s change Europe, can we?

“Wir können nicht einmal die Krise der ökonomischen Hälfte von Bayern lösen”

Während die Schuldenkrise in Griechenland weiter eskaliert, fordern sozialdemokratische und grüne Europapolitiker aus Deutschland und Frankreich einen Richtungswechsel in der Wirtschaftspolitik. In einem öffentlichen Appell, der auf die Wirtschaftsexperten Bullmann (SPD) und Giegold (Grüne) zurückgeht, fordern sie ein Ende der rigiden Sparpolitik und eine sozialverträgliche, ökologische Modernisierung.

Wir befinden uns mitten in einer Krise mit historischem Ausmaß, die selbst die Existenz des Euros bedroht. Die EU steht vor Entscheidungen, die erhebliche Auswirkungen auf ihre Zukunft und die der europäischen Wirtschaft haben werden. Die von EU-Kommission und Ministerrat eingebrachten Gesetzesvorschläge zur wirtschaftspolitischen Steuerung stellen in beispielloser Weise die Prinzipien unserer Wertegemeinschaft in Frage: Solidarität, soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit und nachhaltige Entwicklung. Unter dem Deckmantel einer vermeintlich verantwortungsvollen Haushaltspolitik werden ideologische Entscheidungen gefällt, die nicht nur den sozialen Zusammenhalt Europas gefährden, sondern auch die ökologische Modernisierung unseres Wirtschaftsmodells. Eine ganze Generation von jungen Menschen droht diesen Entscheidungen zum Opfer zu fallen. In zahlreichen Mitgliedstaaten sind gerade sie von Arbeitslosigkeit hart betroffen. Sie fühlen sich immer mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt, statt die Möglichkeit zu haben, ihre Zukunft aktiv mitzugestalten.

Unterstützt wird der Aufruf unter anderem von Ex-Kommissionschef Jacques Delors, dem ehemaligen portugiesischen Regierungschef Soares, Grünen-Veteran Cohn-Bendit und der Chefin der französischen Sozialisten, Martine Aubry. Es gehe nicht um Parteipolitik oder Wahlkampf, sondern um einen “ersten Aufschlag“, der eine breite Debatte in Gang setzen soll, sagte Mit-Initiator Bullmann im Gespräch mit diesem Blog.

„Mir platzt der Kragen, wenn ich höre, wie wir über Griechenland lamentieren“, so Bullmann. Schließlich seien die Fakten zur griechischen Misere bereits seit Herbst 2009 bekannt. Zudem sei Griechenland eine kleine Nummer im Vergleich zu den Problemen, die etwa die USA haben. Die griechische Wirtschaftsleistung sei gerade einmal halb so hoch wie die Bayerns, doch „die Eurozone steht kurz davor, sich zu Tode zu stürzen“, ärgert sich der SPD-Politiker.

Allerdings klingen die Gegenrezepte – Euro-Anleihen, gemeinsame europäische Steuerpolitik, Finanztransaktionssteuer – nicht gerade neu. Um sie durchzusetzen, braucht es eine rotgrüne Mehrheit nicht nur in Frankreich, wo nächstes Jahr gewählt wird, sondern mindestens auch in Deutschland und Großbritannien, von einer neuen EU-Kommission ganz zu schweigen. Bisher zeichnet sich dies nicht einmal im Ansatz ab; eher legen überall Nationalisten und Populisten zu.  

Zudem stellt sich die Frage, warum es die Linke nicht wagt, wenigstens in von ihr regierten Ländern wie Griechenland, Portugal oder Spanien das Steuer herumzureißen. In Portugal wurde dies immerhin eine Zeitlang versucht, doch am Ende knickte Socrates ein. In Spanien hingegen hat Zapateros Politik genau zu dem geführt, was die Autoren des Appells beklagen: Die Jugend fühlt sich ausgeschlossen und wendet sich von der etablierten Politik ab.

„Let‘s Change Europe“ klingt zwar gut, doch wer sagt spontan „Yes, we can?“.

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